Verlegerumfrage zum religiösen Buchmarkt

Was läuft?

23. August 2018
von Isabella Caldart
Trotz sinkender Umsätze auf dem Buchmarkt geben sich religiöse und spirituelle Verlage optimistisch. Programme werden umgebaut, neue Segmente entwickelt. Wohin geht die Reise?

Reiner Morbitzer, Leiter Vertrieb und Marketing, Grünewald Verlag
 
"Wir entwickeln die Themenbereiche weiter, die auch bei den Lesern verstärkt nachgefragt werden; so findet das Segment Religionen in der Gesellschaft und dabei auch die politische Dimension der Kirche vermehrt Interesse bei den Buchkäufern. Wachsendes Interesse stellen wir ebenso an zeitgemäßen Formen der Spiritualität fest, während kircheninterne Diskussionen aktuell weniger gefragt sind. Unser Hauptvertriebsweg ist der stationäre Buchhandel. Mit dem Sortiment wollen wir künftig weiterhin partnerschaftlich zusammenarbeiten und machen ihm konkrete Angebote: Das Magazin 'Lebe gut', in dem Artikel zu verschiedenen Bereichen wie Religion und Lebenshilfe, aber auch Rezepte erscheinen, kann kostenlos als eigenes Kundenmagazin eingesetzt werden."

Joachim Kamphausen, Verleger, Kamphausen Media
 
"Seit dem Eintritt meiner Tochter in das Unternehmen Ende vergangenen Jahres haben wir die systematische Marktforschung intensiviert. Wir schauen mit neuen Augen auf Themen und beziehen Medientypen on- und offline in unsere Überlegungen mit ein. Novitäten, zumal von neuen Autoren, tun sich nämlich immer schwerer, während die Backlist – das Bekannte – stärker wird. Zu verschiedenen neuen Buchtiteln gibt es ergänzende Onlineseminare. Im Handel haben wir einen anderen Weg als die großen Verlage gewählt: Wir wollen im Wesentlichen über den stationären Buchhandel vertreiben. Daher bieten wir die Onlineseminare in der Regel in einer Verkaufsbox an. Der traditionelle Buchhandel ist und bleibt unser stärkster Handelspartner, den wir unterstützen und stärken wollen."

Tobias Weismantel, Geschäftsführer, Deutscher Katecheten-Verein
 
"Als Fachverband für religiöse Bildung mit über 6.000 Mitgliedern aus Wissenschaft und Praxis haben wir den Vorteil, direkt mit den wesentlichen Playern Bedarfe eruieren zu können. Dabei bedienen wir bewusst auch Nischen, wie etwa den Bereich der Erwachsenenkatechese. Bei uns wachsen die Bereiche Kinderbuch und religionspädagogische Literatur für die Arbeit mit Kindern. Klassische Arbeitshilfen für Lehrerinnen und Lehrer hingegen sind weniger gefragt sind als früher, beispielsweise aufgrund kostenloser Angebote der Mitbewerber. Was die sozialen Medien betrifft, stellen wir fest, dass unsere Zielgruppe diese Vertriebswege noch etwas scheut. Unser Plus: Unsere Mitglieder sind Multiplikatoren für unsere Publikationen, gerade bei Fortbildungen sind sie sehr nah an den Endabnehmern. Mit künftigen Titeln streben wir neue Kooperationen an; jene, die wir bereits haben, wollen wir weiter ausbauen."

Michael Wieser, Vertriebsleiter, Butzon & Bercker
 
"Als Verlag muss man sich heutzutage natürlich fragen: Verlässt man die konfessionelle Linie oder stärkt man sie? Für uns ist ganz klar: Wir machen Letzteres! Schließlich sind wir als Marke sehr bekannt. Auch der Non-Book-Bereich im Sinne von Devotionalien hat sich sehr entwickelt, spürbar mehr als der Buchbereich. Wir haben viel stationären Mittelstand, der Kerzen, Weihrauch oder konfessionelle Geschenkartikel kauft, und dieses Kundenspektrum wird auch so bleiben. Der konfessionelle Markt ist groß. Zudem haben wir kleinere Auslieferungen auch mit anderen Verlagen. Da benötigt man nicht einmal unbedingt einen Onlineshop."

Thomas Häußner, Verlagsleitung, Echter Verlag

"Wir setzen auf inhaltliche Kontinuität und Verlässlichkeit, beobachten aber zugleich sehr genau, welche Themen wir spontan umsetzen können – wie zum Beispiel unsere satirische Schrift 'Christliches in der AfD', der wir im Herbst ein Buch folgen lassen. Dieser Titel mischt sich ernsthaft in die Debatte um christliche Werte in der Politik ein, indem darin alle im Bundestag vertretenen Parteien die Chance haben, ihre Position dazu darzustellen. Schwieriger sind die Themen, die auch von großen Verlagshäusern aufgegriffen werden. Chancen bieten sich im Bereich des religiösen Buchs, das über Mainstream-­Spiritualität hinaus ausreichend große Nischen sachkundig bedient."

Detlef Holtgrefe, Verlagsleiter, adeo Verlag
 
"Über die christlich-spirituelle Marktnische hinaus haben wir hohe Relevanz gewonnen. Leser wie Händler schätzen unsere Kompetenz in den Genres Roman, Biografie und spirituelle Ratgeber, aber auch der Non-Book-Bereich entwickelt sich erfreulich. 'Mit 50 Euro um die Welt' von Christopher Schacht hat die Bestsellerlisten erobert und auch auf das Werk 'Kirche, öffne dich!' von Harald Glööckler freuen wir uns, das eine ganz andere Ziel­gruppe anspricht. Nach dem Verkauf durch Random House an die Stiftung Christliche Medien haben wir ein wunderbares Team von Vertretern aufgebaut. Lesungen sind sehr gefragt, was uns signalisiert: Wir sind am Puls des Interesses."