Interview

ekz-Chef Jörg Meyer: "Bibliotheken brauchen starke Partner"

21. April 2011
von Börsenblatt
Öffentliche Bibliotheken müssen sparen – und lassen sich gern von der Einkaufszentrale in Reutlingen (ekz) beliefern. Spielt das Sortiment bald nur noch die Rolle des Lückenbüßers? Ein Interview mit ekz-Geschäftsführer Jörg Meyer, über Rationalisierungdruck, neue Geschäftsfelder und den Faktor Nähe.
Öffentliche Bibliotheken scheinen dem ekz.bibliotheksservice immer häufiger den Vorzug zu geben. Verliert der Buchhandel als Bezugsweg an Bedeutung?  
Meyer: Das sehe ich nicht. Nach meinem Kenntnisstand beziehen öffentliche Bibliotheken im Schnitt rund drei Viertel ihrer Bücher vom Buchhandel, vor allem von inhabergeführten Sortimenten vor Ort. An dieser Quote dürfte sich auch künftig wenig ändern.

Warum?
Meyer: Bibliotheken legen größten Wert darauf, den lokalen Buchhandel zu stützen.

Und was spricht dann für eine Bestellung beim ekz?
Meyer: Die Vielzahl an Dienstleistungen. Wir besorgen Bücher und Non-Books aus dem In- und Ausland, wir nähen, zum Beispiel, aber auch Buchrücken bei Taschenbüchern, kleben bibliothekarische Signaturen auf und versehen die Produkte mit RFID-Etiketten. Besonders gern nutzen Bibliotheken zudem unseren Informationsdienst, den wir gemeinsam mit dem Deutschen Bibliotheksverband und dem Berufsverband Information und Bibliothek im Rahmen einer sogenannten Lektoratskooperation erstellen.  Pro Jahr werden 14.000 Titel bibliothekarisch rezensiert und bewertet, diesen Dienst kann jede Bibliothek bei uns abonnieren. Darüber hinaus erstellen wir für jeden Titel Datensätze nach den gängigen bibliothekarischen Regeln, bieten mit der „Onleihe“ eine digitale Bibliothekslösung und liefern auch ISO-zertifizierte Bibliotheksmöbel.

Wie viele Bibliotheken sind Ihre Kunden?
Meyer: Insgesamt hat die ekz rund 10.000 Kunden in Europa, dazu zählen aber auch wissenschaftliche und Firmenbibliotheken.

Welche Rolle spielt für Sie, dass Bibliotheken sparen müssen?
Meyer: Ganz grob gesagt, besteht der Etat einer öffentlichen Bibliothek zu 90 Prozent aus Personalkosten. Wird hier gespart, können Bibliotheken gar nicht mehr alle Dienstleistungen allein erbringen – und brauchen deshalb einen Partner mit bibliothekarischem Know-how.

Wie entwickelt sich Ihr Geschäft?
Meyer: Weitgehend stabil. 2009 lag unser Umsatz bei knapp 42 Millionen Euro – ein zufriedenstellendes Ergebnis. Aber auch für uns ist eine 100-prozentige Abhängigkeit von öffentlichen Geldern sehr gefährlich: 2010 ging unser Umsatz zurück, aufgrund der Wirtschaftskrise und der erneut geschrumpften Etats.

Wie beurteilen Sie die Perspektiven der ekz?
Meyer: Bibliotheken sind und bleiben ganz sicher unser Kernmarkt. Im Ausstattungsbereich haben wir durch unsere Akquisitionen der easycheck GmbH und der Noris Verpackungssysteme das Zubehörgeschäft gestärkt, insbesondere im Bereich RFID. Insgesamt beschäftigen wir mehr als 260 Mitarbeiter in Deutschland. Die ekz ist in besonderer Weise von den Bibliotheken abhängig und dies viel mehr als jede Buchhandlung: Wir haben keine Privatkunden, mit denen wir Umsatzrückgänge kompensieren können. Vor diesem Hintergrund fühle ich mich auch persönlich verpflichtet, die ekz weiterzuentwickeln und für unsere Gesellschafter – zu denen auch ein Drittel Kommunen gehören – einen guten Ertrag zu erwirtschaften.

Anfang des Jahres haben Sie von Diderot-Media die Soforthoeren-Portale übernommen. Ihr Ziel?  Meyer: Damit wenden wir uns jetzt dem digitalen Endkundengeschäft zu, um insbesondere unser Engagement und die notwendigen Investitionen für die Onleihe stabil halten zu können – zum Beispiel, was die Erstellung von „Apps“ für mobile Geräte angeht.