Preis der Stiftung Buchkunst

"Liebe auf die erste Berührung"

6. September 2013
von Börsenblatt
Der Ausstellungskatalog "Sixtina MMXII" (Edition Minerva) und das Kinderbuch "Mein kleiner Wald" (Beltz & Gelberg) sind am Donnerstagabend in Frankfurt mit dem Preis der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet worden. Gefeiert wurden die schönsten und die beiden allerschönsten deutschen Bücher im Museum Angewandte Kunst - ein Festakt (hier in der Bildergalerie von Rainer Rüffer), der kurzerhand das "haptische Zeitalter" einläutete.

Über die Zukunft der Bücher ist ja nun alles gesagt (und schätzungsweise auch schon fast von jedem). Da tut ein Abend mal ganz gut, der sich auf die Gegenwart der Bücher konzentriert. Ein solcher Abend war gestern. Im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt  feierte die Stiftung Buchkunst die fünf mal fünf schönsten deutschen Bücher des Jahrgangs 2013 – und schließlich auch noch zwei allerschönste. Und natürlich all deren Gestalter und Hersteller.

Warum die Stiftung Buchkunst in diesem Jahr gleich zwei Bilderbücher mit ihrem Hauptpreis ehrt (Dotierung: 10.000 Euro), eines für Kinder und eines für Erwachsene, begründete die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, die Mainzer Verlegerin Karin Schmidt-Friderichs, so: "Sixtina MMXII, die atemberaubende Kartografierung von Raffaels Sixtinischer Madonna, ist Perfektion in Buchform. Zum anderen imponierte der Jury ein Pappband, der in all seiner Einfachheit beweist, dass auch das erste Buch schon ein schönes Buch sein kann."

Im Foyer des Hauses am Schaumainkai hatte man den ausgezeichneten Leseobjekten eine Art Bücherobelisk gebaut, der sich drehte und alle bereits im Mai verkündeten 25 Siegertitel wirksam dem Publikum präsentierte. Der Chef des Hauses, Matthias Wagner K, wies in seiner Begrüßung auf die Gemeinsamkeit in der Arbeit seines Museums und der Stiftung hin: die Bücher aus der Perspektive ihrer visuellen und physischen Beschaffenheit zu würdigen und erfahrbar zu machen.

Unverbrauchte, bedenkenswerte Worte hatte für diese Eigenschaft der Bücher die Modedesignerin Gabriele Strehle vorbereitet (die ihre Rede allerdings wegen einer Grippe nicht selber halten konnte; ihr Text wurde von der Frankfurter Theaterschauspielerin Paula Hans vorgetragen): Strehle schlägt vor, nach dem optischen nun "das haptische Zeitalter" einzuläuten. Während unsere Augen von manipulierten Fotos und computeranimierten Filmen "betrogen" würden, lasse sich "unser Tastsinn nicht betrügen". Sie, Strehle, las Paula Hans, glaube weniger an die Liebe auf den ersten Blick, viel mehr aber "an die Liebe auf die erste Berührung".

Schon zuvor hatte Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth den Gedanken der Modemacherin quasi antizipiert, indem er seine Begrüßung, in der er die große Tradition der Stadt und ihrer Verlage in Sachen schöne Bücher in Erinnerung rief, mit den Worten schloss: "Nun erfreuen Sie sich an den Büchern. Greifen Sie zu – wenn ich das einmal ganz kulinarisch sagen darf."

Zum ersten Mal verliehen wurden in diesem Jahr drei "Förderpreise für das Buch der Zukunft". Karin Schmidt-Friderichs betonte den Scouting-Charakter dieses Wettbewerbs, dessen Preisgeld vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gestiftet worden ist. Wer eine Ahnung davon bekommen wolle, wie das Buch von morgen aussehen könnte, müsse sich in der Szene der jungen Buchgestalter umschauen.

Die ersten drei Sieger erhielten gestern ihre Auszeichnung und ein Preisgeld von je 2.000 Euro aus den Händen Horst Claussens, Ministerialrat beim Kulturstaatsminister. Wie auch immer es um die Zukunft der Bücher bestellt sein mag – die Zukunft der Buchgestalter wurde so jedenfalls auf überzeugende Weise schon mal in der Gegenwart vorstellig.

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