Erste Messe der unabhängigen Verlage in Mainz

Premiere der Unsichtbaren

3. Juli 2016
von Börsenblatt
Am Freitag und Samstag wurde die erste Mainzer Messe der unabhängigen Verlage gefeiert. Die mangelnde Sichtbarkeit der kleinen Verlage im Buchhandel war eines der wichtigsten Themen, doch auch die Verkaufsmesse selbst war eher mäßig besucht – Veranstalter und Teilnehmer erwarten im nächsten Jahr mehr Zuspruch.

Es war ein Experiment, getragen von viel ehrenamtlichem Engagement und dem Wunsch, den unabhängigen Verlagen eine Bühne zu biete: Am 1. uns 2. Juli verwandelte sich die Altmünsterkirche zur Buchmesse der unabhängigen Verlage – es ist neben der Minipressen-Messe und der Buchmesse Rheinland-Pfalz die fünfte Buchmesse in der Landeshauptstadt. Allein, das Publikum wollte noch nicht so recht anbeißen, das Eröffnungsprogramm am Freitagabend war mäßig besucht, auch am Samstag, der unglücklich mit dem Viertelfinalspiel der deutschen Nationalmannschaft zusammenfiel, tröpfelten die Besucher vereinzelt in die Kirche.

„Manchmal muss man Anfangsinvestitionen leisten“, erläutert Verleger Stefan Weidle, Ex-Vorstand der Kurt-Wolff-Stiftung und gemeinsam mit seiner Frau in der ersten Kirchenbank als Aussteller vertreten. „Auch die Messe der unabhängigen Verlage in Lübeck war im zweiten Jahr viel stärker besucht. Die Mundpropaganda braucht ein bisschen Zeit.“

Viele Fotos finden Sie in unserer Bildergalerie zur Messe der Unabhängigen Verlage.

Organisiert wurde die Messe vom Lektorat Seitzmayer in Kooperation mit der Kurt Wolff Stiftung. Ein Jahr Vorarbeit wurde in die Raumsuche, das Erstellen einer professionellen Website (mit Buchempfehlungen) und die Befragung der teilnehmenden Verlage investiert„Wir hätten eine doppelt so große Fläche bespielen können“, sagt Petra Seitzmayer, die das Event auf die Beine gestellt hat. 100 Euro Standmiete mussten die Verlage zahlen – entsprechend streng musste kalkuliert werden.

Neben zahlreichen Verlagen präsentierte auch die Mainzer Buchhändlerin Silke Müller (Erlesenes und Büchergilde) zahlreiche Bücher weiterer, nicht angereister Verlage, darunter etwas von Matthes & Seitz und vielen anderen. „Ich habe Frau Seitzmayer angeschrieben, um hier ausstellen zu können“, erläutert Müller, die nicht nur mit Büchertischen und in ihrer Buchhandlung die Werbetrommel gerührt hat. „Ich habe über 1.000 Kunden angeschrieben, einige habe ich hier schon wiedergesehen, eine Kundin beobachte ich schon seit zweieinhalb Stunden“, sagt Müller. „Diese Messe ist für mich eine wertvolle Kontaktbörse“, erklärt Müller. Neben ihr sind weitere Buchhändler aus der Region gekommen: Susanne Lux aus der Mainzer Buchhandlung Nimmerland und das Ehepaar Lucia und Thomas Bornhofen aus Gernsheim zum Beispiel, um „Bücher in die Hand zu nehmen“, wie Lux erläutert. „Wenn ich noch keinen Kontakt zu den Verlagen habe, traue ich mich nicht, Leseexemplare zu bestellen“, ergänzt Lucia Bornhofen. Sie hat auch Ideen gesammelt, unter anderem mehr Indiebücher auf Instagram zu posten und gemeinsam mit Schülern ein Dada-Schaufenster zu gestalten.

Eine weitere Buchhändlerin saß am Samstag auf dem Podium: Sarah Reul vom Buchladen am Freiheitsplatz in Hanau, in der Branche seit zehn Jahren auch bloggend als Pinkfisch bekannt. Gemeinsam mit Wunderhorn-Verleger Manfred Metzner, Britta Jürgs, Vorsitzende der Kurt Wolff Stiftung und aviva-Verlegerin und Stefan Weidle (Weilde Verlag) sprach sie über das Verschwinden der Backlist aus dem Buchhandel. Journalistin Katrin Seilbold moderierte. „Früher hat eine Buchhandlung in der tiefsten Provinz 30.000 Titel auf Lager geführt, heute sind allenfalls 10.000 bis 15.000“, schätzte Metzner. Die Folge sei klar: „Das Angebot wird kleiner, unsere Titel weniger wahrnehmbar und unsere Backlist kommt schon zweimal nicht vor.“ Lösungsvorschläge? Kamen auch von den Zuschauern: dem Buchhandel aktiv Leseexemplare von Backlisttiteln in der Vorschau anbieten und auch 2 bis 3 Seiten in jedem Programm zusätzlich für Backlistlieblinge präsentieren.

Buchhändlerin Sarah Reul entwarf den Gedanken, dass die Verlage einmal im Monat unter einem bestimmten Hashtag die Twittertrends stürmen, zum Beispiel unter #backlistliebe. Mehr Verlagsabende in Buchhandlungen, mehr Thementische und Schaufenster – die Buchhändler im Saal haben damit bereits gute Erfahrungen gesammelt. Aus Verlagssicht kann der Handel immer mehr tun („aktiver verkaufen“, „weniger remmitieren“), umgekehrt gilt dies auch.

„Der Buchhandel muss verstehen, dass wir seine natürlichen Verbündeten sind“, fasste Stefan Weidle zusammen. Er brachte die Idee auf, im nächsten Jahr Partnerbuchhandlungen für die ausstellenden verlage zu suchen, im Gegenzug könnten die Verlage an ihrem Stand Visitenkarten „ihres“ Buchhändlers verteilen. Bis dahin gilt aber auch, was Merlin-Verlegerin Katharina Eleonara Meyer sagt: „Wir können uns nicht darauf verlassen, mit unserem Programm den Buchhandel oder die Presse zu erreichen, wir stehen oft in der zweiten Reihe.“ Pendragon-Verleger Günther Butkus ergänzt: „Wir erhoffen uns natürlich, uns über Veranstaltungen wie diese das Entrée im Buchhandel zu erschleichen, wenn die Kunden den Buchhändlern unser Verlagsprogramm unter die Nase halten.“ Butkus ist überzeugt: „Der Erscheinungstermin spielt für die Leser keine Rolle, sondern Themen – das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt.“

Das waren die ausstellenden Verlage:

Aviva Verlag, Axel Dielmann Verlag, Danube Books,, Fabian Hartmann, SKW Schwarz Rechtsanwälte, Frankfurter Verlagsanstalt, Gonzo Verlag, Peter Hammer Verlag, Hermann Schmidt Verlag, Klöpfer & Meyer, Kunstanstifter Verlag, Merlin Verlag, Nomen Verlag, Pendragon, Transit Buchverlag, Verbrecher Verlag, Verlag Voland & Quist, Wallstein Verlag, Weidle Verlag, Weissbooks, Wortschau Verlag,Verlag Das Wunderhorn