Fritz-Rudolf-Fries-Gesellschaft gegründet

Von Oobliadooh nach Leutzsch

19. April 2018
von Nils Kahlefendt
In Leipzig wurde eine Gesellschaft gegründet, die sich der Wahrnehmung von Werk und Person des Schriftstellers Fritz Rudolf Fries widmet. Initiator und erster Vorsitzender ist ein Buchhändler: Ansgar Weber vom "Seitenblick" in Lindenau.

Ansgar Weber ist ein Fan literarischer Topologien der Region, egal, ob es sich um Wolfgang Hilbigs Meuselwitz oder Guntram Vespers Frohburg handelt. Der Schriftsteller Fritz Rudolf Fries (1935−2014) lebte von 1942 bis 1960 im Leipziger Stadtteil Leutzsch – in vielen Texten, vom ersten im Westen veröffentlichten Roman "Der Weg nach Oobliadooh" (1966) bis hin zu den späten Werken, haben Leutzscher Begebenheiten, Orte und Personen, ihre Spuren hinterlassen. Im Herbst 2015 zeigte Weber eine Fritz Rudolf Fries gewidmete Ausstellung in seiner Buchhandlung – und organisierte einen ungewöhnlichen Stadtteilspaziergang mit drei Stimmen und einem Saxofon, eine Spurensuche, die sowohl noch vorhandene als nur mehr erinnerbare Orte des Jazz-Enthusiasten Fries in den Blick nahm. Als der "Seitenblick" 2016 den Deutschen Buchhandlungspreis erhielt, floss ein Teil des Preisgelds in das 96seitige Publikation "Inventar der Vorstadt. Fritz Rudolf Fries in Leutzsch", die noch immer über die Buchhandlung bezogen werden kann. Seither gab es Pläne für die Gründung einer literarischen Fritz-Rudolf-Fries-Gesellschaft. Der entscheidende Impuls für den Buchhändler war schließlich die Bereitschaft der weit verzweigten Familie von Fries, die Initiative mitzutragen.

In Leipzig traf man sich nun zur konstituierenden Sitzung. Mit dabei ist neben zahlreichen Familienmitgliedern, etwa der Autor, Literaturkritiker und Essayist Helmut Böttiger, der einst mit einer Arbeit über Fries und die DDR-Literatur promovierte und beim Relaunch der "Anderen Bibliothek" 2012 ein kenntnisreiches Nachwort zur wunderbaren "Oobliadooh"-Neuausgabe beisteuerte. Ebenfalls mit im Boot: Die Germanistin und Uwe-Johnson-Forscherin Katja Leuchtenberger (Rostock) und Thorsten Ahrend vom Göttinger Wallstein Verlag. Eben dort war "Last Exit to El Paso", Fries’ letzter zu Lebzeiten veröffentlichter Roman, erschienen – gerade haben MDR und SWR eine grandiose Hörspielfassung veröffentlicht. Nach der Stilllegung des Leipziger Verlags Faber & Faber nahm Wallstein auch drei weitere dort erschienene Romane von Fries ins Programm, "Der Weg nach Oobliadooh" ist ausschließlich als e-Book bei Wallstein erhältlich – ein Novum in der literarischen Landschaft. "Es wäre Blödsinn gewesen, den Roman neben der schönen Ausgabe in der Anderen Bibliothek noch einmal zu drucken, also haben wir das Buch digital lieferbar gemacht – ohne ein Hardcover zu haben."

Im August wird ein fünftes Fries-Buch bei Wallstein erscheinen: "Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies", herausgegeben von Helmut Böttiger, enthält Texte von den späten 1950er Jahren bis in Fries’ Todesjahr 2014 – darunter überraschende Funde wie etwa Rezensionen zu Thomas Pynchon oder dem Erstling von Daniel Kehlmann. Während die Fritz-Rudolf-Fries-Gesellschaft mit spannenden Lesungen, Gesprächsrunden, literarischen Wanderungen und Aktionen, vielleicht auch weiteren Publikationen aufwarten will, kann sich Thorsten Ahrend auch weitere Bücher vorstellen: "Der Essay-Band zeigt, wie weit dieser Geist war. Tendenziell wollen wir weitere wichtige Romane von Fries bringen, etwa 'Alexanders neue Welten', der 1982 bei Aufbau, 1983 im Westen bei Suhrkamp erschienen ist."