Audible richtet neuen Abo-Pool ein

Friss oder stirb

18. Mai 2015
von Börsenblatt
In der Rechtsabteilung des Börsenvereins laufen die Telefone heiß: Es hagelt Beschwerden gegen Audible. Die Amazon-Tochter will ihre Verlagspartner in ein neues Flatrate-Modell zwingen − manche Hörbuchproduzenten erhoffen sich nun Hilfe von den Kartellbehörden. Update: Statement von Audible

Ein Hörbuch-Download pro Monat − so sah das Abo-Modell von Audible bisher aus. Offenbar will die Amazon-Tochter, die den Download-Markt in Deutschland mit einem Anteil von geschätzten 90 Prozent haushoch domniniert, bald neue Wege gehen: Wie zuerst "Der Spiegel" berichtete, wurden kleineren Verlagen in diesen Tagen die Verträge gekündigt; das neue Angebot sieht die Zustimmung zu einem Flatrate-Modell vor. Abonnenten sollen künftig nicht nur ein Hörbuch pro Monat herunterladen können, sondern viele Titel streamen können. Wer nicht mitmacht ist draußen, befürchten betroffene Verlage. So sieht etwa Peter Bosnic, kaufmännischer Geschäftsführer von Steinbach sprechende Bücher, wenig Verhandlungsspielraum. Auf das Umsatzvolumen, das Steinbach mit Audible generiert, könne jedenfalls nicht verzichtet werden.

Amazons marktbeherrschende Stellung zeigt sich in der Alternativlosigkeit: Die neuen Verträge unterschrieben hat bereits der Leipziger Buchfunk Verlag: "Unsere Titel werden im neuen Abo-Pool liegen", sagt Buchfunk Geschäftsführer Johannes Ackner. Audible ist ein wichtiger Umsatzbringer für den Verlag − und Ackner kann sich zudem nicht vorstellen, dass sich die Streaming-Modelle ausgerechnet beim Hörbuch aufhalten lassen können.

Dem Frankfurter Zwischenhändler Bookwire, der Audiobooks für kleinere Hörbuchverlage vertreibt, wurde allerdings gleich gar kein neuer Vertrag vorgelegt, bestätigte John Ruhrmann, Director Business Development & Sales bei Bookwire, gegenüber boersenblatt.net. Bookwire habe seine Verlagspartner zwischenzeitlich über die Beendigung der Zusammenarbeit mit Audible informiert.

Manche Verlage erwägen nun eine Kartellbeschwerde gegen Audible. Vom Börsenverein können die Hörbuchverleger Unterstützung erwarten: "Wenn das zutrifft, wäre das ein weiteres Beispiel dafür, mit welchen erpresserischen Methoden Amazon versucht, feinteilige Marktstrukturen zu zerstören. Das müssen wir im Interesse von Qualität und Vielfalt auf dem Buchmarkt verhindern", sagt Börsenvereinsgeschäftsführer Alexander Skipis.

Von Audible heißt es gegenüber boersenblatt.net wortkarg: "Es gibt derzeit keine Ankündigungen zu einem neuen Abomodell bei Audible". Ein offizielles Statement zu der Angelegenheit werde vorbereitet.

Update Statement von Nils Rauterberg, Geschäftsführer Audible GmbH:

"Als Pionier des digitalen Audio-Entertainment treibt Audible seit zwei Jahrzehnten kontinuierlich Innovationen voran, im Interesse von Autoren, Verlagen und Hörern. Und nichts anderes setzen wir fort – innovative Ideen entwickeln und realisieren, um Hörbücher und ihre Schöpfer noch erfolgreicher zu machen. Wir arbeiten mit Tausenden von Content Providern zusammen, und wir schätzen diese Partnerschaften sehr. Aus diesem Grund diskutieren wir Details unserer Geschäftsbeziehungen nicht öffentlich. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass unsere Pläne viele unserer Partner begeistern. Sie arbeiten mit uns gemeinsam intensiv daran, neue Geschäftsmodelle zu realisieren, die das Hörbuchgeschäft weiter wachsen lassen werden."

Hörbuchmarkt in Deutschland: Der Umsatzanteil von Hörbüchern am gesamten Buchmarkt lag 2014 bei 4,2 Prozent. Während in den USA der Download-Markt explodiert, bleibt in Deutschland das Verhältnis zwischen physischen Hörbüchern und Downloads seit Jahren bei 80 zu 20. Den 14,3 Millionen verkauften Hörbüchern auf CD standen 3,5 Millionen Downloads gegenüber. 3,7 Millionen Menschen haben 2014 Hörbücher gekauft − ein Prozent weniger als 2013. Das Streaming von Hörbüchern wurde von GfK Entertainment und GfK Consumer Panels nicht erfasst − dürfte aber auch noch keine große Rolle spielen.