Hilfestellung bei problematischen Chefs

Gorillas mit Krawatte

31. Januar 2017
von Börsenblatt
Der Chef spinnt – das sagt und hört man oft am Arbeitsplatz. Was aber tun, wenn der Chef wirklich zum Störfaktor wird? Dann sollte man eine Strategie parat haben.

Chef wird leider nicht immer derjenige, der am meis­ten Erfahrung hat oder sich vom Charakter her am bes­ten dafür eignet. Das hat zur Folge, dass unzählige Flachpfeifen im Job sagen, wo es langgeht: Trottel, Tyrannen, Liebeskranke, Wegrationalisierer und, und, und. Zum Glück haben Timo Hinrichsen und Boris Palluch Lösungsvorschläge ­parat, in "Wenn mein Chef Chef spielt" (Linde, 192 S., 19,90 Euro). Ihr Erstlingswerk "Als unser Kunde tot umfiel ..." richtete sich noch an Führungskräfte. Das neue Buch – Untertitel »Survival Guide für Angestellte« – versammelt 16 typische Krisensituationen, die man mit dem Häuptling erleben kann, dazu gibt’s die entsprechenden Ratschläge der Berater, im normalen Leben Gründer und Geschäftsführer der Lösungsfinder GmbH.

Unterteilt in die drei Kapitel "Über Leichen", "Unter Narren" und "Außer Kontrolle" werden verschiedene Fälle verhandelt – etwa wenn ein Chef neu als Sanierer ins Unternehmen kommt und "mittels Brandrodung kurzfristig Erfolg erzeugen und eine Brache zurücklassen" wird. Ein klassischer Karrierenomade, vom obersten Management installiert und flankiert von einem McKinsey-esken Berater, der im Büro wohnt, solange der Chef da ist.

Auch von Bossen mit Kontrollzwang oder Schulungsfieber ist die Rede. Und schließlich vom Friseursalon-Inhaber, der ­einer Mitarbeiterin mit Blumengeschenken nachstellt und ­immer aufdringlicher wird.

Dass allen Beispielen reale Fälle zugrunde liegen, ist nicht schwer zu glauben. Im Großen und Ganzen wirkt die Sammlung wie ein Best-of aus "Stromberg" – alles schon mal dagewesen im geschlossenen Gehege namens Firma, in dem sich nicht selten Chefs tummeln, die vom Verhalten her eher einem Gorilla mit Krawatte gleichen. Insofern trifft das Cover – King Kong im Anzug – voll ins Schwarze.

Die Tonalität schwankt zwischen Witz und Ernst, zwischen "Stromberg" und Betriebsrats-Sprechstunde, und wirkt dadurch oft etwas unentschlossen. Auch der Aufbau ist auf Dauer etwas mühsam: Am Anfang steht immer ein Schreiben an die Lösungsfinder, in dem das Beispiel dargestellt und um Hilfe gebeten wird. Es folgt ein Zwiegespräch zwischen den Autoren, in dem sie das Problem diskutieren und mit eigenen Erfahrungen anreichern. Dann kommen die Ratschläge, wie man als Angestellter am besten reagiert und zum Schluss noch das Antwortschreiben an den Ratsuchenden. Hier fehlt die Trennschärfe, sodass die Lösungsbeschreibungen manchmal aufgebläht wirken.

Immer wieder ziehen die Autoren Analogien, um ihre Vorschläge zu veranschaulichen. Den Anfeindungen des Chefs etwa könne man begegnen wie einem Grizzly (totstellen) oder wie einem Braunbären (bestimmt und aggressiv reagieren). Meistens raten sie aber zu längerfristigem, besonnenem Verhalten: Beweggründe des Chefs hinterfragen, eigene Schlüsse ziehen, Strategie zurechtlegen und die Situation am Ende vielleicht sogar gewinnbringend für sich oder die ganze Abteilung nutzen. Allein: In der Hektik der Arbeitswelt wird es oft schwerfallen, sich so viel Grübelei und Taktik zu gönnen.

Und so schlucken die meisten von uns den Ärger doch wieder runter, ertragen die Orientierungslosigkeit des Chefs oder wimmeln seine Avancen stets aufs Neue ab. Es bleibt der Trost: Im Zeitalter des Kults um flache Hierarchien sind Chefs sowieso bald ausgestorben. Wahrscheinlich noch vor den Gorillas.