Fachgruppenversammlung des Verbreitenden Buchhandels

Wertschöpfung durch Wertschätzung

26. Februar 2015
von Börsenblatt
"Die konjunkturelle Lage für den Buchhandel ist nicht besonders gut, manchen geht es sogar richtig schlecht": Mit diesem Stimmungsbild eröffnete Heinrich Riethmüller heute die Tagung des Sortimenter-Ausschusses (SoA). Widersprochen hat ihm niemand.

Welche Themen noch auf der Agenda standen: Konditionengerechtigkeit und libreka!, die Zukunft des stationären Geschäfts - und eine Erfolgsgeschichte aus Großbritannien.

Konditionen

"Was wir für Bücher tun, müssen Sie auch honorieren." Riethmüller fand gegenüber den anwesenden Verlegern klare Worte. Sie dürften den stationären Buchhandel bei Konditionen nicht schlechter stellen als Onlinehändler, forderte er in seiner Funktion als SoA-Vorsitzender. Sie sollten Erpressungsversuchen von dieser Seite unbedingt standhalten – und diese gern auch wieder einmal öffentlich machen.

Wie berichtet, arbeitet der SoA bereits an einem Positionspapier, das die Beziehungen zwischen Sortiment und Verlagen neu regelt – also beschreibt, was unter "angemessenen Konditionen" zu verstehen ist (die Paragraf 6.1 des Preisbindungsgesetzes anmahnt). Das Papier sei auf einem guten Weg, so Riethmüller. "Demnächst können wir das Positionspapier publizieren." Einen genauen Termin dafür nannte er nicht.

libreka!

Ronald Schild, Geschäftsführer der MVB, hatte den SoA-Mitgliedern einmal mehr Neuigkeiten zum Stand der Dinge bei libreka! mitgebracht. Im Auftrag des SoA prüft die MVB derzeit, ob und unter welchen Bedingungen es möglich wäre, einen E-Reader für die Buchbranche zu entwickeln. Noch sei zwar vieles offen, berichtete Schild; aber die Gespräche mit Anbietern seien bereits weit gediehen.  „Wenn der E-Reader kommt, dann vor dem Weihnachtsgeschäft.“ 

Eine Buchhändlerin aus dem Auditorium hakte nach, wollte wissen, welche Position libreka! mittlerweile am Markt habe. Die Antwort: "Unser Marktanteil liegt derzeit bei schätzungsweise 15 Prozent“; schätzungsweise deshalb, weil es bislang keine Zahlen gebe – um den Wert im Detail zu bestimmen (zur Entwicklung von libreka! siehe auch: Bericht aus dem Verleger-Ausschuss). 

Die Zukunft des Buchhandels

Wie sollte der Buchhandel auf die Digitalisierung der Produkte und Vertriebswege reagieren? Welche Aufgaben haben stationäre Händler heute – und morgen? Der SoA bat dazu Rainer Groothuis (Groothuis, Lohfert, Consorten; Corso Verlag) aufs Podium. Und der empfahl ihnen: „Denken Sie wieder über Qualität nach“. Wertschätzende Produkte, wertschätzend präsentiert – darauf komme es an. Zweiter Faktor, der das stationäre Geschäft stütze: die Option zum direkten, persönlichen Gespräch. Social Media, schön und gut – meinte Groothuis. Aber persönliche Gespräche seien durch nichts zu ersetzen. Sein Fazit: „Menschen tragen ihr Geld künftig nur noch dorthin, wo sie Wertschätzung vorfinden, und soziale Kontakte knüpfen können.“

Der Buchhandel habe bereits viel zu viele Kulturpositionen aufgegeben, so Groothuis; habe seine Bedeutung als kulturelle Institution freiwillig geschmälert - die Beratung sei schlechter als noch vor 30 Jahren, der viele Ramsch verstelle Kunden zudem vielfach den Blick. „Dass das zu Legitimationsproblemen führen würde, wundert mich nicht.“

Aus diesem Grund rät er auch allen, die ihr Angebot an Büchern zugunsten von Non-Books reduzieren wollen, zur Vorsicht. Buchhandlungen sollten sich nicht zu Warenhäusern entwickeln -   Non-Books ja, aber nicht in großem Stil.    

Foyles: Eine Erfolgsgeschichte aus Großbritannien

Zweiter Gastredner auf dem Podium war Sam Husain, seit 2007 CEO der britischen Buchhandelskette Foyles. Das Unternehmen, 1903 in London gegründet und in Reiseführern gern als liebevoll-chaotisch beschrieben, hat sich bislang gegen alle Abwärtsbewegungen gestemmt.

Das Management baute das Sortiment um, expandierte (aktuell gibt es 6 Buchhandlungen) und modernisierte. „Wir werden oft gefragt, wie Foyles überleben konnte, wo doch so viele Buchläden schließen mussten“, erzählte Husain. „Ganz offensichtlich waren einige Buchläden in Großbritannien nicht auf den heftigen Preiskampf vorbereitet, der einsetzte, nachdem man 1997 das sogenannte Abkommen über die Buchpreisbindung abgeschafft hatte.“

Foyles habe diesem Kopf-an-Kopf-Rennen um die Preise widerstanden. „Wir glauben fest daran, dass eine gute Buchhandlung den Wert der Bücher steigert - durch guten Service, informierte und hilfsbereite Mitarbeiter, informative und schön anzusehende Schaufenster, kreative Vermarktung und ein breites Angebot.“

Allein im Hautgeschäft - in der Charing Cross Road in London -  führe man 200.000 Titel (auf ca. 3.700 Quadratmetern). Husain: „Ein wichtiger Baustein unserer Verkaufsstrategie ist die breite Palette an Büchern der Backlist, die in jedem Laden ausgiebig beworben werden.“

Die Buchhandelskette will sich also unterscheiden – durch Angebot und Atmosphäre, Mitarbeiter und Service. Nach innen achte das Management strickt auf Effizienz. „Das ist der Schlüssel unserer gewinnorientierten Strategie.“  Dass das alles kein Spaziergang ist, das Unternehmen manche Hürde vor sich sieht – auch das verschwieg Husain nicht. Er rechnet damit, dass sich E-Books in einem ähnlichen Umfang in Großbritannien durchsetzen wie in den USA. Foyles sehe das als Herausforderung, betonte er (Foyles selbst bietet knapp 150.000 E-Book-Titel an).

Derzeit denke er darüber nach, den Kunden Pakete anbieten – Bundles aus E-Books, Musik, Videos etc. Letztlich, so Husain, seien doch die Inhalte entscheident, nicht die Form. „Es gibt für unser Personal keinen Grund, bei E-Books nicht ebenso fachkundig anzutreten wie bei Büchern.“