Die Buchhandlung Wekenmann in Tübingen

Eine Art Seelsorge

23. Februar 2018
von Matthias Glatthor
Von der Taufe bis zur Trauerarbeit: Die Buchhandlung Wekenmann ist in Tübingen Anlaufstelle für alle Glaubensfragen.

Vom Holzmarkt geht es in der Tübinger Altstadt die Lange Gasse hinab, bis ein schmuckes Fachwerkhaus mit fünf kleinen Schaufenstern ins Auge fällt: die Buch- und Kunsthandlung Wekenmann. Inhaberin des vor rund 80 Jahren gegründeten Sortiments ist Eva-Maria Beilschmidt, die religiöse Literatur, ­Bibeln, Kinderbücher, Devotionalien und Non-Books führt; aber auch ihre ausgewählte Belletristik und politischen Sachbücher werden sehr geschätzt.

"Wir sind ökumenisch orientiert", betont Beilschmidt. Bücher beider Konfessionen stehen friedlich beieinander – dazu Titel über den Islam, über Judentum und Buddhismus. Die Diplom-Pädagogin, die zudem an einem österreichischen Jesuitenkolleg Theologie studiert hat, arbeitete zunächst als Bildungsreferentin in der katholischen Kirche. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter pausierte sie, wollte später wieder einsteigen und arbeitete auf der Basis von Werkverträgen weiter.

In den späten 90er Jahren begann Beilschmidt als Mitarbeiterin in der Buchhandlung Wekenmann. Als dort die Nachfolge anstand, kamen die Wekenmanns auf sie zu: "Das wäre doch etwas für Sie!" Nach einigem Zögern griff Beilschmidt zu. Noch im selben Jahr, 2002, zog die Buchhandlung um, quer über die Straße an die aktuelle Adresse. Ihr Mann Herbert Beilschmidt half tatkräftig bei der Renovierung. Mit der Buchhandlung übernahm sie auch den eingeführten Namen.  

Im Laden stimmt jedes Detail: von der Büchernische mit Lesestuhl über die imposante Auswahl an Kerzen für sämtliche kirchliche Anlässe bis zur Wand mit vielfältigen Kreuzen. Spiritualität – das ist für Eva-Maria Beil­schmidt das Fundament ihrer Buchhandlung. Für viele sei diese ein Wohlfühlort. "Wenn Sie jetzt noch Kaffee hätten, würden wir gar nicht mehr gehen" – diesen Satz höre sie immer wieder von Kunden, erzählt die Schwäbin. Bei den Büchern legt sie Wert auf Tiefgang und Autoren, die Haltung zeigen, wie zum Beispiel Andreas Knapp. Es ist ihr wichtig, zu vermitteln, "wofür wir einstehen". Groß geschrieben wird die kompetente Beratung in allen Glaubensfragen, von der Taufe bis zu Tod und Trauer: "Was wir machen, ist auch Seelsorge."

Die Präsentation auf den Tischen folgt dem Kirchenjahr. In der Weihnachtszeit stehen Adventskalender und Krippen im Fokus, momentan werden Fastenbücher angeboten. Renner bei den Devotionalien sind die Kerzen, die auch selbst verziert werden können – Materialien dazu hat Beilschmidt vorrätig. Hinzu kommen Engelfiguren, Rosenkränze, Weihrauch und sogar Hostien für die Kirchengemeinden der Universitätsstadt. Bei den Non-Books sorgen zahlreiche Postkarten, ein Drittel davon mit christlicher Kunst, für den größten Umsatzanteil. Ausgesuchte Klosterprodukte, vom Likör bis zur Seife, bilden gegenüber der Eingangstür einen weiteren Blickfang. Bücher sorgen für 60 Prozent, Non-Books und Devotionalien für 40 Prozent der Einnahmen. Generell sei beim Umsatz eine steigende Tendenz zu spüren, so Beilschmidt.   
 
Nach außen zeigt die Buchhandlung auf vielen Veranstaltungen mit Büchertischen Flagge, seit 2004 organisiert Herbert Beilschmidt zudem jährlich einen thematischen Schreibwettbewerb für junge Menschen, der sich mit unserer Lebenswelt beschäftigt. Für dieses bemerkenswerte Engagement wurde die Buchhandlung in der Hamburger Elbphilharmonie mit dem Deutschen Kulturförderpreis 2017 ausgezeichnet. Ende Februar wird Eva-Maria Beilschmidt 66 Jahre alt – Zeit, um jetzt selbst über eine Nachfolgelösung nachzudenken.

Buchhandlung Wekenmann
  • Inhaberin: Eva-Maria Beilschmidt
  • Team: zwei feste Mitarbeiterinnen und zwei Theologie-Studentinnen als Aushilfen
  • Verkaufsfläche: 56 Quadratmeter
  • Adresse: Lange Gasse 5, 72070 Tübingen
  • Website: www.wekenmann-buch.de – ohne Onlineshop; Bestellungen per E-Mail möglich
  • Service: Auslieferung überall hin. In Tübingen per Fahrrad.