Umfrage zur Schnellschiene

Wenn Bücher es besonders eilig haben

6. Oktober 2014
von Christina Busse
Bis das Weihnachtsgeschäft so richtig anläuft, ist es noch ein wenig hin. Eins scheint aber schon jetzt klar: Die Versandoption Schnellschiene kommt in die Jahre - die Verlagsauslieferungen haben mittlerweile ein Tempo erreicht, das ihre einst viel gelobten Vorteile langsam verblassen lässt.

Wenn die Nachfrage nach Büchern boomt, kommt der Nachschub besser heute als morgen. Damit das Tempo stimmt, und Lieferlücken möglichst klein ausfallen, bieten Verlage und Auslieferungen traditionell die Schnellschiene an: Zu Original-Verlagskonditionen finden Bestellannahme, Verpackung, Fakturierung und Versand im Expresstempo statt. Doch ist die Schnellschiene noch attraktiv, wenn der normale Versandweg die Anlieferung bestellter Bücher über Nacht zum Standard macht? boersenblatt.net hat sich in der Branche umgehört.

Je teurer umso besser  

„Die Schnelligkeit ist das A und O, besonders im Weihnachtsgeschäft“, weiß Imke Reuter, Vertriebsleiterin im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. Vor allem kleineren Sortimenten, die nicht alles vorhalten könnten, würde die Schnellschiene aktiv angeboten. „Wir empfehlen Geschenkbände, zum Beispiel Bildbände für 99 Euro – da lohnt es sich, Einzelexemplare zu bestellen, per Telefon, Mail oder Fax“, so Reuter. Allerdings sei das Ordervolumen im Expressversand rückläufig, „dank Einkauf über das Warenwirtschaftssystem und weil Prolit sehr schnell und gebündelt über die portofreie Schnellschiene per DPD verschickt“, erläutert Reuter.

Wer bestellt, bezahlt?  

Verstärkt zur Adventszeit beobachtet Simone Jung, im Vertrieb des Arena Verlags tätig, eine Nachfrage nach Lieferung per Schnellschiene. Dabei trägt der Handel die Portokosten. „Buchhändler rufen dann oft direkt bei uns an“, so ihre Erfahrung. Als Aktion bietet der Verlag meist zu Weihnachten Titelpakete im kostenlosen Schnellschienen-Versand an.

Über Vertreter und den Newsletter kommuniziert der Hädecke Verlag die Möglichkeit, sich im Weihnachtsgeschäft per Schnellschiene beliefern lassen zu können. „Bestellungen, die bis 13 Uhr mit dem Hinweis ‚Schnellschiene‘ bei uns ankommen, gehen noch am selben Tag mit DPD raus“, so Simone Graff. „Da wir ein kleines Warenlager im Haus haben und über kurze Wege verfügen, ist das schnell umsetzbar.“ Das Porto zahlt der Buchhändler, der dabei, laut Graff, kaum einzelne Bücher, sondern gleich mehrere Exemplare eines Titels bestellen würde. Graff kennt aber auch die Kehrseite der Medaille: „Ansonsten greift der Buchhandel tendenziell mehr auf das Barsortiment zurück, weil dort länger bestellt werden kann.“
 
Der Zeitgewinn: zwei Tage

Ganzjährig bietet die Prolit Verlagsauslieferung die Schnellschiene an. „Täglich gehen eine ganze Anzahl dieser Lieferungen auf Kundenwunsch raus, die Nachfrage ist stabil“, so Martin Jenne. Der Vorteil gegenüber der ‚normalen‘ Lieferung? „Gegebenenfalls ein Tag Zeitgewinn. Standardsendungen fakturieren wir morgens.“  Was über die Schnellschiene bis 12 Uhr mittags bestellt werde, gehe auch am selben Tag noch per DPD raus, betont er. „Und da wir diesen besonders schnellen Transportführer wählen - über 90 Prozent aller Sendungen stellt er am nächsten Tag zu - kommt zum Beispiel  im Vergleich zum Versand über die Bücherwagendienste noch einmal mindestens ein Tag Zeitgewinn hinzu.“ Den Buchhandlungen würden nur die reinen Portokosten berechnet werden.

Eine spezielle Schnellschiene in der Vorweihnachtszeit sieht Joachim Bachmann, Geschäftsführer der Brockhaus Commission in Kornwestheim als überholt an. „Unsere Abläufe sind auch auf Spitzenwerte abgestimmt, die Lieferung von heute auf morgen ist üblich“, erklärt er. Besonders eilige Sendungen könnten telefonisch bis 12 Uhr mittags bestellt werden, neben den Portokosten würden keine weiteren Zusatzgebühren für die Bearbeitung anfallen.

So schnell wie die Schnellschiene

Für die KNV Gruppe ist die Schnellschiene laut Einkaufsleiter Markus Fels mittlerweile nicht mehr relevant. „Tagesaktualität ist Bestandteil unseres Services und damit ganzjährig das Gebot der Stunde“, betont Fels, „diese Professionalität behalten wir auch im Weihnachtsgeschäft bei.“ Das bestätigt Johannes Braun, Leiter Operations bei Sigloch Distribution: „Die tagesaktuelle Auslieferung ist die Schnellschiene.“ Auch im Weihnachtsgeschäft könne deshalb der Großteil der Lieferungen auf dem Standardweg abgewickelt werden, der, so schätzt Braun, zu rund 70 Prozent über die Touren der verschiedenen Bücherwagendienste zugestellt werde. „Alles Weitere regeln wir kundenindividuell: Der Kunde gibt vor, über welchen Versandweg er beliefert werden will“, so Braun.

Erfolgsmodell für den Einzelfall

Ist die Schnellschiene also ein Auslaufmodell? Solange die Eilsendungen nachgefragt werden, werden sie als Kundenservice beibehalten, auch wenn die Standardlieferung der traditionellen Schnellschiene kaum noch nachsteht. Dabei können sich für den Buchhandel individuelle Vereinbarungen und saisonale Angebote, bei denen zum Beispiel der Verlag sich an den Portokosten beteiligt, lohnen.