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Interview mit Weltbild-Chef Carel Halff

22. Juni 2007
von Börsenblatt
"Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass die Schweizer Politik die Preisbindung aufgehoben hat. Weltbild hat nur darauf reagiert", so Carel Halff im Interview mit BÖRSENBLATT-Chefredakteur Torsten Casimir.
Thalia-Chef Michael Busch bekommt viel Anerkennung für seine Preisbindungstreue in der Schweiz, ebenso für seine kritischen Worte in Ihre Richtung. Bewundern Sie ihn auch? Halff: Ich möchte auf Äußerungen eines Wettbewerbers nicht öffentlich reagieren. Mit Kritik muss man leben. In der Sache teile ich die Kritik von Herrn Busch an Weltbild nicht. Weltbild bekennt sich auf seiner deutschen Internet-Seite vehement zur Preisbindung. Auf Ihrer Schweizer Site werden ebenso vehement Rabatte angekündigt. Muss man das verstehen? Halff: In der Branchenöffentlichkeit erscheint das als Widerspruch, das kann ich verstehen. Wir müssen uns aber der Tatsache stellen, dass die Schweizer Politik die Preisbindung aufgehoben hat. Weltbild hat nur darauf reagiert. Haben Sie sich für den Erhalt der Schweizer Preisbindung engagiert? Halff: Wir haben uns in den vergangenen zwei Jahren intensiv für die Preisbindung eingesetzt. Dabei kam von anderen Marktteilnehmern wenig Unterstützung. Einige große Schweizer Wettbewerber waren ganz offen für ein Ende der Preisbindung. Zum Teil, weil sie Preiselastizität nach oben vermutet haben. Zum Teil, weil sie sich über Preissenkungen mehr Marktanteile versprochen haben; insbesondere Ex Libris hat daraus nie einen Hehl gemacht. Die von Preisüberwacher kritisierte Praxis der Überhöhung der Preise und die mangelnde Bereitschaft vieler deutscher Verlage, dieser Überhöhung entgegen zu wirken sowie die Uneinigkeit der Schweizer Marktteilnehmer haben gemeinsam den Fall der Preisbindung ausgelöst. Ich bedaure das sehr. Sie hatten also keine Wahl? Halff: Weltbild ist im preisorientierten Bereich positioniert. Die Reaktion von Ex Libris war in etwa vorhersehbar. Auch einige andere haben im Vorfeld klar gesagt, dass sie mindestens die Preise der Bestseller um 15 bis 30 Prozent zurücknehmen wollen. Da dies alles bekannt war, war es für uns ein Gebot ordentlichen Handelns, eigene Preisaktionen vorzubereiten. Wir haben noch am Montag vor der Bundesratsentscheidung in einer Sitzung des Schweizer Buchhandels (in der übrigens Thalia weder Mitglied ist noch an der Sitzung teilgenommen hat) versucht, Einfluss zu nehmen. Aber es gab keine Chance mehr. Sie behaupten Alternativlosigkeit. Thalia zeigt aber bisher die Alternative. Halff: Es wird jeder seinen Weg gehen. Wir gehen unseren. Wir haben anderen Marktteilnehmern keine Ratschläge zu erteilen. Sehen Sie von den Schweizer Vorgängen eine politische Gefahr für das deutsche Buchpreisbindungsgesetz ausgehen? Halff: Nicht direkt. Aber es gibt natürlich einen Zusammenhang. Der erste Punkt, den man zur Kenntnis nehmen muss: Eine Überhöhung der Buchpreise in der Breite, wie sie von den deutschen Verlagen in der Schweiz praktiziert wurde, führt am Ende zu einem Fall der Preisbindung. Mit diesem Verhalten auch der deutschen Verlage untergraben wir unsere Glaubwürdigkeit. Wir dürfen die Preisbindung nicht dazu missbrauchen, aus ihr wirtschaftliche Vorteile zu ziehen, die in der Sache nicht begründet werden können. Wollen Sie sagen, die Preise seien auch in Deutschland überhöht? Halff: Nein. Aber wenn die gleichen Marktteilnehmer in der Schweiz diese tendenzielle Überhöhung durchgesetzt haben, stärkt das nicht ihre Position gegenüber der deutschen Politik. Wie wird es nun in der Schweiz weitergehen? Halff: Das sieht man ja bereits. Wir haben heute schon die von einer großen Publikumsaktion begleitete Kampagne von Ex Libris. Das Unternehmen hat 120 Läden, ist der einzige flächendeckende stationäre Anbieter in der Schweiz mit einem ebenfalls stark frequentierten Inernet-Shop. Ex Libris hat die Preise linear um 15 Prozent abgesenkt und verspricht sich davon einen Umsatzgewinn im Buchbereich um 100 Millionen Schweizer Franken. Amazon geht jetzt mit seinen Preisen für die Schweiz deutlich unter deutsches Niveau. Auch dieses Verhalten stärkt nicht die Preisbindung in Deutschland. Bisher hat Weltbild 20 Titel preisreduziert und die Aktion noch nicht in seinen Katalogen beworben. Wie machen Sie weiter? Halff: Diese Zahlen gelten heute. Über das Morgen und unsere künftigen Aktionen möchte ich mich nicht äußern.