Interview mit Daniel Gremm

How to do Facebook

15. Dezember 2011
von Börsenblatt
Daniel Gremm ist Social Media Dozent. Auf boersenblatt.net verrät er, wie man durch Facebook Kunden bindet.

U.a. ist Gremm in dieser Funktion an der Akademie des Deutschen Buchhandels und der IHK-Akademie München tätig. Er bietet auch Fortbildungen und Seminare für Verlage und den Buchhandel an.  

Wie viel Zeit muss ein Buchhändler zur Pflege seines FB-Accounts veranschlagen?
Das hängt stets von eigenen Zielen ab. Nebenbeinutzer brauchen natürlich weniger Zeit als User, die auf diesen Umsatz maßgeblich angewiesen sind. Formeln wie „Eine Stunde pro Woche“, die man so häufig hört, sind aber Quatsch. Jedes Geschäft und jeder Kunde sind individuell. Als Faustregel lässt sich jedoch sagen: Je mehr Ertrag man über Social Media generieren will, desto mehr Zeit muss man auch investieren. Klar ist: Fünf Minuten vor Feierabend reichen nicht aus. Die eigentliche Frage muss aber lauten: Wie viel Zeit möchten Sie in Ihre Kunden investieren? Der Kunde ist in der Online-Welt ja genauso wichtig wie in der realen Welt.

Gibt es klassische Fehler bei der Facebook-Nutzung?
Ja. Social Media ist ein anderer Kanal als ein Newsletter oder eine Website. Man muss es als bidirektionales Kommunikationsinstrument nutzen: Der Kunde ist auf Augenhöhe. Der Buchhändler soll ihn nicht bloß mit Informationen füttern, sondern mit ihm den Austausch suchen. Darum empfiehlt es sich auch, als konkretes Gesicht und nicht als Firma XY zu agieren: Möchte die Buchhandlung das nicht, sollte in der Unterhaltung mit dem Kunden unter den Firmen-Postings zumindest der eigene Name stehen.

Wen lässt man besser ran bei der Verwaltung des Facebook-Accounts? Die Jungen, die Junggebliebenen oder doch den Chef?
Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Folgende drei Punkte sind wichtig: Es muss jemand sein, der,

  1. kommunizieren kann,
  2. kommunzieren will,
  3. und der 100 Prozent Vertrauen der Geschäftsführung genießt.

Bringt man diese drei Punkte zusammen, bleibt da häufig nur der Chef selbst übrig. In der Realität machen es aber häufig die jungen Leute. Ein Nachteil entsteht hier, wenn die sogenannten „Digital Natives“ sich nicht darüber bewusst sind, dass private und geschäftliche Facebook-Nutzung nur in begrenztem Maß gemeinsame Schnittmengen haben. 

Viele Buchhändler fragen sich: "Was soll ich denn überhaupt posten?" Was ist sinnvoll, was weniger?
Typische Beispiele wären etwa Neuerscheinungen, Veranstaltungshinweise, Buch-Tipps, Buchtrailer von Verlagen. Für Buchhandlungen an sich ist es generell sinnvoll, sich hier auf Facebook zu engagieren. Sie sind sehr gut für Social Media geeignet, wegen ihres hohen Endkundentkontakts, von dem sie ja schließlich leben. Der Buchhändler muss sich fragen, was seine Kunden konkret interessieren könnte. Als Faustformel für eine Facebook-Unterhaltung kann gelten: "Wie am Telefon". Das Gespräch ist keine Einbahnstraße.

Kann man Kunden, die heute im Internet (etwa bei Amazon) bestellen, durch Social Media-Aktivitäten zurückzugewinnen?
Ja, eindeutig. Große Buchhändler wie Amazon haben zwar insgesamt das größere Angebot mit den günstigeren Preisen, aber Ihnen fehlt der immer wichtiger werdende Endkundenkontakt und das Wissen um deren Interessen und Bedürfnisse. Hier können und sollten Buchhändler ihre Vorteile nutzen und intensiver – vor Ort wie auf den Social Media Plattformen – mit dem Kunden ins Gespräch kommen. Das ist zwar kurz- wie langfristig sehr zeitaufwändig, zahlt sich aber letztlich in Umsatz und Ertrag wieder aus. Wer andernfalls kurzfristig zu penibel auf die klassische ROI Definition - Return of Investment - schaut und Social Media aus seinen Aktivitäten ausgrenzt, wird langfristig die Auswirkungen der modernen ROI Definition - Risk of Ignoring – zu spüren bekommen.

Gibt es hier eine bestimmte Zielgruppe, z.B.  junge Menschen?
Nein. Die Zeit, in der Social Media kategorisiert werden konnte, beispielsweise nach Alter, Einkommen oder Bildungsgrad, sind vorbei. Am Beispiel von Facebook, mit ca. 22 Mio. Mitgliedern allein in Deutschland, kann jeder dies gern selbst versuchen. Social Media ist längst in der Breite der Gesellschaft angekommen. Jeder nutzt die Social Media Plattform(en), die für ihn und seine Interessen passen. Es ist deshalb genauso töricht zu sagen, Facebook sei für jeden sinnvoll und passend, wie das Gegenteil zu behaupten. Es kommt auf die eigenen Ziele an und darauf, ob die Zielgruppe dort vertreten ist. Tausende von Social Media Plattformen stehen letztlich zur Auswahl, nicht nur Facebook.

Ist es sinnvoll lustige Links oder Filmchen zu posten oder ist das ein Don't?
Für Buchhandlungen mit vielen lustigen Büchern ist das sicher sinnvoll, ansonsten ist die Verengung auf das Lustige aber eine Beschränkung auf nur eine einzige Facette. Man muss das eigene Angebot gut kennen und das Interesse des Kunden. Ob Videos, Text oder Fotos gepostet werden, ist an sich nicht so wichtig.

Gibt es eine also Zauberformel für den Erfolg?
Das Ziel muss es sein, Kunden zu binden und zu gewinnen. Das bedeutet, dass man die Kunden mit "Appetizern" zunächst ködern muss. Das Ziel muss aber letztendlich der Austauch mit dem Kunden sein. Es gibt also zwei Phasen in der Kommunikation:

  1. Animieren um Nutzer zu aktivieren
  2. Wenn die Nutzer dann kommunizieren , sich als Moderator einbringen. Es geht nur im Nebenpunkt darum, sich selbst zu präsentieren, sondern darum, die Kunden zum Austausch zu bringen – auch untereinander.
Der Vertriebserfolg kommt dann indirekt zustande. Die viele investierte Zeit ist also letztlich sehr effizient investierte Zeit.

 

Fragen: Kai Mühleck