Fusion von Thalia und Orell Füssli

"Endlich entsteht ein Gegengewicht zu Amazon"

7. März 2013
von Börsenblatt
In der Schweiz gehen zwei Riesen auf Tuchfühlung: Thalia.ch und Orell Füssli haben sich für eine Zweckehe entschieden. Sie werden knapp Zweidrittel des Marktes unter einem Dach vereinen. Mit welchen Folgen die Branche rechnet? Und ob eine Kooperation wirklich der Königsweg in Richtung Zukunft ist? Antworten von Marianne Sax, Inhaberin einer Buchhandlung in Frauenfeld (Bücherladen Marianne Sax) und zugleich Präsidentin des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands (SBVV).
Das Aufgebot ist bestellt, nun müssen Thalia und Orell Füssli nur noch auf die Zustimmung der Kartellbehörden warten. Rechnen Sie mit einem Veto?
Sax: Nein. Ich denke, die Behörden stimmen zu. Es gibt in der Schweiz ja noch eine Reihe anderer großer Buchhandlungen und Konkurrenten, Exlibris und Weltbild etwa - und vor allem: Amazon.


Was hat die Filialisten aus Ihrer Sicht dazu getrieben, ihre Kräfte zu bündeln? 

Sax: Durch die Veränderungen am Markt sind nun auch die großen Buchhandlungen unter Druck geraten. Eine Zusammenlegung lässt sie gemeinsame Stärken effizienter nutzen und es kann dadurch wohl auch ein administrativer Überbau reduziert werden.

Welche Rolle wird der neue Großfilialist in der Schweiz spielen?
Sax: Die Marktmacht wird zweifellos beträchtlich sein – Thalia und Orell Füssli kommen auf rund 60 Prozent Marktanteil (siehe dazu Anmerkung von Thalia am Ende des Interviews). Ich bin trotzdem eher erfreut als verängstigt: Ich freue mich darüber, dass man so die Möglichkeit schafft, Amazon die Stirn zu bieten. Endlich entsteht ein Gegengewicht zu Amazon: Es sind ja gute Häuser, die hier zusammengehen - mit ausgebildeten Buchhändlern und Verantwortungsgefühl dem Buch gegenüber.

Gehen Sie davon aus, dass künftig noch mehr Unternehmen gemeinsame Sache machen?
Sax: Das kann schon sein, aber ich will da nicht im Trüben fischen. Im Moment ist da aus meiner Sicht nur wenig in Bewegung.

Auch bei den kleinen und unabhängigen Buchhandlungen?
Sax: Ja, auch da. Es gibt zwar Buch Media – über die Initiative geben wir eine gemeinsame Zeitschrift heraus -, aber wir sind nur wenige.

Kein Interesse an Buy Local-Aktivitäten?
Sax: Das schon. Auf die Idee, die deutsche Initiative zu kopieren, ist bislang trotzdem keiner gekommen - was möglicherweise daran liegt, dass die Idee dahinter uns in einem Punkt nicht ganz überzeugt. Ich zumindest halte es für sinnvoller, lokal aktiv zu werden und dann branchenübergreifend etwas zu entwickeln - anstatt mit Buchhändlern, die weit weg von mir und Frauenfeld ihren Laden betreiben. Nähe geht vor.

Interview: Tamara Weise

Nach Auskunft von Thalia (Schweiz) verteilen sich die Marktanteile anders. Das neue Unternehmen, prognostiziert Geschäftsführer Michele Bomio, vereine weniger als 30 Prozent Prozent der Buchumsätze in der Deutschschweiz unter seinem Dach.