»Wir vermarkten einen Papierflieger«

Von der Verlags-Website zur Themenplattform – Warum sich die Öffnung für externe Inhalte lohnt

13. Dezember 2017
von Börsenblatt
Um ihren Kunden ein breites Angebot und Verkaufsgiganten die Stirn zu bieten, erweitern zahlreiche Verlage ihre Angebote im eigenen Online-Shop durch Fremdtitel und setzen dabei auf den Cross-Selling-Effekt. Je mehr die Produktpalette die Interessen der Käufer widerspiegelt, desto höher die Umsätze. Gerade Fach- und Nischenverlage können profitieren, wenn sie diesen Gedanken vertiefen und ihre Websites zu Themenplattformen für ihre Kunden machen.

Unter dem Motto »Wir vermarkten einen Papierflieger!« werde ich mit den Teilnehmern der future!publish im Januar darüber diskutieren, wie das Konzept einer Themenplattform helfen kann, eine digitale Content-Strategie für Verlagsprodukte zu entwickeln. Vorab sei hier erläutert, warum die Bereitschaft, externe Inhalte anzubieten, wesentlicher Bestandteil dieser Idee ist und warum gerade kleinere Verlage davon profitieren.

Interessen der Kunden in den Mittelpunkt stellen

Die Grundidee einer Themenplattform ist es, den Kunden nicht nur als Käufer einzelner Bücher zu verstehen, sondern ihn langfristig als Verlag von der eigenen Expertise zu überzeugen. Die Website des Verlags wird Angebotsplattform für Expertenwissen, Inhalte und Austausch.
 
Und damit geht die Ausrichtung der eigenen Website als Themenplattform die gleiche Wette ein, wie die Investition in ein relevantes Content Marketing. Relevante Inhalte - informative, exklusive oder unterhaltsame - sichern das neben der Kaufbereitschaft wichtigste Gut des potenziellen Kunden: Seine Aufmerksamkeit. Fach- und Nischenverlage mit einer spezifischen Zielgruppe können hier besonders punkten. Im Idealfall werden sie zu einer Plattform für ihre Kunden, zu einem Ort des Austauschs, an dem sie exklusive Informationen erhalten.  
 
Die Themen und Interessen der Käufer sind im Vorfeld nicht zwingend deckungsgleich mit den Kerninhalten der Verlage. Kinderbücher werden beispielsweise in den seltensten Fällen von Kindern gekauft. Zielgruppe sind Eltern, Großeltern und Freunde der Eltern, die sich weniger für die Inhalte der Bücher, dafür aber umso mehr für Debatten zur Medienkompetenz von Kindern und Erziehungsfragen interessieren.
 
Eine tiefgreifende Zielgruppen- oder Buyer-Persona-Analyse ist daher die wichtigste Voraussetzung, um zielgerichtet passende Themen zu finden und dabei keine Streuverluste zu erleiden. Je besser ein Verlag die Interessengebiete seiner Käufer versteht, desto eher wird er Inhalte bieten können, die einen positiven Einfluss auf die Kundenbindung haben. Außerdem werden die Angebote durch die Auffindbarkeit in Suchmaschinen und sozialen Medien überhaupt erst sichtbar.

Keine Angst vor der Konkurrenz

Die Bereitstellung der inhaltlichen Ressourcen für die Themenplattformen ist für die wenigsten Verlage aus eigener Kraft machbar. Davon abgesehen, dass es in noch weniger Fällen wirtschaftlich sinnvoll ist. Steht die Entscheidung, wen man mit Themenschwerpunkten ansprechen will, ist der nächste Schritt, externe Kanäle zur Bereitstellung dieser Inhalte zu definieren und zu finden.
 
Die Einbindung von Titeln anderer Verlage zur Bereicherung des eigenen Sortiments ist in vielen Online-Shops bereits gängige Praxis. Die Angst vor den Angeboten der Mitbewerber ist unbegründet, wenn sie das eigene Angebot ergänzen und nicht ersetzen.
 
Die Logik erweiterter Online-Shops und des damit verbundenen Cross-Sellings ist alles andere als neu. Bäcker bieten beispielsweise neben eigenen Produkten auch Softdrinks an. Frei nach dem Motto »Kunden, die ein belegtes Brötchen kauften, kauften auch…« Amazon, der Goliath unter den Online-Händlern, machte schon vor Jahren bis zu 35% seines Umsatzes über diese Form des Cross-Selling.


Kleineren Verlagen fehlt oft schlichtweg eine aussagekräftige Datenmenge, um eine solche Funktion sinnvoll anzubieten. Profitieren können sie hier aber von der thematischen Ausrichtung ihres Online-Angebots. Über ausgewählte und an die Zielgruppe angepasste Themenbereiche lassen sich sinnvolle Empfehlungen ableiten. Stößt der Kunde also zunächst über die Suche nach einem Fremdtitel auf die eigene Website und kauft dann noch ein hauseigenes Produkt, wird der Vorteil ganz konkret.


Up-Selling mit externen Dienstleistungen

Gleiches gilt für die Einbindung externer Anbieter für Webdienstleistungen und digitale Anwendungen. Auch sie können das Themenprofil eines Verlags schärfen. Die Möglichkeiten der Verlagsbranche, Geschichten digital weiterzuerzählen und Fachinformationen zu vertiefen, sind noch lange nicht ausgenutzt. Verlage können im Moment noch von der Tatsache profitieren, dass es noch wenige Standardlösungen für digitale Geschäftsmodelle gibt.
 
Denkbar sind zahlreiche multimediale, sich ergänzende Angebote. Gerade Fachliteratur lässt sich gut mit entsprechender Software verbinden. Über Paketpreise oder Gebühren für Software-as-a-Service-Angebote lassen sich zusätzliche Umsätze für einen Verlag generieren.

Marketing komplementiert die Themenwelt der Kunden

Auf dem weiteren Weg zur Etablierung der eigenen Website als Themenplattform profitiert auch das Verlags- und Autorenmarketing von der Integration user-generierter Inhalte und dem Aufbau einer Community. Schon heute spielen die Blogger-Relations in vielen Verlagen eine große Rolle. Die Relevanz von Blogbeiträgen für die Leserschaft wird vielerorts kaum mehr in Frage gestellt. Und doch zögern viele Häuser bei dem Gedanken, diese Stimmen auf ihre eigene Website - ihre Plattform - zu holen. Sich für die Meinungen und das Fachwissen der Leser zu öffnen, kann zu einem großen Vorteil werden, wenn auch dieser Austausch Bestandteil der Themenplattform ist. Findet der Kunde hier seine Interessen wieder, erhöht es die Bindung an das Verlagsangebot.

Stimmen darüber hinaus weitere Voraussetzungen wie die Benutzerfreundlichkeit des Online-Shops, Zuverlässigkeit bei der Lieferung, ein guter Kundenservice etc. steigert die Ausrichtung als Themenplattform das Engagement der Kunden sowie die Präsenz der Inhalte in sozialen Medien, Foren und Blogs. Diese Aufmerksamkeit ist in einem Online-Umfeld, in dem fast alles immer sofort verfügbar ist, eine sehr harte Währung, auf die man bauen kann - und sollte!

Bastian Rang ist Geschäftsführer der ipunkt Business Solutions. Er berät Verlage bei der Digitalisierung ihrer Angebote und entwickelt digitale Geschäftsmodelle. Auf der future!publish 2018, die am 25./26. Januar in Berlin stattfindet, wird er einen Workshop zum Thema »Wir vermarkten einen Papierflieger! - So profitieren Verlage vom Konzept der Themenplattform« anbieten.