Die Sonntagsfrage

"Wie läuft’s ohne Laden, Herr Egner?"

21. Juli 2017
Redaktion Börsenblatt
Die Buchhandlung Egner hat ihren Laden in Lippstadt Ende März geschlossen – und die Versandbuchhandlung "Egner Ihr Büro für Bücher" gegründet. Sind die Rechnungs- und Stammkunden treu geblieben? Wie die ersten 100 Tage ohne stationäres Geschäft gelaufen sind, erklärt Walter Egner.

Wir vermissen die Bücher, wir vermissen unsere Kunden und wir vermissen unsere Buchhandlung − aber sonst haben wir anscheinend eine Menge richtig gemacht. Keinen Ärger mehr mit Angestellten, keinen Ärger mehr mit dem Vermieter, unsere Nerven erholen sich langsam vom Stress der letzten Monate. Die Entscheidung, unseren Laden zu schließen ist uns nach 35 Jahren nicht leicht gefallen, Nachfolger waren in Sicht, aber genützt hat es nichts. Wir haben am 31. März den Schlüssel abgegeben und am 4. April haben wir dann offiziell das "Büro für Bücher – Eva Egner" eröffnet.

Viele unserer Stammkunden freuen sich, das wir weitermachen und sie weiterhin Bücher bei uns bestellen können (wir haben mitten in der Stadt zwei Abholstellen für bestellte Titel) und erfreulicherweise sind uns fast alle Rechnungskunden treu geblieben − dazu gehören Bilbliotheken, Schulen, diverse Organisationen und etliche Privatkunden. Jeden Tag wird ausgeliefert, alles was machbar ist, mit dem Fahrrad, der Rest dann nachmittags mit dem PKW; und die alten Stammkunden kommen gerne im Büro vorbei auf ein Schwätzchen oder einen Kaffee – Kommunikation ist also weiterhin vorhanden.

Und wir haben endlich ein wenig mehr Zeit für uns: es gibt schon den einen oder anderen Nachmittag an dem wir pünktlich gegen 14 Uhr das Büro schließen können und endlich mal auch unter der Woche etwas unternehmen können. Man darf natürlich nicht vergessen, dass sich kaum jemand an die Öffnungszeiten hält – ob morgens um acht oder abends um sieben, auch samstags Nachmittag oder auch mal sonntags ist man vor Kunden nicht sicher, zum Glück gibt es ja den Anrufbeantworter. Resümee: durchaus positiv.

Mit der Werbung für das neue Büro ist es nicht ganz einfach: trotz drei ausführlicher Artikel in der Tageszeitung sowohl im Lokalteil als auch auf der Wirtschaftsseite, trotz Artikel zum neuen Geschäft, trotz unserer Aktion mit hunderten verteilten Karten und Hinweis auf das, was kommt, wissen viele Kunden noch nicht, das wir weitermachen. Immer wieder werden wir in der Stadt angesprochen und die Kunden sind ganz erstaunt, dass sie weiterhin alles, was eine Buchhandlung zu leisten in der Lage ist, über uns beziehen können.

Einige Dinge haben uns die Arbeit in den ersten Monaten allerdings auch schwer gemacht. Da die alte Firma komplett aufgelöst werden mußte und dadurch eine neue Verkehrsnummer und eine neue Adresse nötig wurden, bekommen wir jeden Tag noch Post an die alte Buchhandlung mit alter Adresse, trotz Anzeige im Börsenblatt. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht einige Verlage anrufen und um Korrektur von Adresse und Verkehrsnummer bitten. Ganz übel wird es bei einigen Schulbuchverlagen: hier gibt es ja eh keine Reichtümer zu verdienen, umso ärgerlicher ist es, das wir nach immerhin 35 Jahren guter Zusammenarbeit mit nicht ganz kleinen Umsätzen als Neukunde behandelt werden und natürlich der Rabatt um 5 Prozentpunkte fällt. Auch alle Hinweise auf eben diese Zusammenarbeit in den letzten Jahrzehnten scheint keinen zu Interessieren.

Trotzdem: nachdem wir unsere schöne Buchhandlung aus wirtschaftlichen Gründen schließen mußten und anfangs auch nicht genau wußten, wie es weitergeht, war unsere Entscheidung, von Zuhause aus mit einem "Büro für Bücher" weiter zu arbeiten, richtig. Wir arbeiten jetzt ohne Druck, unsere Nerven haben seit Wochen endlich Ruhepause und der Spaß an der Arbeit mit Büchen und Kunden ist auch wieder da. Ob man früher schon darüber hätte nachdenken sollen? Diese Frage kann keiner beantworten – und zurück schauen hat bisher noch keinem eine befriedigende Antwort gebracht.