Den mit 5000 Euro dotierten Hauptpreis erhielt der Weidle Verlag (Bonn) für die Novelle „Die Manon Lescaut von Turdej“ von Wsewolod Petrow. Dem Spross einer Petersburger Adelsfamilie und sowjetischem Kunsthistoriker (1912-1978) gelang mit der 1946 entstandenen, jedoch erst 60 Jahre später posthum veröffentlichten Erzählung einer der schönsten Prosatexte der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Mutig, mal wieder einen Autor auszuzeichnen, der keine TV-Auftritte mehr absolvieren kann.
Ins Deutsche wurde er in einer Art konzertiertem Familien-Unternehmen gebracht: Die Übersetzung stammt vom 1988 in Leningrad geborenen, 1991 mit seinen Eltern nach Deutschland übergesiedelten und derzeit in Frankfurt studierenden Daniel Jurjew. Die Eltern sind keine geringeren als Oleg Jurjew und Olga Martynowa, die letztjährige Bachmannpreis-Gewinnerin („Mörikes Schlüsselbein“). Von Oleg stammt das Nachwort, Olga steuerte einen Stellenkommentar bei.
„Wir wollten schon immer ein Buch mit den beiden machen“, witzelte Verleger Stefan Weidle. „Jetzt mussten wir halt warten, bis ihr Sohn alt genug ist.“ – „Eine Bilderbuchfamilie“, tremolierte Moderator Carsten Otte, als der Preisverleihungs-Vorhang fallen und die heuer von türkischen DJs bespielte Party schon in die Startlöcher gehen wollte. Ein rosarot nettes, in diesem Fall aber in die Irre führendes Bild, das vom philologisch gestrengen Oleg Jurjew flugs präzisiert wurde: „Eine Wörterbuch-Familie“.