Offener Brief zum VG Wort-Urteil

Jugendbuchverleger wollen ein Verlegerrecht

20. Oktober 2016
von Börsenblatt
In einer außerordentlichen Hauptversammlung haben mehr als 50 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen avj den Börsenvereinsvorstand gebeten, sich umgehend für die Schaffung eines gesetzlich etablierten Verlegerrechts einzusetzen.

Bezugnehmend auf das BGH-Urteil zur Ausschüttungspraxis der VG Wort hatten zuvor Jugendbuchverleger den avj-Vorstand gebeten, aktiv zu werden. Der Vorstand hatte dann umgehend zu einer außerordentlichen Hauptversammlung gestern Abend auf der Frankfurter Buchmesse eingeladen, um über ein Vorgehen zu diskutieren. Weit über eine Stunde befassten sich die Jugendbuchverleger intensiv mit Leistungsschutz- und Verlegerrechten. Das Urteil des BGH zeige deutlich, dass den Buch-Verlegern ein Leistungsschutzrecht fehlt, so der Tenor der Jugendbuchverleger. Erst das Verlegen der Bücher schaffe überhaupt die Voraussetzung, dass Texte in großem Stil kopiert werden könnten. Zudem werden gerade im Kinderbuch viele Werke von Verlagen konzipiert, insbesondere bei Reihentiteln und im Erstlesebereich.

Der an die Mitglieder des Börsenvereinsvorstands gerichtete offene Brief im Wortlaut:

"Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) bitten Sie als unsere Interessenvertretung, sich im Namen der Verlage für die Schaffung eines Verlegerrechts (gesetzlich etablierten Leistungsschutzrechts für Buch-Verlage) zeitnah einzusetzen, eine entsprechende Formulierung zu erarbeiten und dieses Anliegen in der Branche, im politischen Betrieb und schließlich in den entscheidenden Gremien mit Nachdruck zu vertreten.

Urheber und Verlage haben gemeinsam Anteil an der Entstehung und am Erfolg von Buch-Werken. Während andere Förderer und Verwerter von künstlerischen Werken ein Leistungsschutzrecht durch das Urheberrechtsgesetz zugesprochen bekommen, das dem wertschöpfenden Anteil dieser an dem wirtschaftlich erfolgreichen Werk Rechnung trägt - zum Beispiel Film-Produzenten, Musik-Produzenten, Datenbank-Hersteller, Computerspiel-Produzenten, sogar den Sendeunternehmen und nicht zuletzt den Presse-Verlegern -, fehlt ein solches Rechtsinstitut zu Gunsten der Buch-Verleger.

Nicht zuletzt der Bundesgerichtshof hat in den Gründen seiner aktuellen und in ihren Auswirkungen die gesamte Branche beschäftigenden Entscheidung in Sachen Vogel / VG Wort das Fehlen einer eigenen, nicht abgeleiteten Rechtsposition an den verlegten künstlerischen Werken seitens der Buch-Verlage nochmals nachdrücklich augenscheinlich werden lassen.

Die Forderung nach einem Verlegerrecht ist keine Offensive gegen die Urheber, sondern eine aus sich heraus erklärliche Notwendigkeit zur Nachbesserung einer gegenwärtig durch das Urheberrechtsgesetz noch nicht vollständig repräsentierten Abbildung der Verhältnisse zwischen den einzelnen Teilnehmern an der künstlerischen Wertschöpfungskette. Die Mitglieder der avj bitten Sie, in diesem Sinne tätig zu werden."