Fortbildung bei Holtzbrinck

"Förderung ist ein Muss"

5. Dezember 2016
von Börsenblatt
Die Holtzbrinck-Verlagsgruppe hat ein breites Förderprogramm aufgelegt, um Mitarbeiter und Führungskräfte zu stärken und zu vernetzen. Auch an den Nachwuchs wird gedacht.

Eine eigene Akademie für verlagsübergreifende Präsenztrainings, 3.000 Onlinevideos in Kooperation mit lynda.com und video2brain.com, die allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen und Medienmanager-Programme für Führungskräfte zählen zu Leuchtturmprojekten der Holtzbrinck Publishing Group, wenn es um das Thema Weiterbildung angeht. »Bereits Nachwuchskräfte sind heute sehr fordernd«, beschreibt Cathrin Vischer, Head of HR Marketing and Development in der Stuttgarter Zentrale, die Ausgangslage. Das ist alles andere als ein Manko, schließlich stellt die Digitalisierung nicht nur die Verlage, sondern auch deren Beschäftigte ständig vor neue Herausforderungen: Wer vorankommen will, muss auf dem neuesten Stand sein und sich vernetzen. »Auch agile Führung ist gerade ein stark gefragtes Thema«, erläutert Vischer, die gruppenweit für die Fortbildungsmaßnahmen und Entwicklungprogramme zuständig ist. Fortbildungen in Themen, die als »besonders strategisch relevant« gelten, werden bezuschusst, ansonsten gilt: Jeder Verlag trägt die Kosten selbst.

Medienmanager für Nachwuchskräfte bei Holtzbrinck

Zu Vischers Aufgaben gehört es auch, bei allen Maßnahmen den Spagat zwischen Innovation und Qualität sicherzustellen, etwa die richtigen Coaches auszuwählen. Das notwendige Feedback holt sie von den Mitarbeitern persönlich ein, zum Beispiel am Ende der verlagsübergreifenden Ausbildung zum Medienmanager in Stuttgart: Gerade  ist der aktuelle Jahrgang mit 28 Nachwuchsführungskräften gestartet, die fünf Module durchlaufen, eins davon in englischer Sprache. Für erfahrene Führungskräfte wird mit der Fortbildung zum »Global Media Manager« ein jährliches Intensivseminar in New York geboten, bei dem, so Vischer, »Lektoren auf Vertriebler und Mitarbeiter der Digitalunternehmen treffen – die Gruppe ist in 80 Ländern vertreten.

Selbstorganisiertes Lernen wird gruppenübergreifend gefördert

Die Vernetzung untereinander ist gewollt: »Viele Geschäftsideen und Keimzellen für einige internationale Kooperationen sind in den Trainings entstanden«, erklärt Vischer, die auch die mitarbeitergesteuerte, gruppenübergreifende Vernetzung durch die Einrichtung von E-Mailverteilern fördert. Dreimal im Jahr gibt es konzernweite Treffen der Onlinemarketing-Experten und Produktentwickler – »die Agenda erstellen die Gruppen selbstständig«, sagt Vischer. 

Angst, dass sich die einzelnen Häuser gegenseitig qualifizierte Mitarbeiter abwerben, gibt es – zumindest in Stuttgart  nicht: »Lieber fördern wir den internen Wechsel als qualifizierte Mitarbeiter zu verlieren.«

Über mangelnde Wertschätzung was die Fortbildungsangebote angeht, kann Vischer nicht klagen. Rund ein Drittel der Mitarbeiter in den Digitalunternehmen der Holtzbrinck-Gruppe (z.B. GuteFrage.net) nutzt auch in der Freizeit oder unterwegs regelmäßig Videokurse. Wie überall steigt aber das Interesse an Seminaren parallel zu den Kosten, will heißen: je kostspieliger ein Seminar oder Coaching ist, desto begehrter ist es auch.

Beispiel S. Fischer Verlag

Auf Verlagsebene kommen weitere Maßnahmen hinzu. Beispiel S. Fischer: Bis Ende Februar bespricht sich Personalleiterin Cristina Bartz mit allen Abteilungsleitern. Fester Gesprächspunkt sind Weiterbildungen. »Es gibt so etwas wie eine Wunschliste nach Priorität von InDesign für die neue Kollegin bis hin zu Goodies als Belohnung, Fortbildungen mit bis zu zwölf Personen erfolgen häufig in den Konferenzräumen des Frankfurter Verlags, für spezielle Einzelmaßnahmen und Coachings werden die Angestellten zu Fremdanbietern wie Haufe oder an die Akademie der Medien in Stuttgart geschickt. »Dieses Jahr fanden 256 Einzelmaßnahmen für 200 Kollegen statt«, rechnet Bartz vor. Zweimal im Jahr erhält der Verlag Besuch von einem Coach, 60 Mitarbeiter können ein  persönliches Thema vormerken – von Präsentationstechniken bis zu Themen Konfliktmanagement, die Anmeldung erfolgt direkt über Bartz und nicht über die Vorgesetzten. »Für mich persönlich ist das eine der wichtigsten Dinge«, sagt Bartz und verweist darauf, dass der Coach jedes Jahr ausgebucht ist.

Was Sie schon immer über Herstellung wissen wollten ..

Jetzt, nach der erfolgreichen Integration der Kinderbuchabteilungen in der Hedderichstraße, will Bartz eine Reihe wiederbeleben, die sich im Haus ungemeiner Beliebtheit erfreut: »Was Sie schon immer über … wissen wollten, aber nie zu fragen wagten.« Im »Jahr der Herstellung« gab es bspw. offene Vorträge zu Druckverfahren, zur Covergestaltung und vielem mehr. »Manche Experten kommen aus unserem Haus, wir haben aber auch den Direktor einer Papierfabrik oder Buchgestalter eingeladen«, sagt Bartz. Obwohl die Teilnahme freiwillig ist, nutzen 70 Prozent der Belegschaft die Chance, auch um sich mit den Kollegen auszutauschen.

Besonders engagiert setzt Bartz sich für die Nachwuchskräfte ein: Regelmäßig werden Aus- und Weiterbildungspläne für Volontäre und Praktikanten überarbeitet, Filmsammlungen (»Stefan Zweig«, Swetlana Geier) und Listen mit den wichtigen E-Learning-Modulen erstellt. Besonders in Erinnerungen bleiben den Azubis externe Praktika (u.a. vier Wochen Verbundsausbildung bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", drei Wochen in der Buchhandlung Ypsilon in Frankfurt, vier Wochen bei der Hamburger Verlagsauslieferung HGV sowie auf Wunsch ein Kurzpraktikum bei Fischer TOR, Argon  etc.). Gemeinsame Ausflüge ins Literaturarchiv Marbach und Seminare (»Titelfindung«) mit abschließendem Pizzaessen auf dem Verlagsdach mit traumhaftem Blick auf die Frankfurter Skyline im Abendrot schweißen zusammen und sorgen für Bindungskräfte. »Es ist heute viel schwerer den Nachwuchs zu halten«, sagt Bartz. Einen Anreiz in Form von Weiterbildungsangeboten zu machen, kann nicht schaden.