Die Sonntagsfrage

Wie wird Leipzig 2015, Herr Zille?

16. Juli 2015
von Börsenblatt
In knapp zehn Tagen öffnet die Leipziger Buchmesse (12.−15. März) ihre Tore, erneut sollen die Besucher für die Welt der Bücher begeistert werden. Welche Highlights es in diesem Jahr gibt und wie er sich für den Messetrubel stärkt, verrät Messedirektor Oliver Zille in unserer Sonntagsfrage.

Was uns in diesem Jahr erwartet? Unter anderem eine sehr politische Buchmesse. In unserem Messeschwerpunkt "1965 bis 2015. Deutschland – Israel" präsentieren 40 Autoren neue Bücher, die sowohl das Verhältnis unserer Länder zueinander spiegeln, als auch tiefere Einsichten in den gegenwärtigen Zustand der israelischen Gesellschaft ermöglichen. In den Veranstaltungen zum Jubiläum "25 Jahre Deutsche Einheit" wird nicht nur auf die Geschichte geschaut, sondern auch ein kritischer Blick auf das Heute im wiedervereinigten Deutschland geworfen: Wie werden demokratische Werte gelebt, wie wird mit Meinungsfreiheit umgegangen? Und erstmals veranstalten wir die Themenreihe "Im Brennpunkt". Darin wird anhand von neuen Publikationen zu aktuellen politischen Debatten diskutiert. In diesem Jahr drehen sich die Veranstaltungen unter anderem um den Russland-Ukraine-Konflikt und die Situation in Frankreich zwei Monate nach den Attentaten von Paris. Unsere Buchmesse war immer politisch, doch mit den brisanten aktuellen Geschehnissen ist sie das in diesem Jahr auf herausgehobene Weise – und ich freue mich dabei auf spannende Diskussionen.

Spannung ganz anderer Art verspricht unser neues Forum "Die Unabhängigen", das wir gemeinsam mit der Kurt-Wolff-Stiftung organisieren und mit dem wir beim Publikum für die Arbeit kleiner, unabhängiger Verlage aus dem gesamten deutschsprachigen Raum werben wollen. Neben Autoren und ihren neuen Büchern kann man hier auch die Menschen hinter den Kulissen treffen: Die Verleger stellen ihre Autoren und Programme ganz persönlich vor und laden zum Gespräch ein.

Für Bücherfreunde gehören die Werke ausländischer Autoren ganz selbstverständlich zum literarischen Spektrum, aus dem man seine Favoriten wählt. Diejenigen, die uns diese Literatur überhaupt erst zugänglich machen, stehen dabei aber oft im Schatten. Mit dieser Buchmesse rücken wir deshalb das literarische Übersetzen noch stärker in den Fokus und haben dafür ein eigenes Fachzentrum eingerichtet, in dem es für Profis und für das breite Leserpublikum rund ums Übersetzen geht. Die Messe bietet auch darüber hinaus zahlreiche Veranstaltungen zum Fachaustausch für die Branche an. Die zweite Buchmessekonferenz zum Beispiel lädt Führungskräfte aus Verlagen ein, neue Marketing- und Vertriebsstrategien zu diskutieren. In der Leipziger Autorenrunde ermöglichen wir in 18 parallel stattfindenden Tischrundengesprächen einen lebendigen Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe. Und Lehrer und Pädagogen wiederum können im "Fokus Bildung" aus knapp 250 Fortbildungsveranstaltungen wählen.

Darüber hinaus erwartet die Besucher ein umfangreiches Lesefest "Leipzig liest". In über 3.000 Veranstaltungen kann man mehr als 3.200 Mitwirkende auf dem Leipziger Messegelände und in der ganzen Stadt erleben. Unter ihnen sind große Namen wie Hertha Müller, Günther Grass und Péter Esterházy aber auch Debütanten wie Verena Boos, Jan Himmelfarb oder Matthias Jügler. Und auch die Shortlist zum Preis der Leipziger Buchmesse hält einige Überraschungen bereit. Unbedingt möchte ich Ihnen zudem noch den ersten Leipziger Buchmessechor ans Herz legen. Der 200 Mann (und Frau) starke Chor wird am Messesamstag seine Uraufführung erleben und das großartige Gemeinschaftserlebnis der Leipziger Buchmesse auf ganz besondere Weise versinnbildlichen.

Die letzten Tage vor der Buchmesse fühlen sich immer wie der Lauf auf der Zielgeraden an. Fast alles ist vorbereitet, das Programm organisiert, die Aussteller platziert, der Messekalender gebaut. Ich nutze die Tage um noch mal durchzuatmen, mich zu konzentrieren, um dann mit ganzer Kraft in den Messetrubel einzutauchen und gemeinsam mit meiner Mannschaft auch wieder ein guter Gastgeber zu sein.