Urzeitliches Verhalten in der modernen Bürostruktur

Uralte Instinkte

28. Februar 2017
von Börsenblatt
Unser Verhalten im Job ist von urzeitlichen Reflexen geprägt, behauptet ein österreichischer Verhaltensbiologe. Das kann ja heiter werden.

Immer öfter versuchen Autoren, die Mechanismen und Charakterzüge am Arbeitsplatz interdisziplinär zu erklären. Gerade liegen Ansätze aus der Biologie im Trend, wie einige der in dieser Rubrik vorgestellten Bücher gezeigt haben. Besonders in Österreich scheint es dafür ein Faible zu geben: Nach "Gewinner grübeln nicht", das sich auf Erkenntnisse der Neurobiologie stützt, hat der Wiener Goldegg Verlag nun "Unter Affen" aus der Feder des Verhaltensbiologen Gregor Fauma vorgelegt (242 S., 19,95 Euro).

Auch den Primaten als Symboltier für Bürolandschaften hatten wir hier bereits. Fauma erklärt, so der Untertitel, "warum das Büro ein Dschungel ist": Körpersprache, Verhalten in Hierarchien, Führungsanspruch, Unterordnung, Kooperationsbereitschaft – all das wird durch unsere Millionen Jahre alte Prägung bestimmt. Er beschreibt, welche exemplarischen Verhaltensmuster am Arbeitsplatz für Verhaltensbiologen bemerkenswert sind, wie sie sich begründen und "was eventuell klüger zu tun wäre".

Ein höchst interessantes, oft humoriges Buch, nach dessen Lektüre man sich selbst und die Kollegen mit anderen Augen betrachtet. Wie oft hat man es schon erlebt, dass der Oberboss entspannter und zurückgenommener agiert als der Abteilungsleiter. "Nicht mehr das Protzen und Klotzen mit Statussymbolen, sondern der bewusste Verzicht darauf wird zum Botschafter des Darüberstehens", schreibt Fauma. "Die Angeber und Wichtigtuer kämpfen noch auf der Karriereleiter, der wirklich Erfolgreiche hat dies längst hinter sich und zeigt das deutlich."

Es könnte so schön sein: Denn der moderne Mensch ist perfekt konditioniert. Nur leider für das Überleben damals in der Savanne und nicht für heute im Büro. "Der Körper, in dem das Gehirn steckt, ist mehr oder weniger noch immer der alte, der unserer Vorfahren", schreibt Fauma. Und auch unser Gehirn entspricht noch den Anforderungen dieser Millionen Jahre andauernden Zeit. "Gerade wenn wir emotional werden, wenn Emotionen unser Verhalten intensiv verändern, spüren wir den Hauch der Vergangenheit." Emotionen seien damals in der Savanne sehr hilfreich gewesen, hätten in überlebenswichtigen Momenten sogar bis hin zum kompletten Ausschalten des Verstands geführt.

Diese Urinstinkte stehen uns – vor allem in als ähnlich überlebenswichtig empfundenen Situa­tionen am Arbeitsplatz – nun im Weg. Der Homo sapiens von heute ist rund um die Uhr damit beschäftigt, die Ratio gegenüber den Emotionen siegen zu lassen, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Dabei führt gerade schlechte Laune oft zu einem schnelleren und damit flexibleren Denken.

Wir haben zwar die Savanne verlassen, so Fauma. "Statt einander zu lausen, schicken wir Whatsapps, und die gemeinsame Jagd wurde von Unternehmensstrukturen abgelöst." Aber die Savanne hat unsere Köpfe nicht verlassen. "Sie steckt noch immer tief in uns und möchte ständig zur Geltung kommen." Gemessen an den Zeitabständen dieser Evolution bekam der Mensch gerade erst die Sprache geschenkt und wurde einen Tag später raus aus der Savanne und hinein in einen Seminarraum katapultiert. "Da sitzt er nun bekleidet in einem Meeting, hält Präsentationen und kämpft mit dem Controller um ein höheres Marketingbudget."

Fauma betont, dass die Evolutionstheorie sehr viel erklären und herleiten kann, "dass sie aber niemals irgendetwas entschuldigt. Der Kampf um Ressourcen und Status ist meist brutal und grausam. Viele unserer Verhaltensmuster sind darin begründet, aber dadurch nicht legitimiert."