Heiner Link

Gedenklesung in München für Heiner Link

31. Mai 2012
von Börsenblatt
Für den Schriftsteller Heiner Link fand gestern in München eine Gedenkveranstaltung statt. Seine Tochter und die Autoren Julia Franck, Ralf Bönt, Arno Geiger, Andreas Neumeister, Norbert Niemann und Georg M. Oswald lasen aus seinen Texten.

Am 30. Mai 2002 starb der Schriftsteller Heiner Link mit nur 42 Jahren bei einem Motorradunfall. Den großen Erfolg seines letzten Romans "Frl. Ursula" (Rowohlt) erlebte er nicht mehr. "Tot ist der Tote nur unter Toten", so lautete das Motto eines Gedenk-Abends mit Barbetrieb und DJ-Service gestern im Münchner Festivalzentrum "Import Export", einem früheren türkischen Gemüseladen in Bahnhofsnähe.

Die mit Heiner Link befreundeten Autoren Julia Franck, Ralf Bönt, Arno Geiger, Andreas Neumeister, Norbert Niemann und Georg M. Oswald lasen aus seinen Texten. Die Geschichten altern gut: nach elf Jahren und mehr klingen sie manchmal wie erst vor kurzem verfasst.

Frauen, Sport, Alkohol und Geld, das seien die zentralen Themen in Heiner Links Werk, stellte Georg M. Oswald fest, der durch den Abend führte. Aber da kam noch viel mehr zur Sprache: Arno Geiger beispielsweise erinnerte an die Begegnung mit einer Hexe, die in dem Buch "Alles auf Band. Ein Drama" (Deuticke) festgehalten wurde. "Sie war sofort da: die Verwertungsneurose, von der ja die meisten Schriftsteller befallen sind. Man lernt einen ungewöhnlichen Menschen kennen, und der erste Gedanke ist, etwas daraus zu machen. Präziser formuliert: einen Text zu produzieren. Eine ruinöse Praktik, übrigens auch sich selbst gegenüber", schrieben Link und Geiger 2001 im Nachwort.

Auf dem Foto sind nicht alle Akteure des Abends zu sehen. Auch Heiner Links Tochter Franziska las einen Text vor, den wohl nur Töchter vorlesen dürfen, weil der Vater darin darüber nachdenkt, warum sie keine Prinzessin ist und genau weiß, dass sie ja viel mehr als das ist - und weil das Kind selbst damals dem Vater viele Worte, witzige Widerreden für die Geschichte schenkte.

Auch Michael Lentz ist nicht auf dem Bild: seine Professur ließ die Reise nach München nicht zu, aber er schickte einen bislang unveröffentlichten Text, den er für diesen Abend geschrieben hat, Erinnerungen an eine Bahnfahrt mit Heiner nach Klagenfurt: ein Dialog über den Literaturbetrieb. Am Ende ging Heiner leer aus und Michael gewann den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Marcel Hartges, Helmut Krausser und andere mussten kurzfristig absagen. Trotzdem war die Stimmung fabelhaft und zuletzt hatte niemand aus "Frl. Ursula" vorgelesen. Jeder dachte, der andere würde das schon machen. Nicht nur deshalb steht jetzt der Vorsatz im Raum, jedes Jahr am 30. Mai auf diese Weise an Heiner Link zu erinnern.

NB