Interview mit Geschäftsführer Bobby Chang

Rapidshare plant eigenen Inhalte-Shop

1. April 2010
von Börsenblatt
Neben iTunes und Amazon möchte auch der Filehoster Rapidshare ein Stück vom digitalen Content-Kuchen abschneiden. Mit dem neuen Modell "RapidTainment" soll Geld mit legalen Inhalten gemacht werden.

Verschiedene Blogs schreiben, dass Sie an einem Online-Shop arbeiten. Geplant sei, Links zu urheberrechtlich geschützten Inhalten auf den Laden umzuleiten. Stimmt das?
Bobby Chang: Ja, wir arbeiten schon länger an einer Plattform, auf der man Content von den Rechteinhabern erwerben kann. Links, die auf urheberrechtlich geschütztes Material verweisen und von uns gelöscht werden, können wir so auf Wunsch der Rechteinhaber in den Shop umlenken. So laufen die Anfragen nicht ins Leere.

Mit welchen Unternehmen sind sie im Gespräch?
Mit Warner Brothers haben wir schon einen Vertrag. Es geht darin in erster Linie um Filmtrailer und im zweiten Schritt um den Verkauf von Filmen. Mit anderen Unternehmen sind wir in Verhandlung, Namen können wir aber noch nicht nennen.

Und in der Buchindustrie?
Da sind wir ebenfalls in Gesprächen. Wir haben aber noch keinen Vertrag, der in trockenen Tüchern ist.

Wäre das ein neues Geschäftsmodell zusätzlich zum Filehosting, so etwas wie ein zweites iTunes mit entsprechenden Margen?
Filehosting wird unser Kerngeschäft bleiben. Das neue Modell RapidTainment sehen wir als Chance für Rechteinhaber, einen möglichen Käufer direkt bei der Produktrecherche abzuholen. Wir agieren weltweit und haben entsprechend viele Nutzer, die auf der Suche nach einem bestimmten Inhalt sind. Anders als bei iTunes geht es bei uns aber nicht nur um Musik und Filme, sondern um jede Art von Content, auch Bücher. Zur Vergütung: Natürlich wird unser Service auch vergütet, unsere Kosten müssen auch gedeckt werden. Aber dieser Punkt steht momentan nicht im Mittelpunkt.

Gibt es schon einen Zeitplan?
Bis der Shop steht, wird es noch einige Zeit dauern. Es gibt noch einige technisch Aspekte, die geklärt werden müssen. Zudem wird es einen Site-Relaunch geben.

Rapidshare mußte mehrere juristische Schlappen einstecken, gegen die Gema genauso wie gegen die Deutsche Buchindustrie. Der Druck, härter gegen Raubkopierer vorzugehen, wächst. Wie gehen Sie damit um?
Wir setzen um, was das Gericht vorschreibt. Es ist aber so, dass diese Maßnahmen das Problem nicht lösen. Wir löschen Links, danach taucht das Werk wieder in einem anderen Rapidshare-Link auf. Dann gibt es eine neue Klage, eine neue Verhandlung, und das geht weiter bis zum St. Nimmerleins-Tag. Deshalb wollen wir eine Entscheidung vom BGH, die für alle anderen Gerichte, also Landesgerichte und Oberlandesgerichte, eine Weisungsfunktion hat und die ganz klar definiert, was unsere Verpflichtung ist. Allerdings glauben wir, dass es einen deutlich effektiveren Weg gibt, Raubkopien zu verringern.

Und der wäre?
... mit den Contentinhabern zu kooperieren und neue Angebote zu schaffen. Die User suchen irgendwas, was sie sonst nicht kriegen. Klar ist auch: Mit dem Produkt selbst verdient der Produzent in der digitalen Welt nicht mehr das, was er früher verdient hat. Die Musikindustrie hat lange gekämpft, sagt aber jetzt, wir machen das Geld gar nicht mehr mit der Musik selbst, sondern mit Add-Ons, etwa mit Special Editions oder Konzerten.

Nine Inch Nails haben ihr ganzes Album kostenlos zur Verfügung gestellt und haben innerhalb von einer Woche 1,6 Millionen US-Dollar eingenommen. Das ist ein großer Schwenk in der Denkweise, aber die Leute, die versucht haben, sich darauf einzulassen, waren zumeist erfolgreich. Das Marketing rund um digitale Erzeugnisse hat sich komplett verändert und es kommt jetzt eine ganz andere Generation von Usern. Man muss genau überlegen: Wofür zahlt ein User und was stelle ich kostenlos bereit, um das Werk bekannt zu machen?

Wenn Verleger rechtsverletzende Inhalte finden, gibt es eigentlich keinen Grund, weshalb Rapidshare nicht auch dazu nicht auch in der Lage sein sollte.
Doch, den Grund gibt es. Weil die Verleger die Links nicht auf unserer Plattform findet. Das einzige, was auffindbar ist, sind Links, die in den Foren von Dritten gepostet werden. Man kann Rapidshare nicht durchsuchen. Wir auch nicht. Wir machen auch keine Dateien auf.

Sie können aber die Linklisten durchsuchen.
Können wir, angesichts der Masse würde jedoch auch das nie 100-ig sein. Es wird geschätzt, dass es weltweit mehr als 6.000 gibt, und täglich kommen neue hinzu. Darüber hinaus sind wir Hoster und das gehört bewusst vom Gesetzgeber so gewollt nicht zu unseren Aufgaben oder Pflichten. Unsere Pflicht ist, Links nach Meldung zu löschen. In einzelnen Foren schauen wir trotzdem nach. Sobald die Foren merken, dass wir oder die Contentanbieter die Inhalte zu prüfen, wird die Latte höher gelegt und es wird sehr erschwert, dort reinzuschauen.

Wieso ist es für Rapidshare so schwer, auf der eigenen Plattform urheberrechtlich geschütztes Material ausfindig zu machen?
Uns liegt nur ein Datensatz vor. Wir sehen der Datei nicht an, ob der Inhalt urheberrechtlich geschützt ist oder nicht. Wir kriegen auch oft verschlüsselte Dateien und haben die Keys nicht. Darüber hinaus ist das Speichern von urheberrechtlichem Material nicht per se widerrechtlich, siehe Sicherungskopie. Deshalb brauchen wir die Meldung vom Urheber, dass Content widerrechtlich zugänglich gemacht wurde. Zudem: Rapidshare wird oft für Promotions genutzt. Es gibt sehr viele, die kostenlos ihre Musik verteilen. All diese Unterscheidungen können wir nicht machen.

Wie schnell reagieren Sie, wenn ein Verlag eine Urheberrechtsverletzung meldet?

Unser Abuse-Team besteht aus mehr als zehn Leuten, wir arbeiten sieben Tage in der Woche. Illegale Links werden in der Regel in einem Zeitraum von einer bis zwölf Stunden entfernt.