Biografien

Das Leben der anderen ...

2. Januar 2017
von Stefan Hauck
... kann hochspannend sein, wie die folgenden aktuellen Biografien beweisen. Ein Spaziergang durch dieJahrhunderte und die Lebensläufe von Bettina Brentano und Achim von Arnim bis zu den Guccis.

Das überlieferte Bild des Sonnen­königs ist vor allem eines: sorgfältig inszenierte Propaganda. Denn der zahnlose Mann wurde von vielen Krankheiten geplagt – etwa von Pocken, Fisteln, Gicht und Tripper. Die Therapien waren grausam, Ludwig XIV. bekam Medikamente wie pulverisierten Pferdemist, wurde operiert. Wie das ihn und seine Politik beeinflusste, zeigt Dreyer auf – oha!
Ralf Dreyer: »Die Leiden des Königs«  /  Königshausen und Neumann  /  200 S.  /  29,80 €

Barbara Beuys ist eine brillante Biografin, die sich gründlich in ihre Themen einarbeitet. Das merkt man auch ihrem Buch über die Künstlerin Maria Sibylla Merian an, die sich von ihrem Mann trennte, mit den Töchtern im Amsterdamer Studio Pionierarbeit als Naturwissenschaftlerin leistete und 1699 in den tropischen Urwald  reiste. Ein außergewöhnliches Frauenporträt.
Barbara Beuys: »Maria Sibylla Merian. Künstlerin. Forscherin. Geschäftsfrau«  /  Insel   
286 S.  /  18,95 €

Eine blitzgescheite Analyse zum 300. Geburtstag Maria Theresias. Das Buch zeigt die unterschiedlichen Facetten dieser Ingenieurin der Macht. Lau beschreibt faktenreich und unterhaltsam, wie die Monarchin ihr Volk und den Adel zu formen versuchte. Nicht minder spannend ist die Beziehung zu ihrem Mann, der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wurde.
 Thomas Lau: »Die Kaiserin. Maria Theresia«  /  Böhlau  /  440 S.  /  29,99 €

Anfangs war er nur regional bekannt, später wurde George Washington erster US-Präsident. Gestützt auf dessen kommentierte Korrespondenz versucht Ellis, Professor für amerikanische Geschichte, sachlich und nüchtern den Menschen hinter der Heldengestalt hervorzuholen, den jungen Abenteurer und Soldaten, den Selfmademan und unbeirrbaren Taktiker.
Joseph J. Ellis: »George Washington«  /  C. H. Beck Januar 2017  /  400 S.  /  16,95 €

Zwei gegensätzliche Charaktere, in Liebe verbunden: Diese Doppel­biografie schildert Bettine Brentano und Achim von Arnim hautnah in all ihren Aktivitäten, lässt den Leser am Klatsch teilhaben, zeigt Goethe & Co. in einem neuen Licht – so­dass man nicht nur 20 Ehejahre, sondern auch den Anfang des 19. Jahrhunderts durchleben kann.
Hildegard Baumgart: »Bettine und Achim von Arnim. Die Geschichte einer unge­wöhnlichen Ehe«  /  Insel  März 2017  /  492 S.  /  16 €

Ein Kind als Spielball europäischer Großmächte: Sehr gut recherchiert erzählt Müchler, wie Napoleons einziger Sohn in Wien umerzogen wurde, wie permante Angst vor dem Alleingelassenwerden das Leben des intelligenten Jungen bestimmten, wie er nur als Sohn des großen Napoleon gesehen wurde und sich nie selbst finden konnte – ein menschliches Trauerspiel und ein Politikthriller.
Günter Müchler: »Napoleons Sohn«  /  Theiss  /  Februar 2017  326 S.  /  24,95 €

Der Autor ist als Gartenarchitekt und Denkmalpfleger prädestiniert dazu, die Biografie des Gartenkünstlers Lenné zu verfassen. Kritisch durchleuchtet er dessen Charakter und Werk sowie das permante Streben nach Einfluss in einer Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche. Lenné war offensichtlich deutlich anders als sein stilisiertes Bild.
Clemens Alexander Wimmer: »Der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné«  /  Lambert Schneider  /  224 S.  /  29,95 €

Er war ein notorischer Lügner, ein intriganter Faktenverdreher, dazu wetterwendisch: »Simplicissimus«-Satiriker Ludwig Thoma wird hier schonungslos durchleuchtet. Eine verkorkste Kindheit führte dazu, dass er eine Vita erfand, Unsummen für Bordellbesuche und die Jagd ausgab und gegenüber sozialen Problemen gleichgültig blieb. Die bayrische Gemütlichkeit: ein Zerrbild.
Martin A. Klaus: »Ludwig Thoma. Ein erdichtetes Leben« dtv  /  336 S.  /  24 €

Chronologisch entfaltet Deborah Vietor-Engländer, die auch zwei Bände der Kerr-Werkausgabe herausgegeben hat, das intensive Leben des Alfred Kerr. Kommentierend beschreibt sie den unbestechlichen Kritiker und Meister der kurzen Sätze – ein Talent, das durchs Exil jede Bedeutung verlor. Aus den Bergen an Material hat sie glänzende Zitate destilliert.
Deborah Vietor-Engländer: »Alfred Kerr«  /  Rowohlt  /  720 S.  /  29,95 €

Gucci kennt jeder. Aber was weiß man von der Familie? Patricia Gucci gibt ungeahnte Einblicke in das Leben und die Liebe ihrer Eltern, die lange Zeit geheim gehalten wurde. Sie berichtet von Glücks­momenten und dem tiefen Sturz Aldo Guccis. Eine Familienbiografie, die zugleich eine sinnstiftende Vaterbetrachtung ist.
Patricia Gucci: »In Guccis Namen«  /  Orell Füssli    334 S.  /  22,95 €