Hellseherische Fähigkeiten oder gesundes Bauchgefühl? Als der Vorstand des Landesverbands Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen für seine 24. Hauptversammlung das Podium "Buchhandel und Bibliotheken im digitalen Zeitalter − Freunde oder Feinde?" ins Programm nahm, hatte wohl keiner auf dem Zettel, welche Dynamik gerade das Thema E-Book-Leihe in öffentlichen Bibliotheken entwickeln sollte. (siehe Archiv: Positionspapier des Verleger-Ausschusses und "Streit um Onleihe") Entsprechend groß war im Leipziger Literaturhaus das Interesse an der von LV-Vorsitzenden Helmut Stadeler moderierten Diskussion zwischen Frank Simon-Ritz, Direktor der Bibliothek der Weimarer Bauhaus-Universität und Vorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) und Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang. Lassen sich die gesetzlichen Regelungen aus der analogen Welt, bei angemessener Vergütung, einfach in die digitale übertragen?
Unterschiedliche Standpunkte beim e-Lending
Für die Bibliotheken, so Simon-Ritz, gehe es mit der Forderung nach einem uneingeschränkten Nutzungsrecht von E-Books "um die Wurst", sprich, um die Frage: "Wie können wir uns im 21. Jahrhundert positionieren, wenn wir keine 'Papiermuseen' sein wollen?"
Derzeit ist es den Mitgliedsunternehmen des Börsenvereins allerdings kartellrechtlich verwehrt, über branchenweite Lösungen fürs e-Lending zu verhandeln. Auch hier könnte der Gesetzgeber also tätig werden. Vorhang zu − und alle Fragen offen? Eine "Lösung aus dem Hut" (Stadeler) wird es nicht geben. Wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen, im Dialog zu bleiben, zeigte die um Sachlichkeit statt rhetorischer Kraftmeierei bemühte Leipziger Diskussion. Buchhandel, Verlage und Bibliotheken wissen sehr wohl, was sie aneinander haben. Der Blick zurück lohnt immer: Erst vor zwei Jahren war die SaSaThü-Hauptversammlung in der Deutschen Nationalbibliothek zu Gast − einer Gründung des Börsenvereins.
Strammes Programm
Der Dreiländerverband hatte sich für seine außerordentlich gut besuchte Hauptversammlung ein strammes, tagfüllendes Programm verordnet:
Wenn der Umzug im Sommer 2015 abgeschlossen ist, soll hier schrittweise bis zu einem Viertel des deutschsprachigen Buchhandelsvolumens durchlaufen. Musste sich die Stuttgarter Telefonistin in den 70er Jahren schon mal zur öffentlichen Telefonzelle bemühen, wenn eine der vier Amtsleitungen kaputt war (mit etwas Glück war der Störfall nach drei Stunden behoben), wird bei KNV Logistik bereits heute die Feuertaufe des ersten Weihnachtsgeschäfts minutiös durchgespielt − per Simulations-Software. Während man überall in der Republik gespannt aufs Erfurter Gewerbegebiet Kühnhäuser Straße blickt, interessierte man sich in Leipzig auch für die Zukunft von LKG. Die Auslieferung vor den Toren der Messestadt sei, so Voerster, "ein Unternehmen, dass uns viel Freude bereitet". "Kleinere Verschiebungen" wären möglich, derzeit gebe es jedoch keine Pläne, LKG "in Erfurt zu integrieren". Im Gegenteil: "Wir haben noch mal ausgebaut."
Optimistisch auch der Blick, den Verleger-Legende Klaus G. Saur mit seinem Vortrag über die Zukunft des Buches und den Buchhandel in die Glaskugel warf. Ja, Sie haben richtig gelesen: Zukunft! Gerade in Leipzig, so Saur, sei Klagen fehl am Platz: Derzeit ist die Sachsen-Metropole, neben Berlin, Deutschlands einzige Verlagsstadt auf Wachstumskurs.
Regine Lemke sagt "Tschüß!"
Als Christian Sprang von gefühlten Tränenbächen berichtete, die beim letzten Besuch von Regine Lemke im Hauptamt die Frankfurter Braubachstraße herunter liefen, fürchtete man bereits, das Leipziger Literaturhaus werde nun bald wegen Überschwemmung geschlossen. Dass sich beim Abschied der SaSaThü-Geschäftsführerin nach 24 Jahren Rührung und Heiterkeit die Waage hielten, lag an der geradlinigen, grundsympathischen Art Lemkes, "Tschüß!" zu sagen.
Wenn sich Buchhändler und Verleger aus SaSaThü (sorry, liebe Regine, dass auch der Berichterstatter notorisch das von Ihnen nicht geliebte Kürzel zum Zweck der Zeilenhonorar-Minimierung verwendet!) am 30. und 31. Mai 2015 zu ihrer 25. Hauptversammlung in Erfurt treffen, wird die neue Geschäftsführerin Nora Milenkovic bereits ein Jahr im Amt sein. "Das gleiche Glück, das ich hatte", wünscht ihr Regine Lemke. "Ich bin sicher, man sieht sich." Bleibt nur noch aufzuklären, warum die Leipziger Floristen bei diesem großen Finale in die Röhre guckten: Die Genussdauer für Blumengrüße wäre allzu kurz gewesen. Wenn Sie diese Zeilen lesen, befindet sich Regine Lemke bereits unterwegs nach Bozen, von dort geht es mit dem Fahrrad weiter: nach Venedig. Buon viaggio!