Mobile Business

QR-Codes in der Buchbranche: Top oder Flop?

17. November 2011
von Börsenblatt
QR-Codes sind derzeit ein Massenphänomen. Unternehmen drucken sie auf Flyer und Plakate, Anzeigen und sogar T-Shirts. Auch die Buchbranche experimentiert mit den cleveren Quadraten. boersenblatt.net sprach mit Adrian Hotz vom E-Commerce Center (ECC) Handel des Instituts für Handelsforschung in Köln – über Vor- und Nachteile der Technologie, und über die Halbwertszeit einen smarten Erfindung.

Handy einschalten, Code einscannen, fertig: QR-Codes wird im Mobile Business einiges Potenzial zugetraut. Zu recht?
Hotz: QR-Codes sind im Moment ein Hype-Thema – mit Prognosen bin ich vorsichtig. Sie sind zwar ein schönes Instrument, um einen Kunden von einem Offlinemedium in den Online-Kanal zu ziehen. Tatsache ist aber: Aktuell gibt es nur wenige Menschen, die bereit sind, einen QR-Code-Scanner auf ihrem Smartphone zu installieren und damit anschließend solche Codes zu aktivieren. Die Response-Raten sind noch gering.

Ihre Erfahrungswerte?  
Hotz: Die Nutzerquoten sind meines Wissens von Kampagne zu Kampagne sehr unterschiedlich, aber ich kann Ihnen da keine Zahlen nennen.  

Warum sind Smartphone-Besitzer so zurückhaltend?
Hotz: Weil sie das, was sie mit QR-Codes machen könnten, kaum reizt. Vielen Anwendungen fehlt es an einem klar erkennbaren Mehrwert.

Gibt es auch Beispiele, wo es klappt mit dem Reiz des Mehrwerts?
Hotz: Ja. Weltbild etwa hat vor einiger Zeit auf Plakaten in Hamburg QR-Codes aufgedruckt. Wer wollte, konnte sich direkt aus dem mobilen Shop Leseproben herunterladen oder das Buch bestellen. Da war der Mehrwert für Nutzer klar erkennbar. Anderes Beispiel: Ein Hotel in London druckt QR-Codes auf seine Speisekarte – scannt man ihn ein, kann man dem Koch bei der Arbeit zuschauen.

Per Webcam?
Hotz: Nein, nein: per Video. Das Entscheidende ist: Der Hotelgast kann hier etwas mit-erleben – das geht weit über das Übliche hinaus. Nur einen Code auf einer Anzeige unterzubringen und damit auf meine Website zu verlinken, reicht nicht. Man muss schon eine Strategie haben, kreativ sein.

Wie könnte das bei kleineren Buchhandlungen aussehen?
Hotz: Mit QR-Codes ließe sich zum Beispiel das Window Shopping – wie es in den USA heißt – neu in Schwung zu bringen. Kunden, die sich nach Ladenschluss für ein Buch interessieren, das im Schaufenster steht, könnte man per QR-Code auf Zusatzinformationen zum Buch geleiten – oder auch direkt zum Online-Shop, wo sie das Buch reservieren oder sich nach Hause bestellen können.   

Wie teuer wäre das?
Hotz: Kosten und Aufwand sind bei QR-Codes gering. Die Codes jedenfalls lassen sich lizenzfrei erstellen – es gibt viele Seiten im Internet, die diesen Service anbieten. Echte Kosten verursachen eigentlich nur die Angebote, auf die QR-Codes dann verweisen – etwa Videos oder mobile Shops.

Ihr Tipp für Verlage?
Hotz: Für sie dürfte es recht einfach sein, Mehrwerte zu bieten. Mit QR-Codes werten sie ihre Bücher auf: Indem sie auf die Website eines Autors verlinken, auf ein Video undsoweiter. Leser sind viel eher bereit, QR-Codes tatsächlich zu nutzen – weil sie durch das Lesen des Buches ja bereits eine emotionale Bindung zum Thema entwickelt haben. Da ist vieles möglich.  

QR-Codes sind also doch ganz nützlich?
Hotz: Grundsätzlich ja, nur sind sie kein Allheilmittel. Die Technologie entwickelt sich ständig weiter – mit der Folge, dass Smartphone-Besitzer vermutlich schon bald gar keine QR-Codes mehr brauchen, um Online-Angebote direkt aufzurufen. Was aber nicht zwangsläufig heißt, dass Buchhändler oder Verlage QR-Codes meiden sollten. QR-Codes sind kostengünstig – man kann damit unheimlich viel machen. Einziger Knackpunkt ist und bleibt immer die Frage nach dem Mehrwert.

Interview: Tamara Weise


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