Interview mit Bernd Zanetti, Geschäftsführer der Akademie der Deutschen Medien

"Weiterbildung wird immer mehr Teil unseres Alltags"

12. Juli 2018
von Börsenblatt
Der Bedarf an Weiterbildung ist enorm – vor allem angesichts eines Digitalisierungsprozesses, der per se nie an ein Ende kommen wird. Gleichzeitig ringen die Anbieter um Marktanteile. Wie es die Akademie der Deutschen Medien in den vergangenen 25 Jahren geschafft hat, weiter zu wachsen, sagt ihr Geschäftsführer Bernd Zanetti im Interview.

Der Markt für Weiterbildung in der Medienbranche ist umkämpft. Ist ein Ende des Wachstums in Sicht – oder sehen Sie auch für die kommenden Jahre Potenzial?
Da ist durchaus noch Potenzial vorhanden, auch wenn der Markt stark umkämpft ist. Man braucht eben einzigartige Seminarprodukte, und die Qualität muss stimmen. Dadurch, dass die Digitalisierung noch lange nicht am Ende angelangt ist und ständig neue Technologien aufkommen, wird es auch in Zukunft einen Bedarf an neuen Weiterbildungsangeboten geben.

Hat sich die Öffnung der früheren Buchhandelsakademie für benachbarte Branchen ausgezahlt?
Sehr. Wir sprechen schon seit über zehn Jahren andere Branchen an, insbesondere andere Medienbranchen, aber auch Corporate Publisher und Content-Marketer. Inzwischen hat sich gezeigt, dass es bei den Anforderungen an die unterschiedlichen Medienbranchen eine große Schnittmenge gibt. So gesehen, war es eine logische Konsequenz, sich zu öffnen.

Was erwarten die Kunden von einer Medienakademie heute? Ist der Erwartungsdruck größer geworden?
Ja. Da wir uns alle kontinuierlich fortbilden müssen, wird die Weiterbildung immer mehr zum Teil unseres Alltags und auch unserer Freizeit, weil sie nicht nur während der Arbeitszeit stattfinden kann. Seminare müssen heute interaktiver und spannender sein, um die Teilnehmer wirklich zu erreichen. Und es müssen die richtigen Themen und aktuelle Inhalte sein.

Welche Kompetenzen müssen Sie intern aufbauen und stärken, um steigenden Anforderungen gewachsen zu sein?
Alle Kollegen müssen in bezug auf die digitalen Themen und neuen Anforderungen im Marketing weiterentwickelt werden. Dazu kommt, dass man wesentlich mehr Technik-Kompetenz braucht als früher.

Nehmen Sie und Ihre Mitarbeiter selbst an Schulungen und Workshops zum Thema Weiterbildung teil?
Ja, natürlich. Jeder unserer Mitarbeiter hat ein Weiterbildungsbudget, das er nutzen kann. Dafür besuchen wir auch unsere eigenen Seminare zur Methodik und zu Digitalthemen – und das verfolgen wir sehr konsequent jedes Jahr.

Welche Veranstaltungsformate, Seminare und Kursangebote laufen besonders gut?
Vor allem die digitalen Themen, aber auch Klassiker wie Projektmanagement, Führung oder Lektorat.

Wollen Sie das Angebot an Zertifikatskursen weiter ausbauen?
Mit Sicherheit – schon alleine deshalb, weil sich die Arbeitswelt ständig weiterentwickelt. Wenn neue Berufsbilder entstehen, dann braucht es da auch entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir haben sicher nicht alle Themen abgedeckt, die denkbar wären. Da wird es in Zukunft weitere Angebote von uns geben.

Hat sich die klassische Konferenz – zum Beispiel zum Thema E-Book – inzwischen totgelaufen?
Nein, sonst würden wir sie nicht mehr im Programm haben. Die Aktualität des Themas E-Book ist natürlich nicht mehr so brennend, wie sie vor einigen Jahren war. Deshalb haben wir die Themenpalette inzwischen ausgeweitet und beschäftigen uns mit der Frage, welche digitalen Inhalte in welchem Format wie funktionieren. Mit dieser Ausrichtung funktioniert die Konferenz immer noch sehr gut.

Wie entwickelt sich das Inhouse-Programm, das sie Unternehmen und Institutionen anbieten?
Wir sind damit sehr zufrieden. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die Unternehmen einen großen Weiterbildungsbedarf bei vielen Mitarbeitern haben, und andererseits individuelle Lösungen an Bedeutung gewonnen haben. Das Spektrum reicht vom einfachen Bildrechteseminar bis zur Begleitung von Transformationsprojekten.

Wie groß ist dieses Geschäftsfeld inzwischen?
Es macht etwa ein Viertel bis ein Drittel der gesamten geschäftlichen Aktivitäten der Akademie aus.

Mit welchen Vermittlungs- und Interaktionsformen wollen Sie experimentieren? Wird es auch einmal ein Barcamp geben?
Ein Barcamp gab es noch nicht, da hätten wir mit der Refinanzierung ein Problem und bräuchten viele Sponsoren. Was wir machen, sind Netzwerkveranstaltungen mit dem Ziel, die Verlags- und Medienbranche mit anderen Branchen zusammenzubringen, zum Beispiel mit der Versicherungsbranche. Dazu hatten wir im vergangenen Jahr zwei Veranstaltungen. Außerdem realisieren wir immer wieder internationale Projekte, zum Beispiel in Indien. Da lernen auch wir viel dazu. – Generell kann man sagen, dass die Vermittlungsformen inzwischen sehr interaktiv geworden sind. Die Teilnehmer werden viel stärker beteiligt als vor zehn bis 15 Jahren.

Die Buchbranche erlebt einen Umbruch, der gesellschaftspolitische Implikationen hat (siehe Käuferstudie). Gibt es Workshops oder Seminare, mit denen Sie im Sinne einer Krisenintervention auf aktuelle Probleme in der Branche reagieren können?
Auf gesellschaftliche Entwicklungen können wir natürlich keinen Einfluss nehmen, wir können auch keine Leser herbeizaubern. Die Verlage und auch die Buchhändler wissen, dass ein Knackpunkt die nicht ausreichend intensive Beziehung zum Endkunden ist. Dazu bieten wir eine ganze Reihe von Seminaren an, die dabei helfen, stärker nach den Kundenbedürfnissen zu fragen. Nicht nur in bezug auf die Produkte, sondern insbesondere auch bei der Vermarktung und bei der Kommunikation mit den jüngeren Zielgruppen.

Wie steht es mit der Bereitschaft der Unternehmen, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren?
Das ist sehr individuell, das hängt von den Häusern ab. Da gibt es sehr große Unterschiede. Insgesamt würde ich sagen: Die Bereitschaft hat zugenommen, für die unternehmensrelevanten Themen Geld in Weiterbildung zu stecken. Das spüren wir auch beim Wachstum. Wir haben ein ausgeglichenes Ergebnis. Als gemeinnütziges Unternehmen haben wir nicht das Ziel, eine Rendite zu erwirtschaften, sondern wollen die Medienbranche bei der digitalen Transformation begleiten.

Wie ist die Akademie seit ihrer Gründung vor 25 Jahren gewachsen?
1998 hatten wir 500 Teilnehmer im Jahr, inzwischen sind es 4.000. Da ist schon ein deutliches Wachstum festzustellen. Das Bewusstsein für Weiterbildung in diesen Zeiten ist viel größer geworden, und die Digitalisierung, die noch an Momentum gewonnen hat, hat wesentlich dazu beigetragen. Für uns als Akademie war entscheidend, dass wir frühzeitig andere Zielgruppen angesprochen haben.

Haben Sie Ihr Team im Laufe der Jahre aufgestockt?
Alle Volontäre und mich eingerechnet besteht das Team aus 14 Mitarbeiter. Das sind mehr als zu Beginn, aber die Zahl ist in den letzten Jahren nicht gestiegen.

Gab es in den vergangenen 20 Jahren technologische Entwicklungen, die sie überrascht haben?
Die meisten haben sich lange vorher abgezeichnet, aber manchmal dauerte es doch sehr lang, bis sie stattfanden. Letztendlich sind wir technologiegetrieben – ein Beispiel ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Journalismus.

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