Burn-out-Prävention

Entzündung der Seele

16. August 2018
von Börsenblatt
Burn-out ist eine alte Geißel der Zivilisation – und doch bis heute kein anerkanntes Krankheitsbild. Axel Berger und Thorsten Thews wissen aus eigener Erfahrung, wie jeder seinen "inneren Hamster" zur Ruhe bringen kann.

Ist Ihr "innerer Hamster" nur angekokelt – oder steht er bereits lichterloh in Flammen? Ist er vielleicht sogar schon ausgebrannt und gelöscht? Dann herzlichen Glückwunsch, denn in diesem Fall haben Sie sich vermutlich Hilfe geholt und ihren Burn-out überwunden. Der possierliche Nager, der sich im Laufrad buchstäblich zu Tode hetzt, dient als roter Faden in dem Buch "Der brennende Hamster". Axel Berger und Thorsten Thews haben ihren Ratgeber aus dem Schardt Verlag gerade bei Campus neu aufgelegt (219 S., 19,95 Euro). Ihr Ansatz: Wir alle sind Hamster und können uns eines Tages in einer Tretmühle wiederfinden, aus der wir nicht mehr ohne Weiteres herauskommen und die unsere Gesundheit ernsthaft schädigt.

Burn-out, die bereits im beginnenden Industriezeitalter bekannte Erschöpfung des Nervensystems, ist zu einem Volksleiden geworden. Noch in den 70er und 80er Jahren galten das Magengeschwür bei Managern und der "Rücken" bei Arbeitern gewissermaßen als Verdienstorden – obwohl sie letztlich nur bedeuteten, dass die eigenen Körpersignale jahrelang ignoriert wurden. Heute gehen Menschen früher zum Arzt und lassen sich Symptome diagnostizieren, die durch permanente Überlastung entstehen, aber nur umgangssprachlich Burn-out genannt werden. Denn die "Entzündung der Seele" (wie Berger und Thews das Massenphänomen bezeichnen), ist noch immer kein offizielles Krankheitsbild.

Achtsamkeit sei der erste Schritt zur Besserung, meinen die Autoren. Der Unternehmer Berger und der Heilpraktiker Thews sprechen aus Erfahrung. Thorsten Thews arbeitete früher als Ingenieur und "funktionierte prächtig", wie er schreibt. "Aber ich lebte nicht." Je mehr er strampelte, desto schwieriger wurde es für ihn, einen Sinn in seinem Streben zu erkennen.

Der falsche Beruf, aber auch die permanente Reizüberflutung, die hohe Ereignisdichte, das ständige "Müssen" können Menschen schnell in den psychischen Ruin treiben. Berger und Thews prägen den Begriff der "Neosteinzeit": Kurzfristige Alarmbereitschaft, Kampf oder Fluchtmodus retteten unseren Vorfahren das Leben, halfen ihnen dabei, Stress zu bewältigen. Heute reißt bei vielen dieser Ausnahmezustand nicht mehr ab.

"Wir haben keine Angst mehr vor Säbelzahntigern, sondern vor dem nächsten Meeting oder der nächsten Deadline", so das trockene Fazit. Burn-out droht aber auch im Privaten. "Das schlechte Gewissen treibt uns um", stellen die Autoren fest. "Wir sind die Generation der Drauf-Achter-und-trotzdem-alles-falsch-Macher." Weil es einfach nicht immer gelingt, gesund zu essen, die Umwelt zu schonen, alle Anforderungen zu erfüllen. Perfektionisten, Idealisten und Nicht-Nein-Sager haben das höchste Burn-out-Potenzial.

Die Autoren raten zu mehr Genuss und Spaß. "Finden Sie sich mit bestimmten Gegebenheiten in Ihrem Leben ab und kommen Sie so mit sich ins Reine! Machen Sie mal Pause!" Wem dieser Gleichmut fernliegt, der kann in seinem engsten Umfeld aufräumen: "Quertreiber oder Energievampire" aussortieren, nützliche Kontakte pflegen, ehrenamtlich tätig werden und so unmittelbar etwas Sinnvolles bewirken. Und dabei immer darauf achten, dass der Hamster nicht wieder zu kokeln anfängt ...