Die Sonntagsfrage

Wie protokolliert man mit dem Zeichenstift ein BuchCamp, Frau Lücking?

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Beim BuchCamp des Börsenvereins an diesem Wochenende steht Nicole Lücking wegen eines ganz besonderen Talents auf der Gästeliste: Sie ist Spezialistin für "Visual Recording". Das heißt: Aus den  Vorträgen und Diskussionen schält sie zeichnend die Kernthesen heraus. Wie das funktioniert? Ihre Antwort - und eine Bilder-Auswahl vom ersten Tag.

"Visual Recording" ist eine Art gezeichnetes Protokoll. Das, was auf einer Veranstaltung, bei einem Vortrag gesagt wird, fasse ich live in Bildern und kurzen Texten zusammen. Damit ist in erster Linie aufmerksames Zuhören und Denkarbeit verbunden, und erst in zweiter Linie grafisches Talent. Zugespitzt formuliert: Es geht nicht darum, hübsche Bilder zu malen, sondern einen Vortrag oder eine Debatte optisch zu dokumentieren und zu unterstützen.

Meine Form des "Visual Recording" ist digital. Ich mische mich beim BuchCamp unter die Zuhörer und scribble auf meinem iPad jeweils eine der vier parallel laufenden Sessions mit. Das alles passiert live - und wie treffend die Ergebnisse werden, ist natürlich auch vom Moment abhängig. Der Vortragende soll sich wiedererkennen, Teilnehmer sollen sich erinnern oder einfach Spaß an der Wahrnehmung eines anderen Teilnehmers, also meiner, haben.

Da die Zeichnungen digital entstehen, werde ich einige auch direkt twittern. In der Pause oder nach den Sessions werden die Skizzen ausgedruckt und an Pinwände angebracht So kommen die digitalen Zeichnungen auch analog auf den Mediacampus Frankfurt.

Die Teilnehmer sollen eine Erinnerungshilfe, eine Grundlage für weitere Diskussionen und einen Überblick über den Diskussionsverlauf haben. Beim BuchCamp laufen ja viele Sessions parallel – die Scribbles können da einen Kommunikationsraum eröffnen, Anstoß geben, sich über den Inhalt der Sessions zu erkundigen an denen man nicht teilgenommen hat. Oder man kommt über eine Darstellung miteinander ins Gespräch.

Im Hauptberuf bin ich Multimedia-Autorin. Ich komme also von der digitalen, interaktiven Seite und arbeite deshalb mit dem iPad. Es gibt viele Facetten des Visual Recordings und jeder "Recorder" hat natürlich seinen individuellen Stil. Traditionellerweise wird analog, auf große Papiere gezeichnet und so die Veranstaltung live dokumentiert.

Zum "visual recorden" bin ich gekommen, weil ich mich von einer Veranstaltung kommend fragte, ob Tablet PCs/iPads nicht neue Möglichkeiten der Veranstaltungsdokumentation bieten könnten. Sie sind klein und man kann auf ihnen alle digitalen Informationen zur Veranstaltung abrufen. Zur Not lassen sich Videos und Fotos erstellen und man kann wunderbar auf ihnen zeichnen/scribbeln. Gerade diese neuartige Kombination hat mich interessiert.

Aus Spaß und Neugier habe ich damit begonnen, das auszuprobieren – und irgendwann auch für andere solche Dokumentationen angefertigt. Mittlerweile habe ich schon viele Veranstaltungen scribbelnd begleitet, etwa ein Corporate Social Responsibility-Symposium der Staatskanzlei Saarland oder die Web-Montage, ein regelmäßiges Netzwerktreffen für alle, die sich mit dem Internet beschäftigen.

Vorbereitung gehört dazu. Es ist wichtig zu verstehen worum es im Kern geht, welche Themen und Schlagworte eine Rolle spielen werden. Natürlich habe ich mir auch beim BuchCamp vorher überlegt, welche Bildsprache in Frage kommt und wie ich zentrale Begriffe wie zum Beispiel das E-Book darstellen kann. Während des Vortrags geht es darum, zuzuhören und sich nicht von zeichnerischen Fragen ablenken zu lassen. Ich bin gespannt, welche Scribbles und Diskussionen beim BuchCamp entstehen werden!

Im Video sehen Sie Nicole Lücking bei der Arbeit auf dem BuchCamp - für boersenblatt.net hat sie beim Filmen ein eigenes kleines Bild gescribbelt.