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Frischzellenkur für Lünebuch

23. Februar 2012
von Christina Busse
Neue Fußböden, neues Lichtkonzept: "Lünebuch. Buchhandlung am Markt" in Lüneburg baut um – bei laufendem Betrieb. In jeder Woche wird eine der drei Etagen renoviert. Ein Baustellen-Bericht.

Die Schlagbohrmaschine lärmt, beim Flexen sprühen die Funken, dicke Kabelstränge liegen bloß: Die Buchhandlung am Markt in Lüneburg ist eine Großbaustelle. Und das bei laufendem Betrieb. Während Fußboden, Decke, Beleuchtung und Elektrik auf 1.000 Quadratmetern komplett saniert werden, "muss der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen weitergehen", wie Juniorchef Jan Orthey im Büro über den Verkaufsräumen erläutert.

Ein Jahr lang hat er den Umbau bis ins Detail geplant – am 4. Februar rückte dann der 20 Mann starke Handwerkertrupp an. Das Gesamtkonzept und die Lichtplanung verantworten die vor Ort ansässigen Fachleute, die Bauleitung liegt in den Händen eines Lüneburger Ingenieurs. "Es ist wichtig, jemanden zu haben, der mit seinem Know-how den Überblick hat und Ansprechpartner für alle Gewerke ist", betont Orthey und wirkt entspannt – die Hälfte der Arbeiten ist bereits abgeschlossen. "Richtig schlecht geschlafen habe ich nur am ersten Wochenende. Da musste ich den Server runterfahren, unser Herzstück", so der 32-Jährige.

Verschönerung im Wochentakt

Woche für Woche nehmen sich die Handwerker je eines der drei Stockwerke vor. Samstags ist die logistische Herausforderung am größten: Sobald die Teppichleger mittags fertig sind, stellen die Mitarbeiter mit der Unterstützung von Möbelpackern die frisch renovierte Etage wieder her, sodass hier am Montag wieder Bücher verkauft werden können. Statt wie sonst um 18 Uhr schließt Lünebuch zwei Stunden früher, damit die nächste Etage freigeräumt werden kann, während die Deckenbauer bereits ihre Arbeit vorbereiten. "Das klappt sehr gut. Jeder weiß, was er zu tun hat, und um 19 Uhr können wir Feierabend machen", erklärt Orthey beim Rundgang durch die Buchhandlung.

Die meisten Bücher bleiben beim Umbau in den Regalen. Graue Plastikfolie schützt Möbel und Ware vor Staub. Nur Bestseller und wirtschaftlich relevante Themenfelder ziehen vorübergehend auf die jeweils zugänglichen Etagen um.  "Wo finde ich denn die Lyrik?", blickt sich eine junge Frau suchend im frisch renovierten zweiten Obergeschoss um. "Die ist zurzeit leider nicht greifbar", antwortet Orthey. "Aber schon Ende dieser Woche ist die ganze Etage so schön, wie Sie es hier bereits sehen. Dann finden Sie die Lyrik wieder am gewohnten Platz", verspricht er.

"Heller und großzügiger"

Während das zweite Obergeschoss schon in neuem Licht erstrahlt, ist die erste Etage noch eine einzige Baustelle, vom Treppenaufgang durch Staubschutzfolie abgetrennt. Im Erdgeschoss geht der Verkauf noch im bisherigen Ambiente weiter. Die auffallendste Veränderung nach dem Umbau im OG: "Es wirkt viel heller und großzügiger", sagt Annekathrin Lippelt, eine der insgesamt 32 Mitarbeiterinnen, während sie noch einmal ein Tischchen in Position bringt und mit dem Tuch letzten Staubkörnchen zu Leibe rückt. Die alte Deckenabhängung wurde komplett entfernt: Das offene Rastersystem, das die dunkelbraun getünchten Betondecken und Kabelstränge mehr oder weniger verdeckte, stammte noch vom Vormieter aus den 80er Jahren. Auch die großen Neonröhren und schweren Strahler sind verschwunden.

Die neue Lösung wirkt elegant und leicht: In die Deckenabhängung aus weißen Faserplatten sind Einlegeleuchten mit opaler Abdeckung integriert. Dahinter sorgen je vier 14-Watt-Leuchtstoffröhren für die Grundbeleuchtung. Für eine schöne Raumwirkung sorgt vor allem die etwas tiefere Randdeckenabhängung mit indirekter Beleuchtung. Diese Verkleidung aus Gipskartonplatten wird vor Ort auf Maß gefertigt. Da die nicht sichtbaren Leuchtstoffröhren die Decken aufhellen und optisch anheben, wirkt der Raum deutlich höher, als er ist.

Bündig in die Randabhängung integriert: schwenkbare Spots mit 35-Watt-Entladungslampen, die die Regale ausleuchten. "Die alten Lampen waren richtige Stromfresser. Künftig können wir den Stromverbrauch fast halbieren", berichtet Orthey. Über den Kassen- und Infostationen setzen filigrane, weiße Porzellanzylinder mit Halogenlampen optische Akzente. An den Treppenaufgängen ist jeweils ein "Oberlicht" der Hingucker: Im zweiten Obergeschoss blickt man in einen blauen Himmel mit Schäfchenwolken – ein hinterleuchtetes Motiv von 1,20 mal 1,80 Metern, das in das Deckensystem integriert ist und Tageslicht simuliert. Im ersten Stock soll der Blick bald in grüne Baumkronen wandern können.

Edles Graubraun für wohnliches Ambiente

Auch die Akustik ist genau geplant. "Ich will mitkriegen, dass Leben im Laden ist, aber ich will nicht hören können, was die Leute reden", lautete Ortheys Vorgabe an den Innenarchitekten. Über die Deckenabhängung in Kombination mit dem Bodenbelag lässt sich der Geräuschpegel steuern. Der neue Fußboden ist ein Materialmix: Ein hochwertiger Kunststoff in hellem Ahorn bildet die Hauptlaufzone, daneben sorgt teppichartiges Material in edlem Graubraun für wohnliches Ambiente. "Ich möchte, dass sich die Kunden bei uns wie zu Hause fühlen. In einer gemütlichen Atmosphäre verbringt man gern mehr Zeit", sagt Orthey. Dazu tragen zwei Dutzend neue Sessel bei – "mit einer Form, die auch für ältere Menschen komfortabel ist".

Den Ausschlag für die umfassende Neugestaltung hat übrigens der Fußboden gegeben. Das grüne Linoleum, vor 13 Jahren neu verlegt, sei durch unsachgemäße Pflege vorzeitig unansehnlich geworden, berichtet Orthey, der daraufhin zu einem Rundumschlag ausholte, der auch die Deckengestaltung und die Elektrik miteinbezog. Einen "mittleren sechsstelligen Betrag" hat Orthey investiert, die Hausbank stand der Buchhandlung mit einem zinsgünstigen Kredit zur Seite.

Aber wie das oft so ist: Ist man an einer Stelle mit der Verschönerung fertig, wirken andere Details plötzlich ebenfalls renovierungsbedürftig. "Wir werden sicher noch einige Zeit beschäftigt sein, um unsere ganze Inneneinrichtung an die neue Gestaltung anzupassen." So sollen zum Beispiel die grünen Linoleumauflagen auf den Kassentresen und die grün gestrichenen Handläufe im Treppenaufgang bald ebenfalls der Vergangenheit angehören.

Vorher wird jedoch erst einmal gefeiert: Am 2. März will Orthey rund 400 Stammkunden zur "Blauen Stunde" einladen und mit Buffet und Livemusik auf das neue Erscheinungsbild von Lünebuch anstoßen. Zwei Tage darauf ist in Lüneburg verkaufsoffener Sonntag – beste Gelegenheit, sich der breiten Öffentlichkeit mit neuem Gesicht zu präsentieren und den Umbau auf zwei Sonderseiten in der Tagespresse zu annoncieren.

Bis dahin nimmt sich der Buchhändler wenigstens einmal am Tag eine Auszeit von der Baustelle: Mittags ist eine Stunde Gassigehen mit seiner Weimaranerhündin angesagt. Mette steht bereits im Flur, streckt sich, gähnt ausgiebig und macht klar, dass ihr jetzt nach dem anstrengenden Büroalltag Austoben zusteht. Und auch Jan Orthey freut sich darauf, im Grünen wieder Energie zu tanken.