Jahrestagung der IG Regionalia

Deutschlands schönstes Regionalbuch wird ab 2018 gekürt

30. Mai 2017
von Matthias Glatthor
Rund 40 Teilnehmer sind am 29. Mai zur ersten Jahrestagung der IG Regionalia ins Haus des Buches in Frankfurt gekommen. Ein Beschluss: Ab 2018 wird der neue Preis Deutschlands schönstes Regionalbuch vergeben. Zudem wurden im Rahmen der Veranstaltung die Gewinner des Wettbewerbs "Schaufenster Hessen" geehrt.

Ein neuer Preis

Den Preis Deutschlands schönstes Regionalbuch lobt die Interessengruppe (IG) Regionalia im Börsenverein mit Unterstützung der Stiftung Buchkunst aus. Dabei übernimmt die Stiftung Buchkunst den organisatorischen Part, wie deren Geschäftsführerin Katharina Hesse am Mittag erläuterte – stellt Kriterien auf, nimmt die eingereichten Bücher entgegen und kümmert sich um die Jurysitzungen. Aus den Einsendungen soll eine Shortlist mit fünf Titeln bestimmt werden, so der Vorschlag Hesses. Jeweils zum Auftakt der Regionalbuchtage im September sollen die Juroren dann in einer Live-Veranstaltung über diese diskutieren und daraus den Siegertitel wählen. "Ich stelle mir eine Mischung aus Bayerischer Buchpreis und Germanys Next Topmodel vor", so Hesse mit einem Augenzwinkern. Der Preis stieß auf einhelligen Zuspruch ("Großartige Idee", sagte etwa Annette Sievers vom Peter Meyer Verlag) – nur beim Starttermin gingen die Meinungen auseinander: sollte die Auszeichnung erstmals 2017 vergeben werden, dann aber mit weniger Vorlauf, oder 2018?

Während sich etwa Sewastos Sampsounis vom Größenwahn Verlag die erste Preisvergabe für 2017 wünschte, plädierte Cornelia Fritsch, Verlag der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart, für das kommende Jahr ("sonst fuschen wir es hin", so ihre Befürchtung). Nach einigem hin und her, stimmten die Teilnehmer schließlich nach der Mittagspause für einen Kompromiss: In diesem Jahr soll es eine Auftaktveranstaltung während der Regionalbuchtage geben und dann 2018 erstmals Deutschlands schönstes Regionalbuch gekürt werden. Das detaillierte Konzept wird jetzt erarbeitet – für Januar ist die Ausschreibung vorgesehen. Angeregt wurde von einigen Teilnehmern auch eine Longlist, um mehr Titeln eine Bühne zu geben.

Erfolge, rechtliche Entwicklungen und "Heimat"

Eröffnet hatte die Jahrestagung am Vormittag Jürgen Kron (Droste Verlag), der Sprecher der IG Regionalia, der ein kurzes Resümee der bisherigen Arbeit der IG im Börsenverein zog, die im Februar 2016 eingesetzt wurde. Mittlerweile habe sie rund 100 Mitglieder, der per Mail erfasst werden. Neben dem neuen Wettbewerb, der zeigen soll, "was für schöne regionale Bücher es gibt", hob er weitere Aktivitäten der IG hervor, die alle die stärkeren Vernetzung und Sichtbarmachung der Regionalverlage dienen sollen.

Für den nächsten Historikertag habe man einen Workshop zum Thema "Heimat" lanciert, die Zusammenarbeit mit Tageszeitungen soll intensiviert werden. Im Kundenmagazin "Buchjournal" können seit Jahresbeginn jeweils auf einer nach Regionen betitelten Doppelseite von mehreren Verlagen gemeinsam Anzeigen zu günstigen Konditionen geschaltet werden.

Auf den Buchtagen Berlin (13. und 14. Juni) findet am 14. Juni ab 13:30 Uhr eine halbstündige Kurzvorstellung der 20 Interessengruppen im Börsenverein ("Who is Who der Interessengruppen") statt. Im Anschluss laden einige IGs zum Austausch ein: Dabei die IG Regionalia ab 14 Uhr zur Veranstaltung "Vernetzung vor Ort − Chance und Pflicht für den Buchhandel". Es diskutieren: Martina Tittel (Nicolaische Buchhandlung) und Michael Riethmüller (Ravensbuch). Moderation: Sonia Lauinger (Lauinger Verlag).

Ein abwechslungsreiches Programm erwartete die rund 40 Verlagsleute und Buchhändler, die zur Tagung gekommen waren. Rechtsanwalt Adil-Dominik Al-Jubouri vom Börsenverein ("Ich habe wenig gute Nachrichten mitgebracht") erläuterte die aktuellen rechtlichen Entwicklungen zu Buchpreisbindung, Bildungs- und Wissenschaftsschranke, EU-Datenschutzgrundverordnung und Verwertungsgesellschaften erfreulich sachlich und klar  – wies auf diesbezügliche Positionen und Aktivitäten des Börsenvereins hin. Um einen für die Regionalverlage nicht minder wichtigen Aspekt ging es im Anschluss: Wie lassen sich ihre Titel in Metadaten auffindbar machen? Martin Lüning (MVB und Beisitzer der IG Produktmetadaten) präsentierte unter anderem die thema-Klassifikation – die jedoch für Regionalia noch deutlich erweitert werden muss, so das Fazit. Als Beraterin hat man hierfür Annette Sievers, Verlegerin des Peter Meyer Verlags, herangezogen.

Den Begriff "Heimat" umkreiste Werner D’Inka, Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", am Nachmittag in einem gehaltvollen und launigen Vortrag. D’Inka ordnete die Renaissance des Begriffs in den Kontext der Globalisierung ein, in Zeiten großen Wandels suchten die Menschen wieder nach etwas Vertrautem. Jedoch sei eine Definition von Heimat wie der Versuch, "Pudding an die Wand zu nageln", so D’Inka, der auf die vielen, unterschiedlichen Facetten des neuen Heimatgefühls ausbreitete.

Praxisbezogener wurde es dann wieder mit dem Silberburg-Verleger Titus Häussermann, der die von seinem Verlag mitbegründete Regionalbuch AG (siehe Archiv: "Schulterschluss für Regionalia) vorstellte – und die Vorteile einer solchen nachahmenswerten Kooperation herausstrich, aber auch offen über misslungene Aktionen sprach. Im letzten Vortrag der Tagung gewährte Florian Koch vom MeterMorphosen Einblick in Programm und Vertriebswege, insbesondere auf den Nebenmärkten, des Frankfurter Non-Book-Verlags.

"Schaufenster Hessen": Kür der Gewinner

Um 15 Uhr war es soweit: Im Rahmen der Tagung wurden die Gewinner der vierten Auflage des Wettbewerbs "Schaufenster Hessen" – eine Initiative der sechs Verlage Axel Dielmann, Frankfurter Verlagsanstalt, Größenwahn, Henrich Editionen, pmv Peter Meyer Verlag und Societätsverlag – bekannt gegeben. Im Wettbewerb sollten Buchhandlungen ein Schaufenster oder einen Thementisch mit sechs Titeln der genannten Verlage gestalten – insgesamt nahmen in diesem Jahr elf Sortimente teil, ein neuer Rekord.

Die Sortimenter der drei schönsten Hessen-Schaufenster oder –Thementische erhielten jeweils einen hessischen, kulinarischen Präsentkorb sowie eine Urkunde.

Über Platz 1 für seinen Thementisch konnte sich Stephan Gräbener von Der Buchladen in Langen (Lutherplatz 2, 63225 Langen) freuen. Der Jury, die sich aus Vertretern der sechs Verlage zusammensetzte, habe insbesondere der "dramaturgische Aufbau mittels aufgestellter Apfelkisten" gefallen, erklärte Annette Sievers bei der Preisverleihung. Gräbener, der seine Buchhandlung seit 2011 als Quereinsteiger betreibt, hatte zum ersten Mal am Wettbewerb teilgenommen – und gleich gewonnen. "Es hat Spaß gemacht", so Gräbener. Sein Buchladen, den er mit einer Mitarbeiterin steuert, umfasst im Erdgeschoss rund 120 Quadratmeter. Hinzu kommen im Untergeschoss eine Kalender-Ausstellung und ein Veranstaltungsraum. Sein Thementisch steht derzeit noch, aber bald werde umdekoriert, denn im Juni steht das jährliche Ebbelwoifest in Langen an.

Platz 2 ging an die Buchhandlung Bindernagel aus Friedberg (Kaiserstraße 72, 61169 Friedberg). Hier lobte die Jury die "ästhetisch besonders ansprechende Lösung" mit hängenden, mit Textauszügen beklebten papiernen Apfelscheiben im Schaufenster. Die Buchhändlerin Friederike Hermann konnte aus terminlichen Gründen nicht ins Haus des Buches kommen.

Den 3. Platz schließlich konnte die Buchhandlung Lesezeichen (Liebfrauenstraße 69, 64289 Darmstadt) von Britta Karadzole und Iris Massuthe einheimsen. Sie hätten ihr kleines Schaufenster mit einfachen Mittel sehr gut in Szene gesetzt, gab Annette Sievers das Juryurteil wider. Mit Stroh und Minizaun sollte der Eindruck einer Apfelweinwirtschaft entstehen, so die beiden Buchhändlerinnen, die verrieten, dass die Hauptidee von ihrem 14-jährigen Schülerpraktikanten stammte.

Eintrittsgeld für Veranstaltungen in Buchhandlungen?

In einem der drei parallel laufenden Workshops wurde das Verhältnis von Regionalverlagen und Buchhandlungen beleuchtet. Sven Rehbein vom Conrad Stein Verlag sah eine Schwierigkeit darin, das Programm seines Verlags überhaupt erst im Buchhandel bekannt zu machen, während die Buchhändler der Runde klagten, dass ihre Ideen bei den Verlagen manchmal wenig Gehör fänden. Fazit: Die Kommunikation zwischen den Partnern sollte verbessert werden. Helga Heinicke-Krabbe (Buchhandlung Libra) betonte etwa die wichtige Rolle der Vertreter als Vermittler. Bei der Organisation von Veranstaltungen wünschten sich die Buchhändler mehr Unterstützung durch die Verlage (Pressearbeit, Werbung).

Dass Veranstaltungen für Verlage und ihre Autoren ein wichtiges Vehikel sind und bleiben, hob Sewastos Sampsounis (Größenwahn Verlag) hervor: "Autoren sind unsere Kinder, unsere Kinder müssen raus in die Welt – in die Buchhandlungen". Stephan Gräbener stellte die Frage in den Raum, ob man nicht für Lesungen wie bei anderen kulturellen Veranstaltungen auch Tickets verkaufen sollte – was kontrovers diskutiert wurde. Auch über neue Veranstaltungsformate abseits der klassischen Wasserglas-Lesungen wurde nachgedacht.