Gehaltsstrukturen

Für Gottes Lohn

2. September 2011
von Börsenblatt
Check-up einer Branche – der Jahresbetriebsvergleich 2010 im Sortimentsbuchhandel. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Christina Schulte zum Thema Unternehmerlöhne.

Einmal im Jahr lässt sich der stationäre Buchhandel von Kopf bis Fuß durchchecken. Der Arzt kommt in Form des Jahresbetriebsvergleichs und stellt zahlreiche Diagnosen, es treten Befunde zutage, erfreuliche und unerfreuliche. Auch lebensbedrohliche sind darunter.

Dazu zählt beispielsweise die Diagnose in Sachen Unternehmerlohn. Es ist bekannt, aber geradezu wahnwitzig, welch geringes Salär sich manch Inhaber eines kleinen Sortiments zugesteht. Die Selbstausbeutung mit aktuellen Zahlen unterlegt: So ungefähr um die 25.000 Euro pro Chef und Jahr waren 2010 keine Seltenheit. Macht etwas mehr als 2.000 Euro pro Monat und damit weniger als mancher Angestellte eben jenes Chefs verdienen dürfte. In den 25.000 Euro enthalten: das komplette unternehmerische Risiko, wenig Urlaub, eine 60- bis 70-Stunden-Woche und vieles mehr. Und noch etwas: Die Inhaber von Buchhandlungen liegen ungefähr in einer Gehaltsklasse mit Glas- und Gebäudereinigern, Raumpflegern, Wäschern und Plättern sowie hauswirtschaftlichen Betreuern. Das sind diejenigen Berufe, die das Statistische Bundesamt neben den Friseuren als die schlechtbezahltesten ausgemacht hat.

Unternehmerlöhne nach Leistung zu gewähren – das können sich die meisten Buchhandlungen schlicht und einfach nicht leisten. Viele ohnehin schon negativen Betriebsergebnisse würden noch negativer ausfallen, wenn dieser Kostenpunkt mit realistischen Werten angesetzt würde. An dieser Stelle zeigt sich, wie sich manche Patienten gesünder rechnen als sie sind. Sich die ärztliche Diagnose schönzureden – das kann auf Dauer unangenehme Folgen haben.

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