Neue Highlights aus Fantasy und Science-Fiction

Magische Momente

15. November 2018
von Börsenblatt
Fantasievolle Geschichten von Sternenfahrern und Androiden, aber auch Themen wie Rassismus und Kampf der politischen Systeme: Unsere Novitätenschau zeigt, wie vielfältig Fantasy und Science-Fiction sein können – als Roman und als Film.

Magier und Kobolde mal anders
Der gelehrte Kobold Orignace lebt in Brocéliande, einem mythischen Wald in der Bretagne, dem Schauplatz der Artus-Saga. Orignace wird gezwungen, eine Fabel über die Korrigans zu schreiben, aber ihm fällt so gar nichts ein. Da wird er zufällig Zeuge, wie Merlin mittels allerlei Zauberei um die schöne Viviane wirbt. Der perfekte Stoff für eine tolle Geschichte. Der Haken daran: Die Korrigans und zudem drei gierige Jäger beobachten die Szenerie – und die machen sich so gar nichts aus Liebesgeschichten. Die Fantasyreihe ist auf sieben Bände angelegt und bietet neben tollem Artwork auch eine gute Prise Humor.

Olivier Peru, Bertrand Benoît: "Broceliande – Der Wald des Kleinen Volkes. Die Quelle von Barenton", Splitter Verlag, 56 S., 14,80 €

Extremsport
Die Welt in naher Zukunft: Ein Prozent der Menschheit leidet unter dem Haden-Syndrom – einer Körperstarre. Ihr Geist kann sich jedoch virtuell im Onlineuniversum "Agora" und in der realen Welt mittels "Personentransportern", den Threeps, frei bewegen. Mit diesen treten Starathleten beim martialischen Hilketa-Spiel an, eine Art Football, bei dem es darum geht, gegnerischen Spielern den Kopf abzureißen. Bei einem Match stirbt ein Athlet, der einen Threep steuert. Ein neuer Fall für FBI-Agent Chris Shane, selbst ein Haden, und Partnerin Leslie Vann. Ein klassischer Kriminalroman mit futuristischem Anstrich.

John Scalzi: "Frontal", Fischer Tor, 368 S., 14,99 €

Gefiederte Geschichte
Der US-amerikanische Schriftsteller, Produzent und Drehbuchautor John Crowley liefert einen stilistisch einzigartigen, epischen Fantasyroman mit Tiefgang ab: Die sinnsuchende Krähe Dar Eichling, die vor 2.000 Jahren geboren wurde und unsterblich ist, trifft auf einer endzeitlichen Erde den Ich-Erzähler. Dieser lernt die Krähensprache und zeichnet Eichlings Berichte über Begegnungen mit Menschen in unterschiedlichen Epochen sowie seine Abenteuer im Reich der Krähen auf. Ein kleines Meisterwerk, zu Recht mit dem Mythopoeic Award 2018 ausgezeichnet.

John Crowley: "KA. Das Reich der Krähen", Golkonda, 576 S., 24,90 €

Todesfallen
Im Jahr 3014 haben die Menschen rund 6 000 Planeten im All besiedelt. Der 38-jährige Jephron, der von Afrikanern abstammt, transportiert mit seinem Einmannsegler "Mayfield" (benannt nach dem Soulsänger Curtis Mayfield) Frachten ziwschen den Kolonien. Der Planet Laurel ist bekannt für den "Dungeoncrawler", die größte Show des Universums – mit Milliarden Zuschauern. Die Spieler suchen in labyrinthischen Tunneln nach Schätzen, müssen jedoch tödliche Gefahren meistern. Nicht alle schaffen das. Jephron, ein ehemaliger Champion, tritt erneut an. Meißner, der ein geradliniges Zukunfts-Abenteuer abliefert, verbindet damit eine Hommage an die Science-Fiction-Geschichten der 50er und 60er Jahre.

Tobias O. Meißner: "Dungeon Planet", Piper, 400 S., 15 €

Konkurrenz der Systeme
Erde und Mars: Zwei Planeten stehen nach Jahrzehnten kriegerischer Auseinandersetzungen und dem anschließenden Schweigen der Waffen im Wettstreit der politischen Systeme. Der Versuch, durch einen Schüleraustausch die interplanetaren Beziehungen zu verbessern, führt bei den nach fünf Jahren zurückkehrenden jungen Erwachsenen zu Zweifeln, ob das rigide Marssystem dem irdischen Kapitalismus wirklich vorzuziehen ist. Tastend wägt der Roman ab zwischen Sicherheit und Freiheit, zwischen freier Kunst und Kommerz, zwischen Individualismus und Eingliederung in die Gemeinschaft – und überträgt die Prämisse von Ursula K. LeGuins Werk "Freie Geister" gekonnt ins 21. Jahrhundert.

Hao Jingfang: "Wandernde Himmel", rororo, 752 S., 16,99 €

Vom Fremdsein
Interstellare Reisen, lebendige Raumschiffe und sehr fremdartige Aliens – das klingt auf den ersten Blick nach klassischer Science-Fiction. Doch die aus drei Episoden bestehende Erzählung von Nnedi Okorafor hat viel mehr zu bieten: Geschildert wird sie aus der Perspektive Bintis, einer jungen Himba-Frau, für die die Fremdheitserfahrung bereits auf der Erde beginnt, als sie zur besten Universität der Galaxie aufbricht und auf ihrer Reise zur Mittlerin zwischen den Welten wird. Okorafor erzählt die alte Geschichte der Begegnung mit dem Fremden, den Missverständnissen, aus denen tödliche Konflikte wachsen, auf erfrischende Art neu – Bintis Balanceakt zwischen Bewahrung der eigenen Identität und Offenheit für das Fremde macht diese Protagonistin zu einer besonderen Stimme in der Science-Fiction.

Nnedi Okorafor: "Binti", Cross Cult, 400 S., 18 €

Weltraum-Abenteuer
Notgedrungen hat die Menschheit im 22. Jahrhundert Stationen im All errichtet. Gleichzeitig tobt aber auch ein Kampf der Systeme. Mittendrin der Pilot Mark Brandis. Als schließlich ein General die Macht an sich reißt, muss Brandis sich entscheiden: Will er Mitläufer sein oder gegen das Regime kämpfen? Die packende Comicserie basiert auf der erfolgreichen Roman- und Hörspielserie des Autors Nikolai von Michalewsky. Ein Extra für die Fans: In Band 3 ist im Anhang ein sehr informatives Interview mit Michalewskys Witwe zu finden.

Nikolai von Michalewsky, Michael Vogt: "Mark Brandis – Weltraumpartisanen. Unternehmen Delphin", Panini, 68 S., 17 €

Episoden voller Visionen
Wenn Science-Fiction eines gut kann, dann in kurzer Form ein Gedankenspiel durchführen. Die aus zwei Schreibwettbewerben hervorgegangenen Kurzgeschichtensammlungen (wobei sich die Storyolympiade gezielt an Nachwuchsautoren richtet) präsentieren solche Gedankenspiele zu sehr aktuellen Themen: dem Klimawandel und dem Umgang mit immer intelligenteren Maschinen. Beide beleuchten ihr jeweiliges Thema mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Stimmen, mal ernsthaft, mal mit einem Augenzwinkern, mal pessimis­tisch, mal voller Zuversicht, aber immer pointiert. Sie bieten damit auch einen schönen Überblick darüber, was die deutschsprachige Science-Fiction zu leisten vermag.

Peggy Weber-Gehrke (Hrsg.): "Der Schnee von morgen", Verlag für moderne Phantastik, 352 S., 12 €

Martin Witzgall, Felix Woitkowski (Hrsg.): "Maschinen. Die besten Geschichten der Storyolympiade 2017 / 2018", Verlag Torsten Low, 306 S., 13,90 €

DVD-Tipp 1: Neuauflage eines Klassikers
Die Romanreihe "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams hat längst Kultstatus. Bis heute feiern Fans zu Ehren des verstorbenen Autors den jährlichen "Handtuchtag". Jetzt erscheint die legendäre BBC-Serie erstmals auf Blu-ray, ungekürzt und digital remastered. Für alle Zweifler: Allein das zum Teil erstmals in Deutschland veröffentlichte Bonusmaterial von mehr als fünf Stunden lohnt die Anschaffung der Neuauflage.

"Per Anhalter durch die Galaxis & Das Restaurant am Ende des Universums. Special Edition", Universum Film, 2 DVDs, 200 Min., Blu-ray 20,99 €

DVD-Tipp 2: Düsterer Actionkracher
Ein junger Mann macht sich in einer postapokalyptischen Wüstenlandschaft auf den Weg, um Medizin für seine sterbende Mutter zu besorgen. Dabei trifft er auf einen brutalen Warlord, die Killer-Androidin Ash und eine brutale Drogen-Queen. Die Story nimmt eine interessante Wendung, als Ash anfängt, eigene Entscheidungen zu treffen. Auch wenn das Wüstenszenario stark an die "Mad Max"-Reihe erinnert, überzeugen Story und Action. Nicht zuletzt das Ensemble der Hollywoodstars James Franco, Lucy Liu und Milla Jovovich macht den Science-Fiction-Endzeit-Actionfilm zu einem Highlight.

"Future World", Sony, 85 Min., 13,99 €, Blu-ray 13,99 €