Feinfühliges Agieren hilft bei der Personalführung

Gefühlsbestimmt

21. Juli 2016
von Sabine Schmidt
Controller sprechen nicht gern über sie, tatsächlich schlagen sich Emotionen aber in Bilanzen nieder. Wenn sie über Führung nachdenken, sollten Vorgesetzte und Projektleiter Gefühle deshalb im Blick haben: die der anderen ebenso wie die eigenen.

Sekt oder gern auch Feineres lässt mancher fließen, wenn er einen Karriereschritt nach vorn macht und dabei Führungsaufgaben übernimmt. Schließlich sind damit in der Regel Anerkennung und mehr Geld verbunden. Beides ist auch mehr als verdient, meint der Beförderte, hat er doch hart dafür gearbeitet, sich weitergebildet und den Oberboss unterstützt, wo es nur ging. Eine Garantie für Erfolg ist die ­Beförderung dennoch nicht, insbesondere dann nicht, wenn die Führungskompetenzen fehlen.
Auf solchen Firlefanz kommt es auch gar nicht an, mag da so mancher immer noch sagen. Getan wird, was der Vorgesetzte sagt, und fertig. Tatsächlich belegen Studien aber, was Lebens- und Joberfahrung ebenso zeigen: Führung wirkt sich nicht nur auf die Stimmung der Mitarbeiter aus, sondern auch auf ihre Leistungsfähigkeit und ihre Gesundheit – und damit auch auf Bilanzen.
Der Psychologe und Coach Denis Mourlane weiß, woran das liegt: Menschen sind gefühlsbestimmt. Sie streben nach Freude, Glück und Stolz und funktionieren nicht einfach weiter, wenn sie sich unwohl und nicht respektiert fühlen, wenn sie glauben, dass der Vorgesetzte nicht hinter ihnen steht, wenn es kein ehrliches und bei guten Leistungen kein positives Feedback gibt. Damit umgehen zu können, ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Empfindungen sind wichtig, die des Vorgesetzten ebenso wie die der anderen, die Verletzungen, die alle mit sich bringen, Ängste und Hoffnungen. "Der Mehrzahl der Menschen ist keineswegs bewusst, was ihre Gefühle und die Gefühle anderer ihnen sagen", schreibt Denis Mourlane. "Und so ist es mit den Gefühlen wie mit einer Sprache, die wir ­eigentlich nicht verstehen."

Das Ziel muss nicht sein, eine charis­matische Führungspersönlichkeit zu werden, auch nicht fehlerfrei oder immer für andere da zu sein, sagt Denis Mourlane. Aber Vorgesetzte sollten sich der eigenen Gefühle bewusst sein, um sich auf ihre Mitarbeiter einstellen zu können, sollten nicht nur andere, sondern auch sich selbst führen und mit dem eigenen Ich halbwegs im Reinen sein. Führung heißt eben nicht nur zu sagen, was getan werden muss, betont er in dem Buch "Emotional Leading" (dtv, 260 S., 15,90 Euro), sondern zuzuhören, anderen Halt und Orientierung zu geben, Vorbild zu sein und im Blick zu haben, dass Mitarbeiter unterschiedlich sind und unterschiedliche Formen der Betreuung und Kontrolle brauchen.
Bücher zum Thema Führung gibt es längst, darunter viele gute, und Mourlane nennt sie auch. Es lohnt sich dennoch, ­seinen Ratgeber zu lesen, weil er gut erklären kann, welche Wirkungen bestimmte Verhaltensweisen haben und warum das so ist; weil er viele anschauliche Beispiele aus der Praxis nennt und weil er realistisch bleibt und nicht das Blaue vom Himmel verspricht: Die Persönlichkeit, die Lebensgeschichte spielt nun mal eine entscheidende Rolle, und die kann niemand komplett umschreiben.
Aber man kann an sich arbeiten und sich verändern – das ist das Gute an Mourlanes Buch: Es zeigt, dass es ein spannendes Projekt sein kann, über sich selbst, über die eigenen Führungskompetenzen und sogar über Defizite nachzudenken.