Hintergrund

Print-on-Demand: Markt der Möglichkeiten

8. Oktober 2009
von Börsenblatt
Ruck, zuck – und das Buch ist im Druck: Über Print-on-Demand diskutiert die Branche seit Jahren. Die Vorteile mögen auf der Hand liegen, doch so richtig in Schwung gekommen ist das Geschäft bislang nicht. Könnte die Espresso Book Machine hier neue Impulse setzen? Fest steht: Jetzt schalten die großen Player einen Gang höher ...

Der Weg vom Manuskript zum gedruckten Buch wird immer kürzer. Und seit es die Espresso Book Machine (EBM) gibt, können auch Buchhandelskunden ohne lange Wartezeiten einen Titel ausdrucken lassen und als gebundenes Exemplar direkt mit nach Hause nehmen.

On Demand Books, der amerikanische Hersteller, arbeitet an der Druckmaschine bereits seit gut fünf Jahren – teils aus visionärem Eifer und teils aus unternehmerischem Kalkül. Weltweit wurde die EBM bis heute 13-mal aufgestellt, vor allem in den USA, aber auch in Ägypten, Australien, Großbritannien und Kanada. Die Bilanz ist augenscheinlich mager, jedoch tut On Demand Books einiges, damit sich das ändert:

  • In den nächsten Monaten werde die EBM an weitere zehn Buchhandlungen ausgeliefert, meldet das Unternehmen – und zwar in den USA, in Australien und Kanada (siehe auch Interview mit Geschäftsführer Dane Neller, hier).
  • Den Absatz der EBM in Schwung bringen dürfte zudem der Deal mit Google. Wie berichtet, hat der Suchmaschinen-Betreiber copyrightfreie Werke aus seiner Datenbank für den Vertriebsweg EBM freigegeben (siehe Meldung vom 17. September 2009, hier).


Um die Verbreitung der EBM kümmert sich On Demand Books jedoch nur in den seltensten Fällen selbst: Dafür ist Lightning Source zuständig. Das Unternehmen gehört zur Ingram Book Company, dem größten Zwischenbuchhändler in den USA, ist auf Print-on-Demand (PoD)-Dienste spezialisiert – und wächst längst auch jenseits der US-Grenzen. Die EBM nimmt Lightning Source per Huckepack mit.

Daran, dass die Ingram-Tochter im B2B-Geschäft ihre Königsdisziplin sieht, ändert das aber nichts: Gedruckt wird nach wie vor in erster Linie für Verlage, nicht im Auftrag von Endkunden. Rund 100.000 Titel sind derzeit gespeichert (Backlist und vergriffene Bücher), um sie auf Wunsch – on demand – in Buchform verfügbar zu machen; mit dabei sind unter anderen John Wiley & Sons, McGraw-Hill, Simon & Schuster, Macmillan und Norton. Beim Vertrieb der Titel fährt Lightning Source also generell zweigleisig: Der Dienstleister unterhält eigene Druckereien, liefert aber auch via EBM aus.

Hachette hat das Potenzial offenbar erkannt. Der Verlag fungiert für Lightning Source jetzt als Türöffner in den französischen Markt. Erst vor wenigen Wochen gründeten die Partner ein Joint Venture, genauer: einen PoD-Dienst für Verlage. Der Service soll im Auslieferungszentrum von Hachette Livre in Maurepas bei Paris angesiedelt werden. EBMs aufzustellen sei in Frankreich aber nicht geplant, so Lightning Source-Chef David Taylor (siehe Interview, hier).

Doch zurück zum Schnelldruck im Laden und der EBM: Als Partner für den deutschen Markt favorisiert On Demand Books die Libri-Tochter Books on Demand (BoD). Als die Firmen im Juli 2008 eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten, ging ein Raunen durch die Branche. BoD-Geschäftsführer Moritz Hagenmüller sprach in puncto EBM von einer »echten Chance für den Buchhandel« – und kündigte an, dass »bis zur Frankfurter Buchmesse die erste Installation« in Deutschland zu besichtigen sein werde (siehe: Interview vom 18. Juli 2008, hier).

Daraus geworden ist bislang nichts: »Die Absichtserklärung ist an keine Termine gebunden«, erklärt Hagenmüller heute. »Wir sind mit On Demand Books weiterhin im Gespräch.« Über die Details schweigt der Manager. Dabei ist der Handel durchaus an PoD-Diensten a lá EBM interessiert. Valora druckt bereits internationale Presse aus (siehe Meldung vom 13. Oktober 2008, hier), bei Thalia hält der digitale Zeitungsdruck morgen in Weiterstadt Einzug.

Ob Endkundengeschäft oder Printlösungen für Verlage – bislang hat kein ausländischer Anbieter den deutschen PoD-Markt aufgemischt, nicht einmal Amazon (PoD-Start in Deutschland: 2008). »Für uns ist 2009 in jeder Hinsicht ein Rekordjahr«, zieht Hagenmüller für Marktführer BoD Bilanz: »Immer mehr Verlage etablieren PoD als festen Bestandteil ihrer Wertschöpfungskette.«

Der Trend ist klar – und wird nun auch von Langenscheidt mitgestaltet. Drei Fachwörterbücher lässt der Verlag seit August auf Nachfrage fertigen (Partner: Digitaldruck Deutschland). »Wir sind dabei, PoD als Standard-Option in die Produktentwicklung einzubinden«, so Almut Walch aus der Redaktion des Fachverlags. Walch zufolge gehe es darum, gedruckte und elektronische Ausgaben eines Titels inhaltlich auf dem gleichen Stand zu halten, Kosten zu drücken und »Exoten eine Chance zu geben«.

Ein weiterer Trend geht Richtung Individualbuch. Beispiel Gräfe und Unzer: Wie berichtet, hat der Ratgeberverlag im Mai seine Community kuechengoetter.de um eine Druckstufe erweitert. Aus 20.000 Rezepten können Kochbegeisterte sich über das Portal ein persönliches Kochbuch zusammenstellen, drucken und binden lassen, mit einem individuellen Umschlag. Die Umsetzung des „Cookbook-on-Demand“ übernimmt die buch bücher dd ag aus dem fränkischen Birkach – die ohnehin ihren Schwerpunkt beim Digitaldruck gerade von Klein- auf Kleinstauflagen verlagere, wie Pressesprecher Jochen Zerbes sagt. »Bis hin zu Auflage 1«.

Die zweite Neuigkeit, mit der die Birkacher kurz vor der Frankfurter Buchmesse jetzt herausrücken: Sie haben einen zweiten Standort im schweizerischen Pieterlen eröffnet. Dort sitzt der größte Kunde, der Wissenschaftsverlag Peter Lang. Neues Wachstum, jenseits der Grenzen Deutschlands? Darin sehen auch andere Chancen: Erst gestern verkündete Marktführer BoD, das man die Fühler nun nach Schweden ausstrecke ...

Der Applaus mag lauter werden, die Rolle, die PoD spielt, bleibt aber vorerst marginal. »Der Markt startet gerade erst durch«, betont Ralf Schlözer, Marktforscher bei Infotrends. Derzeit würden fünf Prozent aller Bücher in Europa per PoD hergestellt, rechnet der Berater vor. Seine Prognose: Das Druckverfahren sei weiter im Aufwind, »bis 2014 wird sich der Marktanteil verdoppeln«.


PoD-Dienstleister auf der Frankfurter Buchmesse 2009
(Auswahl)

  • Books on Demand (D; Libri),  Halle 3.0, D 161
buch bücher dd (D), Halle 4.0, A 1325
  • Digital Print Group O. Schimek, (D) Halle 4.0, C 1347
  • 
Druckmeister Kurz / e. kurz + co Druck- und Medientechnik (D), 4.0 A1340
  • Lightning Source (USA; Ingram), Halle 8.0, M 9027
  • On Demand Books (USA), Halle 8.0, L 903
  • Shaker Media (D), Halle 4.2, E 442