An der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) hat er Tradition, der Kleinverlegertag. Organisiert vom PR-Projekt des Studiengangs Buchhandel/Verlagswirtschaft, wird die Veranstaltung seit ihrem Stapellauf vor 14 Jahren vom Arbeitskreis kleinerer unabhängiger Verlage im Börsenverein (AkV) unterstützt. Auch ihrem Namen ist sie treu geblieben, obwohl sich umtriebige Neugründer heute gern mit dem anglophil-schnittigen, aus der Musikindustrie importierten Begriff Independent schmücken. Die Leipziger Studenten bleiben beim einmal durchgesetzten Label sonst müßten sie womöglich im tiefsten deutschen Herbst einen Independence Day begehen.
Der Kleinverlegertag lebt von der Vielfalt der Bücherlandschaft. In der aktuellen Ausgabe wollten die Leipziger ausloten, wie kleinere Touristikverlage in stürmischen Wettbewerbs-Zeiten Kurs halten. Ein hochaktuelles Thema: Eben hat der deutsche Marktführer im Bereich Reiseliteratur und Landkarten, MairDuMont, den bis dato zweitgrößten Produzenten kartographischer Produkte, Carto Travel, übernommen. Am Tag bundesweiter Bahnstreiks besaß das Veranstaltungs-Motto Gute Reise! programmsprengenden Doppelsinn: Rolf Nüthen, seit Jahren verlässlicher AkV-Gewährsmann auch für den HTWK-Nachwuchs, saß am Frankfurter Hauptbahnhof fest. Sein Part wurde von Verleger Horst Temmen, dessen Edition Temmen heuer ihr 20jähriges Jubiläum feiert, souverän mit übernommen. In moderierten Verlagspräsentationen und einer abschließenden Podiumsdiskussion gaben Temmen und seine beiden Kollegen Lutz Gebhardt (Verlag grünes Herz) und Wolfgang Henkel (L&H Verlag) differenzierte Einblicke in einen Markt, der sich im Umbruch befindet und unter einem nicht selten irrwitzige Blüten zutage treibenden Aktualitätsdruck ächzt. Eigentlich sollte Jörg Werner von der Leipziger Reisefibel diesen Marktüberblick schon zum Auftakt liefern. Doch der studierte Diplom-Geograf beließ es bei eher anekdotischen Einblicken in den interessanten Alltag der Buchhandlung mit angeschlossenem Reisebüro. Dass die Bücher der Touristik-Independents auch in der Reisefibel eher imagebringende Tapete als Umsatzbringer sind die anwesenden Herren Verleger nahmens augenrollend hin. Ob, wie Henkel meinte, der Leidensdruck der Kleineren inzwischen so groß ist, dass Kooperationen unabdingbar sind, oder man sich, nach Temmens Vorbild, eher als Einzelkämpfer in der Nische festsetzen soll, wird sich weisen. Der Bremer Verleger hatte indes mit einer chinesischen Weisheit das ultimative Schlußwort parat: Das beste Geschäft ist, wenn alle lachen. Gemessen am Heiterkeitspotenzial im großen HTWK-Hörsaal laufen die Geschäfte auch für die Kleinen - besser, als es die medial verbreitete Stimmung vermuten lässt.
Weitere Berichte zum Thema finden Sie auch in unserem
HTWK-Studi-Blog!