Buchcamp 2012

Hausbesuche vom Buchhändler

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Vom E-Reader-Support bis hin zur Facebook-Selbsthilfegruppe: Seit gestern läuft das dritte Buchcamp auf dem Mediacampus in Seckbach. Einblicke in den ersten Veranstaltungstag.

Viele Azubis und Studenten, viele Buchhändler, gute Frauenquote: Das ist der erste Eindruck bei der Auftaktveranstaltung Samstag Mittag in der Lyx-Mensa. Noch gibt es kein Programm, nur einen Zeitrahmen mit leeren Veranstaltungs-Slots. Gleich werden einige der 140 Teilnehmer im Minutentakt ihre Sessionvorschläge vorstellen. Und eine halbe Stunde später einen frisch gedruckten Veranstaltungsplan in der Hand halten. Willkommen im Barcamp.

Die Prämisse: Jeder weiß etwas und kann zur Erschließung eines Themas beitragen. Wenn der Buchhandelsazubi mit der Marketingleiterin diskutiert und der Programmier-Profi mit dem Texter, führt das im besten Fall zu neuen Sichtweisen und kreativen Lösungen.

In der Gruppe "E-Reader und E-Book-Support" profitierte Nickolai Eckerlein, Carlsen Verlag, vom den Erfahrungen der anwesenden Buchhändler. Zusammen mit seiner Projektgruppe, die im Rahmen der Börsenvereins-Initiative ProtoTYPE entstanden ist, will Eckerlein ein zentrales, an Sortimenter gerichtetes Hilfesystem für Reader und Software entwerfen. Bedarf ist vorhanden: Besonders DRM-geschützte Dateien bereiten Schwierigkeiten, da Kunden neue E-Books nur am eigenen Rechner runterladen können. "Ich bin jetzt schon so weit, dass ich Hausbesuche anbiete", klagt Buchhändlerin Susanne Martin. Oft sei auch nicht klar, wohin man defekte Lesegeräte schicken soll. "Hier wäre hilfreich, wenn wir eine komplette Adressliste hätten", so Martin. Selbst für Amazon sollen stationäre Buchhändler noch Support leisten: "Wir haben häufig Kunden, die mit ihrem Kindle zu uns in den Laden kommen", berichtet Marie Birkert vom Kulturkaufhaus Dussmann. Und, ja, es gibt Kunden, die nachfragen, wie schwer ein Reader wird, wenn man E-Books darauf lädt.

In der Gruppe "Skills und Ausbildung im elektronischen Publizieren" tauschten 27 Azubis, Studenten und Jobneulinge mit den "Dinos" ihre Erfahrungen aus. Wie passen Lehre und Anforderungen im Verlag zusammen? Fazit: Vor allem bei den Themen Projekt- und Produktmanagement gibt es in der Ausbildung ein deutliches Defizit. Die Azubis und Studenten wünschen sich mehr Aktivitäten vom Verband, der Workshops initiieren oder Praktika in Unternehmen unterstützen könnte. Hilfreiche Anregungen für Gruppenmoderator Hans Huck, der im Arbeitskreis Elektronische Publizieren (AKEP)  für das Thema Ausbildung zuständig ist.
 
Praktische Tipps lieferte die "Selbsthilfegruppe für Facebook-Administratoren", moderiert von Stefanie Leo und Wibke Ladwig (hier die Präsentation). "Die erste Euphorie ist verschwunden, die Anforderungen der Nutzer sind gestiegen", bemerkte Frank Krings, Social-Media-Experte bei der Frankfurter Buchmesse. Geschichten erzählen statt bloßer Produktinfos, ein informeller Schwatz genau wie an der Ladentheke – damit machen Gruppenteilnehmer gute Erfahrungen. "Die meiste Kommunikation findet dann statt, wenn die Einträge persönlich werden – auch, wenn sich jemand nur in den Finger geschnitten hat", berichtet Buchhändlerin Dorothee Junck vom Buchladen Neusser Stasse in Köln. Es gelte der alte Spruch: "People like people". Wichtig sei es, so Stefanie Leo, sich mit aktiv mit anderen zu vernetzen und auch Einträge auf anderen, thematisch passenden Facebook-Sites zu machen. Die Frage, ob jede Buchhandlung eine Facebook-Seite braucht, wurde kontrovers diskutiert. Allerdings sollte man nicht halbherzig aktiv werden. Denn dann wird es auch nichts, so der Rat der Expertinnen.
 
Veranstaltet wird das Buchcamp vom Forum Zukunft im Börsenverein. Mehr als die Hälfte der etwa 140 Teilnehmer sind dieses Jahr zum ersten Mal dabei, darunter viele Buchhändler. Am Samstag und Sonntag finden 24 etwa einstündige "Sessions" statt, die von den Teilnehmer selbst vorgeschlagen wurden. Das Organisationsteam rund um Katharina Liehr (Börsenverein) und Anke Naefe (Media Campus) hat den Veranstaltungsplan und mehrere Videos online gestellt. Bei Twitter ist die Veranstaltung unter dem Hashtag #buchcamp zu finden.

Einen ausführlichen Bericht finden Sie in der nächsten Ausgabe des Börsenblatts, die am Donnerstag erscheint.