Die Sonntagsfrage

"4.30 Uhr Abfahrt zur Buchmesse – wer macht denn sowas?"

28. Oktober 2016
von Börsenblatt
Seit 13 Jahren fährt die Passauer Buchhandlung Pustet mit ihren Kunden zur Frankfurter Buchmesse. Meistens ist die Reise ausgebucht – trotz Frühstart und 50 Euro pro Nase für Bus, Eintritt und Lunchpaket. Warum das so prima läuft und was man bei dem Ausflug erleben kann, erklären Pustet-Geschäftsführer Michael Henkel und seine Mitarbeiterin Andrea Klaner.

Im Oktober heißt es für uns: Auf zur Frankfurter Buchmesse – und zwar mit unseren Kunden. Abfahrt ist um 4.30 Uhr und darüber hat sich auch noch niemand beschwert. 60 Plätze gibt es im Bus, wobei natürlich auch Kollegen mitfahren, die unsere Gäste betreuen, oder Auszubildende, denen wir den Messebesuch ermöglichen wollen. Trotz der unchristlich frühen Morgenstunde – viele Gäste kommen ja aus dem Umkreis und müssen erstmal nach Passau anreisen – sind wir immer ausgebucht.

Wer so alles mitfährt? Stammkunden, Autoren, Gymnasiasten mit ihrem Deutschlehrer. Vielleser sind auch darunter, aber viele möchten auch einfach nur ein paar Promis hautnah erleben, Daniela Katzenberger zum Beispiel und DJ Bobo oder Florian David Fitz, die in diesem Jahr da waren. Schließlich ist die Chance, Stars und Sternchen zu begegnen, auf keiner Messe so hoch wie auf der Buchmesse. Ach ja, diesmal ist bei uns zum ersten Mal auch eine Cosplay-Begeisterte mitgefahren, die sich im Bus umgezogen hat. Etwa 10 bis 15 Mitreisende sind absolute Wiederholungstäter.

Im Bus hören wir uns die Buchmessen-CD mit allgemeinen Informationen an und beantworten Fragen. Und wir verteilen die Lunchpakete mit Obst und Semmeln, Erste-Hilfe-Telefonnummern, Gutscheinen der Verlage und natürlich mit unserer Kundenzeitschrift. Ab Messeeingang gehen dann alle ihrer Wege. Von Der Notrufnummer wird ehrlich gesagt nur selten Gebrauch gemacht.

Wer jetzt rechnet: 55 Gäste mal 50 Euro Veranstaltungsgebühr gleich 2.750 Euro für die Buchhandlung rechnet natürlich völlig falsch. Bus, zwei Fahrer, Eintrittsgelder − ein Geschäftsmodell ist die Buchmessetour ebenso wie die meisten anderen Veranstaltungen nicht. Schwer ins Gewicht fielen bisher die Personalkosten. Das ist auch ein Grund, weshalb wir seit diesem Jahr statt sonntags am Samstag auf die Buchmesse fahren – so sparen wir uns die hohen Sonntagszuschläge. Auf Verwunderung bei den Kunden trifft der neue Termin insofern, dass am Samstag auf der Buchmesse nicht eingekauft werden kann. Das ist einfach schwer zu verstehen, warum man an dem einen Publikumstag der Messe Bücher kaufen kann, am anderen aber nicht. Uns ist es allerdings recht. Wir freuen uns, wenn die Leute all ihre Wünsche aufschreiben und die Bücher dann bei uns bestellen. Stift und Zettel dafür verteilen wir direkt mit den Infos und dem Lunchpaket.

Aber auch das ist nicht so wichtig. Kundenbindung, darauf kommt es an. Und die gelingt auf gemeinsamen Reisen wunderbar. Wann sonst ist man so eng und so lange mit seinen Kunden zusammen? Nicht zu vergessen, die gemeinsamen Erlebnisse. So hatten wir zum Beispiel einmal eine Busfahrerin aus dem bayerischen Wald namens Roswitha, die unbedingt mit dem großen Bus in ein zu niedriges Parkhaus fahren wollte. Rote Ampeln oder Einbahnstraßen galten für Roswitha auch nicht. Oder vorletztes Jahr, da hatten wir gleich zwei orientierungslose Busfahrer, die uns sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt in der Frankfurter Innenstadt herumfuhren. Weil die Messestunden den Kunden kostbar sind und die Ankunft in Passau um 22.30 schon spät genug ist, haben wir zur Entschädigung Büchergutscheine verteilt. Wie auch immer, die gemeinsame Fahrt, immerhin über fünf Stunden pro Strecke, verbindet. Und sorgt für Gesprächsstoff für das ganze Jahr.