Umgehen mit der Arbeitsbelastung

Ideen für ein glückliches Gehirn

20. November 2015
von Börsenblatt
Wenn immer mehr Menschen sagen, dass ihre Arbeit sie stark belastet, ist das nicht bloße Jammerei. Es ist vielmehr sehr ernst zu nehmen, betont Neurobiologe Joachim Bauer und erklärt, wie es besser gehen könnte. 

Der eine ist unglücklich, weil er einen Job hat, der andere, weil er keinen hat. Einfach ist es nicht mit der Arbeit, und das liegt an zwei Faktoren: daran, dass die meisten auf sie angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen; und daran, dass nicht irgendein Job das Wahre ist – die Umstände müssen stimmen, wir brauchen positive Herausforderungen und Anerkennung, und dann geht es uns auch gut selbst mit viel Arbeit.

Das Leben ist nun mal kein Ponyhof, ist die saloppe Antwort darauf: Statt zu jammern, solle man sich lieber zusammenreißen. Das klingt nach Schonprogramm für Unternehmer und Vorgesetzte, die mit dieser Einstellung sich um vieles nicht kümmern müssen, und das ist es auch, sagt Neurobiologe und Psychotherapeut Joachim Bauer. Tatsächlich schadet diese Einstellung auch dem Unternehmen. Denn unzufriedene, zu stark belastete und unglückliche Mitarbeiter können krank und zu einem beträchtlichen Kostenfaktor werden.

Krankenkassen wissen, dass das immer öfter geschieht. Und Ärzte betonen, dass Burnout nicht Ausdruck von Faulheit ist, sondern eine ernst zu nehmende Störung. Sie tritt immer häufiger auf, weil sich Arbeitsstrukturen und -bedingungen rapide verändern.

"Die Feinde der Arbeit sind dort zu suchen, wo Menschen entwürdigt, mit sinnentleerten Arbeitsschritten beschäftigt, unter unmenschlichen Druck gesetzt, schlecht bezahlt oder zu seelenlosen Maschinen gemacht werden", erklärt Bauer, also auch, wenn sie keinen Spielraum haben und jeder ihrer Schritte kontrolliert wird. Das "Problem" ist unser Gehirn, dieses faszinierende Organ, das vieles kann, aber nicht alles wegsteckt. Für das Gehirn kommt es nicht nur darauf an, überhaupt einen Job zu haben, sondern auch darauf, wie er organisiert ist oder wie die Begegnungen mit Vorgesetzten und Kollegen verlaufen.

Das wurde schon oft gesagt. Studien belegen aber, dass offensichtlich immer noch nicht angekommen ist, dass Mitarbeiter eine wichtige Ressource sind, die man besser pfleglich behandelt. "Nicht nur Banken und große Konzerne, auch Beschäftigte und ihre Gesundheit sind 'systemrelevant'", betont Bauer. Der renommierte Freiburger Wissenschaftler appelliert an Unternehmer, Vorgesetzte und Politiker, aber auch an Arbeitnehmer und Selbstständige: "Das Glückspotential der Arbeit zerstören nicht nur jene, die andere in unwürdige Arbeitsverhältnisse zwängen, sondern auch diejenigen, die sich ohne Gegenwehr mit einer solchen Situation arrangieren."

Wer mehr wissen will über die verschiedenen Aspekte der Arbeit, über ihre Geschichte oder über Arbeitsphilosophien von der Bibel oder Karl Marx bis zu neuen Ansätzen findet Informationen und Anregungen in Bauers gut geschriebenem, leicht zugänglichem Buch "Arbeit. Warum sie uns glücklich oder krank macht" (Heyne TB). Verschenken sollte es zudem, wer sich wünscht, dass zukünftige Studien zum Thema Arbeit und Arbeitszufriedenheit besser ausfallen als die aktuellen.