Deutscher Buchpreis: Bodo Kirchhoff und sein Verleger

"Eine Loyalität und Treue, die jetzt belohnt wurde"

22. Oktober 2016
von Börsenblatt
Der Buchpreisträger und sein Verleger im Gespräch: Bodo Kirchhoff und Joachim Unseld waren heute zu Gast im Forum Börsenverein und sprachen mit Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck über das ausgezeichnete Buch „Widerfahrnis“, über langjähriges gemeinsames Schaffen und die Vorliebe des Verlegers für Weißwein.

„Mit dem Preis ist etwas passiert, was ich vorher nicht erreicht habe“, sagt Bodo Kirchhoff und lächelt. Sein Verleger tut es ihm gleich. Es sind zwei außergewöhnliche Weggefährten, die da vorne auf dem Podium sitzen und sich freuen. 37 Jahre kennen sich die beiden Frankfurter, seit 33 Jahren arbeiten sie zusammen. „Du hattest damals etwas von einem scheuen Reh, als wir uns kennenlernten“, scherzt Kirchhoff, sein Verleger lacht. Zunächst arbeiteten beide bei Suhrkamp zusammen, dann folgte Kirchhoff Unseld zur Frankfurter Verlagsanstalt. „Ich wollte diese Verbindung, diese Männerfreundschaft behalten – und die vertrauensvolle, schnelle Zusammenarbeit“. Außer mit seiner Frau spreche er nur mit Joachim Unseld über unfertige Texte – sein Verleger hat auch „Widerfahrnis“ selbst lektoriert. „Eine Loyalität und Treue, die jetzt belohnt wurde“, freut sich der Verleger.

Kirchhoff und Unseld wirken erlöst nach der Spannung und dem Trubel der letzten Tage. Unzählige Veranstaltungen, Interviews, Gratulationen und geschüttelte Hände liegen hinter ihnen. Was genau sich durch den Preis verändert habe? „Ich sehe das an den kleinen Reaktionen, an den Diskussionen und in den Gesichtern“, antwortet Kirchhoff. Es sei anders als vorher. Was er damit genau meint, hat er heute in einem anderen Interview in Worte gefasst: Es sei die große Sympathie, mit der man ihm überall begegne. Er sei daran nicht gewöhnt.

Kirchhoff und Unseld haben, so erzählen sie, eine ganz besondere Verbindung zum Deutschen Buchpreis: An dem Konzept, einen Preis ins Leben zu rufen, der den besten Roman des Jahres kürt und dabei die Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl guter Romane lenkt, haben beide 2003 mitgefeilt. „Damals haben wir uns allerdings nicht vorstellen können, dass dieser Preis so erfolgreich werden würde“, räumt Unseld ein. Auf ihr Engagement für den Preis damals seien sie stolz. „Darüber, dass wir ihn nun gewonnen haben, sind wir einfach nur glücklich“.

Wie in Kirchhoffs Leben gibt es auch in „Widerfahrnis“ einen Verleger, der eine wichtige Rolle spielt: Protagonist Reither, ehemaliger ambitionierter Verleger, und die ehemalige Besitzerin eines Hutgeschäfts Palm – machen sich spontan auf eine Reise gen Süden, nach Sizilien. Ob es Parallelen gebe zwischen Reither und Unseld? Kirchhoff lacht. Und schüttelt den Kopf. „Reither bekommt im Buch die Flasche Rotwein nicht auf. Das würde Unseld nie passieren. Außerdem trinkt er nur Weißwein.“

Erst als Bodo Kirchhoff die Schlange der Leser sieht, die auf ihn warten, um sich sein Buch signieren zu lassen, verschwindet das Lachen. Aber nur für einen kurzen Moment. Dann strafft er die Schultern.