BookBytes hat nachgefragt

Die digitale Vorschau VLB-TIX: Erste Eindrücke aus der Pilotphase

5. Juni 2015
von Börsenblatt
Lars Birken-Bertsch (Aufbau Verlag), Christiane Schulz-Rother (Tegeler Bücherstube) und René Kohl (Kohlibri) sind Pilotpartner von VLB-TIX und schildern hier ihre ersten Eindrücke von dem mit vielen Hoffnungen begleiteten Brancheninstrument, das sich zum Ziel gesetzt hat, zukunftsorientierte Wege zu gehen.

Seit Anfang dieser Woche läuft die Beta-Phase von VLB-TIX mit über fünfzig Pilot-Partnern aus Buchhandlungen und Verlagen unterschiedlichster Größenordnungen und Firmen-Profile. Wir haben schon in diesem frühen Stadium drei Unternehmen nach ihren ersten Eindrücken gefragt, auch um herauszuhören, wie groß die Stellschrauben sind, die in den nächsten Monaten nachjustiert werden müssen. Und laden alle »Mit-Tester« (und selbstverständlich auch alle anderen Leserinnen und Leser) ein, sich hier mit Kommentaren, Wünschen, kritischen Einwürfen und ersten Eindrücken zu VLB-TIX aktiv einzumischen!

Lars Birken-Bertsch | Stay tuned!

Wir begegnen dem Umstand, dass jetzt auch noch die Vorschauen und damit zwangsläufig der Ersteinkauf ins Netz abwandern sollen, erst mal mit großer Skepsis. Zu eingeübt scheint das Ritual des Vorschauversands. Zu stark klebt noch das Selbstbild der Verlage an der gedruckten Vorschau. Und zu groß ist die Sorge, in einem digitalen Einerlei unterzugehen und austauschbar zu werden.

Wer sich aber nur für eine Stunde auf VLB-TIX zu orientieren beginnt und die bisher angebotenen Funktionen testet, erkennt sehr schnell das Potential einer solchen Online-Lösung – und zwar für alle Beteiligten! Viele Bedenken und Vorurteile lassen sich schnell ausräumen, und neue Möglichkeiten des vernetzten Arbeitens tun sich auf. Das »Arbeitsmittel« Vorschau erfährt hier eine neue Dimension: Information lässt sich in digitaler Form eben besser, schneller und rationeller bearbeiten und vor allen Dingen auch weiterverarbeiten und verbreiten.

Das Gute an der Pilotphase ist, dass wir auf die weitere Ausarbeitung des Auftritts noch Einfluss nehmen können. Im Vorfeld haben wir Verlage in Gesprächen mit der MVB darauf hingewiesen, dass individuelle Präsentationen und die deutliche Sichtbarkeit zusammenhängender Verlagsprogramme essentiell für uns sind. Gewünscht waren Darstellungsformen, die über nüchterne Katalogeinträge hinausgehen und von Verlagen selbst gestaltet und gesteuert werden können. Analog zur gedruckten Vorschau ist es jetzt möglich, Titel durch die »Bühnen« atmosphärisch und inhaltlich aufzuladen. Dies scheint mir, nach notwendigen kleinen Korrekturen, sehr gelungen. Das Zusammenspiel von Titelbühnen und den erweiterbaren Titeldetailinformationen funktioniert und gibt uns genug Raum, Inhalt und Relevanz eines Titels sichtbar zu machen.

Auch das Vorschau-Tool ist praktikabel und übersichtlich. Die Programme kann man sich in drei verschieden Ansichten zusammenhängend darstellen lassen (Liste, Cover, Präsentation), zusätzlich gibt es den Link zum Download des Vorschaudokuments als PDF.

Soweit ein erster schneller Blick aus Verlags- und Marketingsicht und ein herzliches Dankeschön ans VLB-TIX-Team! Gespannt sein dürfen wir noch auf den Relaunch von Edelweiss, dem Konkurrenzprodukt aus dem Hause Harenberg. Aber so oder so: Stay tuned to the future of publishing!

Christiane Schulz-Rother | Die Euphorie ist (noch) nicht groß

Zum ersten Mal stimmte ich, noch ziemlich skeptisch, auf einer VVA-Sortimentertagung per Handzeichen für das Projekt »Digitale Vorschau«. Das war im Februar 2014. Später erhob ich auf diversen Branchentreffen die Hand, von Mal zu Mal überzeugter. Zum ersten Mal ermöglichte die MVB eine intensive Beteiligung an einem Projekt in Form von Webinaren, Diskussionen und aktiver Mitarbeit.

Ich habe meine Mitarbeiter davon überzeugt, dass eine digitale Vorschau Vorteile für unsere  Arbeitsweise hat. Kein lästiges Schleppen der schweren Vorschaupakete von Filiale zu Filiale, keine zeitraubenden Telefonate, nur um die Zahlen der gewünschten Bücher und Leseexemplare zu notieren, kein doppelt- und dreifaches Nachsehen auf Skype, in Mails und Notizbuchseiten, wem welches Leseexemplar gefallen hat. Und endlich auch kein händisches Übertragen der Reiseaufträge in mein Warenwirtschaftssystem, wenn die BWA-Datei nicht gesendet wurde, nun alles handlich, praktisch und auf einen Blick, dank VLB-TIX.

Am letzten Montag erhielt ich meine Zugangsdaten für die Testphase und durfte nun endlich der Einführung lauschen. Und ja, ich war enttäuscht: was ich mir so schön erträumt habe, ist noch gar nicht möglich! Es gibt für uns noch keine Möglichkeit, dass die Mitarbeiter aus den einzelnen Filialen ihre Bestellwünsche eintragen können, denn es existiert bisher nur ein einziger Warenkorb. Die Verlage haben derzeit bis auf wenige Ausnahmen nur ihre Titel eingestellt, ohne Annotationen, Möglichkeiten der Werbematerialienbestellung, ohne Referenztitel, ohne Aktionspakete.

Die Übertragung der Bestelldaten möchte ich von meinem Rechner direkt erledigen, aber darauf ist kein Vertreter eingestellt. Und selbst wenn – das System ist noch nicht in der Lage, individuelle Konditionen, Zahlungsziele und Rabatte zu übertragen. Auf die Euphorie folgte also Ernüchterung.

Auf Nachfrage wurde mir zugesichert: ja, das kommt noch, man sei ja erst in der Testphase, es gibt noch so viele Möglichkeiten, die alle nach und nach eingearbeitet werden. Ich hebe daher weiterhin meine Hand und bin sogar noch überzeugter als bisher, denn diese erste Testphase zeigt auf, was alles möglich ist. Aber ich werde die nächsten Entwicklungsschritte abwarten und hoffe, dass ich nicht zu lange warten muss. Ich als Berlinerin bin ja leider mit Großprojekten vorbelastet … Ich drücke uns allen die Daumen!

René Kohl | Schon jetzt ein großer Wurf

Die Buchhandlung kohlibri.de ist eine besondere Online-Buchhandlung: Unser Bestreben ist es gerade nicht, unseren Kunden »Eine Million Titel!« zu präsentieren, sondern wir haben den Ehrgeiz, für unser Zielgruppe – eine anspruchsvolle Kundschaft, die kuratierenden Buchhandel und deshalb unsere Empfehlungen schätzt – genau die fünfhundert bis eintausend Titel pro Halbjahr zu entdecken, die es nach unserer Auffassung wert sind.

Insofern ähnelt unsere Arbeit der vieler Sortimentsbuchhandlungen, weil wir wie sie in der Auswahl, der Filterung, der Reduktion unsere Aufgabe sehen. Der Mehrwert liegt im Weglassen.

Ein erster großer Nutzen von VLB-TIX für uns liegt darin – das lässt sich nach einer Woche Arbeit mit der Plattform schon feststellen –, dass uns das Auswahlverwahren eminent erleichtert wird.

Das Durcharbeiten der Printvorschauen, das Selektieren der relevanten Titel des nächsten Halbjahres, danach dann aber auch das Digitalisieren dieser Auswahl durch Erfassen entweder direkt in unsere Online-Shop-Software oder in Hilfslisten (wir haben da in den letzten Jahren viel ausprobiert … ), die dann noch in unseren Shop überführt werden müssen – das alles dauerte in den letzten Jahren bis Ende Juli. Mit VLB-TIX werden wir diese Arbeit bereits Mitte Juni abgeschlossen haben.

Eine maßgebliche Rolle für die Arbeit mit der »Vorschau-Plattform« spielt dabei, dass wir als Buchhändler nicht mehr nur, wie sonst in allen bisherigen digitalen Systemen, als Konsumenten unterwegs sind, sondern als Prosumenten tätig werden können. Allein ein von uns definierter Filter – die Liste der ca. 200 Verlage, mit denen wir in den letzten Jahren nennenswert zusammengearbeitet haben – gibt ein ganz neues Bild auf die Herbstproduktion der Branche.

Der Einsatz individuell erstellbarer Filter, etwa »Zeige mir alle Krimis aus folgenden fünfzehn Verlagen, die in den nächsten vier Wochen erscheinen werden«, wird unsere Arbeit in den nächsten Jahren deutlich verändern.

Auch die ersten zwei Tools, die uns helfen, Titel zu merken und Notizen zu hinterlegen, zeigen für uns schon große Wirkung und Einsatzmöglichkeiten. Sie sind, neben der Güte der Verlags-Metadaten, die Grundbausteine eines buchhändlerischen Redaktionssystems, das für die Programm- und Werbeplanung und künftig die Budgetierung eine zentrale Rolle spielen wird.

Dazu macht das Blättern und Stöbern, das Suchen und Entdecken in der Datenbank schon jetzt großen Spaß. Wir freuen uns sehr über jeden Input, den die Verlage liefern – wir meinen, die Datenpflege ist aller Mühen wert und wird sich auch durch Verkaufszahlen rechtfertigen.

Mein Fazit nach einer Woche: VLB-TIX ist schon jetzt ein großer Wurf, den wir sofort in unseren Arbeitsalltag integrieren werden.