Verhandlungsführung klug gestalten

Zum Tango mit dem Chef

11. Februar 2016
von Sabine Schmidt
Haltung einnehmen, tief durchatmen und das Gegenüber führen: Claudia Kimich geht Verhandlungen tänzerisch an und empfiehlt, den Partner genau im Blick zu haben.

Erst mal warm anziehen und auf ins Gefecht: Das ist kein guter Ansatz, meint Claudia Kimich. Sie bittet lieber zum "Verhandlungstango" und will schwierigen Gesprächen so nicht den Ernst, aber die Schwere nehmen (C. H. Beck, 232 S., 19,80 Euro). Dabei konzentriert sich die Beraterin und leidenschaftliche Tänzerin vor allem auf den Beziehungsaspekt: Was ist das für ein Typ, mit dem man eben besser nicht in den Ring steigt, sondern seine Runden auf dem Parkett dreht?
Vier Verhandlungspartner stellt sie vor: den sachlichen Vor­gesetzten oder Kunden, den Small Talk und Geplänkel nicht interessieren, sondern Zahlen, Fakten und Ergebnisse; den dominanten Typ, der Machtspielchen liebt, gern austeilt und mit ­Statussymbolen klarmacht, dass er am oberen Ende der Nahrungskette herrscht; den unberechenbaren, flatterhaften Star, der sich wenig für Inhalte interessiert, aber umso mehr dafür, dass er gut in Szene gesetzt ist und glänzen kann; und den Teamplayer, der eine solide Zusammenarbeit schätzt.
In der Regel sind das keine Typen, sondern Persönlichkeits­anteile, meint Claudia Kimich. Besonders anstrengend wird es, wenn sich dominante und Star-Anteile mischen. Aber auch alle anderen Varianten sind nicht zu unterschätzen, sie empfiehlt deshalb sorgfältige Vorbereitung, wenn es in Verhandlungen geht. Auf der inhaltlichen Ebene: Man muss seine Zahlen parat haben und nicht nur gut begründen, sondern auch gut erklären können, warum man mehr Geld für ein Unternehmensprojekt braucht; ebenso muss man natürlich alle Details parat haben, um ein Produkt im Kundengespräch zu verkaufen. Man sollte sich aber auch auf den Menschen einstellen, mit dem man spricht.
"Wenn Sie Ihren Verhandlungspartner als Star oder Stella erkannt haben" – als den Typ, der vor allem glänzen will –, "dann schreiben Sie jegliche zeitliche Planung ab", empfiehlt Claudia Kimich. Denn dieser Typ lässt Termine gern ausfallen oder verschiebt sie bis zum Sankt Nimmerleinstag, auch und gerade, wenn es um mehr Gehalt geht. "Nutzen Sie die Gunst der Stunde, um zum Verhandlungstango aufzufordern, wenn Sie zum Beispiel einen Erfolg erzielt, eine sehr zufriedene Kundenmeinung bekommen oder jemandem den Allerwertesten gerettet haben" – während man den sachorientierten Typ mit diesem Anliegen besser nicht überrascht.
Beim Machtspieler – "Domenik und Domenika" – sollte man auf starken Gegenwind gefasst sein, frisch im Kopf, schlagfertig und widerständig. Klug verhandeln, auch mal einen Zwischenschritt machen, sich aber nicht alles gefallen lassen. Im Gegenteil: "Wenn die Emotionen hochkochen, lassen Sie sie raus und zwar genau so, wie Sie sie spüren und schlimmstenfalls auch ohne Rücksicht auf Verluste. Wichtig ist, dass Sie dabei das Jammern komplett vermeiden", meint Claudia Kimich. "Domenik und Domenika wollen Gegner, keine Opfer."
So erfrischend das klingt: Man sollte im Kopf behalten, dass man auch verlieren kann, sich klar darüber sein, welches Tänzchen man wagt, und bereit, die Konsequenzen zu tragen. Eine Erfolgsgarantie gibt es nie. Aber der Tanz wird besser, wenn man sich auf den Partner einstellt – und wenn es bei diesem Turnier nicht klappt, dann vielleicht beim nächsten.