Kommentar zur Backlist im Buchhandel

"Auch Bewährtes gehört in die erste Reihe"

20. Juli 2017
von Börsenblatt
Im Grunde ist der Name schon irreführend: Backlist – das klingt nach gestrig, nicht mehr gefragt, vergangen. Dabei ist das, was Verlage als Backlist im Portfolio haben und Buchhändler zum Glück immer noch regelmäßig ins Regal stellen, sehr aktuell und bares Geld, findet Michael Roesler-Graichen.

 Denn viele Kunden suchen genau das: den antiken Denker, den modernen Klassiker, den für sein Oeuvre geschätzten Autor mit allen seinen Büchern. Der Umsatzanteil, den Sortimente mit Backlisttiteln machen, liegt je nach Genre bei bis zu 50, sogar 60 Prozent. Nicht nur in der Belletristik, sondern auch in der Fachliteratur mit Standardwerken wie dem BGB oder Lehrbüchern.

Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Zunächst einmal: Eine gut gepflegte Backlist gehört im Buchhandel (wie im Verlag) genauso nach vorn wie die Frontlist mit den Neuerscheinungen. Zumal deren Halbwertzeit sowohl inhaltlich als auch wirtschaftlich immer kürzer wird – und ihre dereinstige Aufnahme in den immerwährenden Kanon der Literatur kaum prognostizierbar ist. Für Marketing und Präsentation bedeutet dies: Man muss mindestens ebenso viel in gefragte Longseller stecken wie in neue Titel, die sich im Markt durchsetzen sollen.

Nicht jeder Buchhändler kann natürlich eine Sortimentstiefe bieten, in der alle Titel eines Programms – etwa der Reclam Universalbibliothek – ausgestellt oder bevorratet werden. Aber es gibt die Möglichkeit, beispielsweise alle verfügbaren Titel eines Autors zu präsentieren oder thematische Zonen einzurichten, in denen sich neben neuen Büchern auch Klassiker des Genres oder Landes finden. Die große Mehrheit der Buchhändler erkennt dies oder handelt bereits seit Längerem nach dieser Devise. Aber es könnten noch mehr werden. Denn nur so ließe sich vielleicht verhindern, dass der Anteil bestellter Backlisttitel bei Onlinehändlern immer noch deutlich höher ausfällt als im stationären Handel.

Mehr zum Thema "Backlist im Buchhandel" lesen Sie in Börsenblatt-Ausgabe 29.