Diskussionsrunde über die Förderung unabhängiger Verlage

Ist Verlegen eine Kunst?

16. März 2018
von Börsenblatt
Das bücher.macher-Podium der Leipziger Buchmesse griff die Düsseldorfer Erklärung der unabhängigen Verlage auf und diskutierte die Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer (projektunabhängigen) Förderung für die Kleinen.   

Auf dem Podium: Michael Naumann (74), u.a. Rowohlt-Verlagsleiter, erster Staatsminister für Kultur, Herausgeber der „Zeit“ und Gründungsdirektor der Barenboim-Said-Akademie, die unabhängigen Verleger Anna Jung (Jung und Jung, Wien) und Daniel Beskos (mairisch Verlag, Hamburg), Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands SBVV, und Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. 

Die erste Frage von Thomas Böhm, der die Veranstaltung moderierte, ging an Michael Naumann und zielte auf seine Zeit als Kulturstaatsminister ab. „ Warum haben Sie in Ihrer Amtszeit keine Förderung unabhängiger Verlage auf den Weg gebracht?“, fragt der Kulturjournalist und Verleger – und brachte Naumann damit gehörig gegen sich auf. Er habe die Kurt-Wolff-Stiftung gegründet und die Ladenpreisbindung in „einem epischen Kampf“ gerettet, der Börsenverein habe ihm die Perthes-Medaille verliehen, doch ebenso wie der Name Perthes vergessen sei, sei es seiner offensichtlich auch.


"Man muss sich seiner Rolle bewusst sein"

Die Düsseldorfer Erklärung, die Ende Februar auf Initiative der Kunststiftung NRW von über 60 Independent-Verlagen verabschiedet wurde, stellt die Bedeutung der Unabhängigen für das kulturelle Leben in den Mittelpunkt. Aber ist Verlegen eine künstlerische Leistung? Der Verleger Daniel Beskos sieht sich eher als Ideen- und Impulsgeber. „Man muss sich seiner Rolle bewusst sein“, befand die Politikerin Pfeiffer-Poensgen. Ebenso wie der Galerist habe der Verleger eine kuratorische Aufgabe und kuratieren sei keine Kunst.

In der Schweiz, wo unabhängige Verlage seit zwei Jahren projektunabhängig gefördert werden, sei nach langem Kampf die bedeutende Rolle von Verlagsarbeit für die Kultur anerkannt worden, berichtet Dani Landolf. „Viel zu lange sind nur die Künstler gefördert werden. Doch wenn wir die Autoren seriös fördern wollen, müssen auch die Verlage und der Buchhandel gefördert werden“, so Landolf. Das Verlagsfördersystem der Schweiz funktioniert ohne Jury nach streng definierten Kriterien wie Mindestumsatz, dem Vorhandensein eines Büros und Vertriebsstrukturen.

Marktwirtschaft

Für ein kleines Land wie die Schweiz findet Michael Naumann das in Ordnung, doch in Deutschland würden auch kleinere Verlage mit dem ermäßigen Mehrwertsteuersatz und zahlreichen Abschreibungsmöglichkeiten ausreichend gefördert. Zudem möchte Naumann „ungern den Staat in eine unmittelbare Nähe zur Subvention von Verlagen bringen“. Beskos Einwand, dass das bei Theatern doch auch funktioniere, wurde nicht gehört. Isabel Pfeiffer-Poensgen dagegen, die kürzlich den ersten Verlagspreis NRW für Independents vergeben hat, findet das Verhältnis von Beskos zu Wettbewerb schwierig. „So lange wir das Wirtschaftsmodell haben, das wir haben, kann es nicht die Aufgabe des Staates sein, für den wirtschaftlichen Erfolg von Kulturschaffenden zu sorgen“, so die Ministerin.

Zum Schluss sorgte Anna Jung noch einmal für Aufregung bei Michal Naumann, in dem sie erzählte, dass Robert Musil ja nicht mehr bei Rowohlt verlegt werde und das Gesamtwerk nun – dank Verlagsförderung – bei Jung und Jung erscheine. Naumann konnte es nicht fassen. Das Thema Verlagsförderung steht in Deutschland noch ganz am Anfang.