Virtual und Augmented Reality

Eine neue Weltanschauung

27. Juli 2016
von Börsenblatt
Arthur C. Clarke, der Autor von »2001: Odyssee im Weltraum«, hat diesen Satz geprägt: »Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.« Das derzeitige Massenphänomen Pokémon GO und der in seiner Beta-Phase befindliche Virtual-Reality-Shop Buy+ des chinesischen Internetkaufhauses Alibaba zeigen uns heute schon die magisch anmutenden Vorboten einer neuen Weltanschauung.

Die App Pokémon Go hat sich rechtzeitig zum diesjährigen Sommerloch zu einem wahren Massenphänomen entwickelt. Gestern hat der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel verfügt, dass die von Pokémon Go-Spielern belagerte Giradet-Brücke an der Kö zeitweise für den Autoverkehr gesperrt wird. Und die Rheinbahn wird wohl den Beispielen von München und Augsburg folgen, und Sonderfahrten für Pokémon-Jäger anbieten. Worum geht es dabei überhaupt? Pokémon Go ist eine Spiele-App, mit der man in seiner aktuellen Umgebung Monster entdecken und einfangen kann. Nach dem Download der App und dem Registrierungsprozess sieht man auf dem Smartphone-Display zunächst lediglich eine auf GoogleMaps basierende, virtuelle Ansicht seines Aufenthaltsortes und sich selbst als Avatar. Wenn man sich in Bewegung setzt, folgt der Avatar den eigenen Spuren. Und plötzlich taucht in der unmittelbaren Umgebung ein virtuelles und oft niedliches Monster auf. Wenn man es antippt, verändert sich plötzlich die Display-Ansicht. Die Kamera schaltet sich ein und man sieht das Monster in die reale Welt eingebettet. Nun kann man es mit einem Ball einfangen und Punkte sammeln. Es gibt selbstverständlich noch viele weitere Features bei Pokémon Go. Mehr darüber ist beispielsweise auf der offiziellen Website zu erfahren.

Pokémon und der Einzelhandel

Der Einzelhandel und Restaurants können vom Pokémon go-Hype profitieren, wenn sie als Arena oder PokéStop fungieren oder sich in dessen unmittelbarer Nähe befinden und somit von vielen Pokémon-Spielern aufgesucht werden. Es lohnt sich also nachzuschauen, ob dies beim eigenen Unternehmen der Fall ist. Spiegel-Online berichtet, dass sich McDonalds bei der Einführung von Pokémon Go in Japan die Markierung von 2.500 Filialen als PokéStop und für 400 Filialen den Eintrag als Pokémon-Arena zu einem nicht genannten Preis gesichert hat. Aber auch, dass unabhängige Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte von Umsatzsteigerungen berichten. Mehr über PokéStops hier und hier.

Buy+

Für sich allein betrachtet ist Pokémon Go vielleicht nur ein Sommerhype, der nach ein paar Monaten wieder in der Bedeutungslosigkeit versinkt, wie es schon bei vielen anderen Internetsensationen der Fall war. Doch wenn man erfährt, dass gleichzeitig und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt der chinesische Internetgigant Alibaba bereits seit einiger Zeit die Betaphase seines Virtual-Reality-Shops Buy+ betreibt, bekommt das Phänomen Pokémon Go noch eine andere Dimension.

Auf dem Taobao Maker Festival in Shanghai konnten am vergangenen Wochenende Besucher mit einer VR-Brille den Shop besuchen und erleben, wie sich der Onlinehändler das Einkaufen der Zukunft vorstellt. t3n berichtete, dass man sich dort in einer 360-Grad-Umgebung bewegen und einzelne Produkte in allen Details anschauen konnte. Es war auch möglich, sich Kleidungsstücke auszusuchen und diese von Models vorführen zu lassen. Zwar hüllt sich Alibaba über den Launchtermin von Buy+ noch in Schweigen, doch einige Auguren vermuten, dass dies noch in diesem Jahr der Fall sein wird.

World to go

Schon zu Beginn dieses Jahres wurde prognostiziert, dass in 2016 der Durchbruch von Virtual und Augmented Reality kommen wird. Bookbytes-Blogger Knut Nicholas Krause hat darüber bereits im Januar ausführlich berichtet. Pokémon Go und Buy+ sind die Belege dafür, dass dies wohl tatsächlich eintreten wird.

Es ist zu diesem Zeitpunkt schon offensichtlich, das VR und AR nicht nur die Anschauung unserer Welt, sondern auch unser Verhalten in ihr verändern wird. In welcher Radikalität dies geschehen wird, ist sicherlich noch nicht abzusehen. Dass sich die reale Welt mit einer virtuelle Realität zu einer, nein, zu vielen neuen Weltanschauungen verbinden werden, ist jetzt schon ausgemacht. In unseren Smartphones werden wir mehr und mehr eine World to go in den Händen halten. Eine andere Realität, eine neue Sicht der Dinge, in der gespielt und eingekauft, informiert und gelernt wird.

In seine linke Handfläche hatte ein iPhone-Nutzer geschrieben: »Wenn Du das lesen kannst, habe ich mein iPhone verloren«. Dieser Scherz wird wohl bald Realität werden.