Erkenntnisse über die Geschichte pädagogischer Fachverlage

Goethe-Uni startet Projekt "Beltz in der NS-Zeit"

4. September 2017
von Börsenblatt
Die Rolle der NS-Pädagogik in den pädagogischen Fachverlagen soll näher untersucht werden: Die Verlagsgruppe Beltz fördert das Projekt "Beltz in der NS-Zeit" an der Forschungsstelle NS-Pädagogik der Goethe-Universität Frankfurt. "Es geht darum, aus der Vergangenheit zu lernen, um die Zukunft zu verbessern", so Nils Rübelmann, Mitglied der Verlegerfamilie.

Leiter des am 1. August 2017 gestarteten Projekts ist Professor Benjamin Ortmeyer. Der Erziehungswissenschaftler wird mit der Forschungsstelle eine Übersicht über die Publikationstätigkeit in der NS-Zeit erstellen und bewerten. Die Ergebnisse des Gutachtens werden im Frühjahr 2018 erwartet. Auf Seiten der Verlagsgruppe übernimmt Nils Rübelmann, ein Mitglied der 7. Generation der Verlegerfamilie, die Koordination.

"Aufklärung über die oft unterschätzte Rolle der NS-Pädagogik"

Der 1841 gegründete Beltz-Verlag zählte bereits Anfang der 1930er Jahre zu den wichtigsten pädagogischen Fachverlagen Deutschlands. Das Programm umfasste 16 Zeitschriften und weit über tausend Fachbücher, Ganzschriften und Lesehefte. Im Verlauf des Forschungsprojekts werden diese Publikationen aus den Jahren 1932 bis 1945 geprüft. Soweit noch vorhanden, fließen auch Dokumente und Briefwechsel der damaligen Verlagsleitung mit dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) in die Begutachtung ein.

Benjamin Ortmeyer erhofft sich nicht nur einen besseren Einblick in die Publikationstätigkeit des Verlags während des Nationalsozialismus, sondern auch darüber hinaus gehende Erkenntnisse: »Das Projekt ist ein Beitrag zur Aufklärung über die oft unterschätzte Rolle der NS-Pädagogik bei der durchaus nicht völlig erfolglosen Zurichtung einer ganzen Generation im Sinne von Krieg, Rassismus und Judenfeindlichkeit. Die Veröffentlichungen von Beltz stehen exemplarisch für die Arbeit vieler pädagogischer Verlage während dieser Zeit.«

 

Verlegerfamilie möchte sich näher mit der Verlagsvergangenheit befassen

Die Verlagsgruppe Beltz stellt sich mit der Unterstützung des Forschungsprojektes ihrer geschichtlichen Verantwortung, die Zeitspanne 1933 bis 1945 nicht zu beschönigen. Soweit das anhand der existierenden Dokumente möglich ist, soll die eigene Verlagsgeschichte aufgearbeitet werden. Dafür arbeitet mit Nils Rübelmann ein Vertreter der Unternehmerfamilie direkt mit der Forschungsstelle zusammen. Als Auslöser für das Projekt zu diesem Zeitpunkt gibt Nils Rübelmann das 175-jährige Verlagsjubiläum im vergangenen Jahr an. Dieses habe dazu geführt, dass sich die junge Generation der Familie mit der Verlagsgeschichte eingehender befasste: »Beltz hat in seiner Vergangenheit viel erlebt. Die Firmenhistorie ist eng mit der deutschen Geschichte verwoben. Es liegt im besonderen Interesse der nachfolgenden Generation des traditionsreichen Familienunternehmens, auch dieses Kapitel aufzuarbeiten. Aufklärung ist ein Wert an sich, es geht darum, aus der Vergangenheit zu lernen, um die Zukunft zu verbessern.«