"Mehr Einblick"

22. November 2018
von Börsenblatt
Wer publizistische Inhalte online in klingende Münze verwandeln will, muss das Nutzungsverhalten seiner Kunden genau kennen. Björn Wagner, Sprecher beim MVB Data Summit, über Wege der Datenanalyse. Wagner leitet die Abteilung Audience Development und Datenanalyse bei "Zeit Online".

Welche Daten sind im Hinblick auf eine Vermarktung von Inhalten als Paid Content relevant?
Prinzipiell nutzen wir bei "Zeit Online" nur First-Party-Daten, greifen also auf Informationen zurück, die wir selbst datenschutzkonform erheben können. Es ist uns als Medienmarke sehr wichtig, ein vertrauenswürdiger Anbieter und Partner unserer Nutzer beziehungsweise Kunden zu sein.

Welches Tool nutzen Sie, um das Interesse Ihrer Onlineleser zu messen?
Wir arbeiten seit mehreren Jahren mit der Digital Marketing Suite des Berliner Unternehmens Webtrekk. Für Analysen und Reportings greifen wir auf die Nutzeroberfläche des Anbieters zurück. Für die von uns entwickelten Algorithmen und Score-Berechnungen exportieren wir die Rohdaten auf einen eigenen Server und schaffen damit zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten.

Welche Schlüsse kann man aus dem Kundenfeedback und der gesamten Customer Journey ziehen?
Unsere aktuelle Entwicklung zeigt, dass das Freemium-Modell mit niederschwelligem Einstieg in die bezahlte Kundenbeziehung für "Zeit Online" sehr gut funktioniert. Die Grundversorgung mit Nachrichten ist frei zugänglich, bestimmte Inhalte sind gegen Registrierung per Mailadresse verfügbar, und für das Komplettpaket ist der Abschluss eines Abonnements notwendig. Einerseits schützen wir damit unsere werberelevante Reich­weite und erreichen regelmäßig potenzielle Neukunden, andererseits erhalten wir mehr Einblick in die Nutzungsmuster zur Verkürzung zukünftiger Customer Journeys.
 
Wie wichtig ist die redaktionelle Erfahrung in diesem Zusammenhang?
Das Gespür für Themensetzung und gesellschaftlichen Diskurs liegt zu 100 Prozent in redaktioneller Hand. Wir fahren damit sehr erfolgreich. Entscheidungen, wann und wo ein abopflichtiger Artikel beispielsweise auf der Homepage platziert wird, können durchaus datenbasiert getroffen werden. Das geht Hand in Hand.
 
Muss man ein aus der Analyse abgeleitetes Geschäftsmodell immer wieder nachjustieren?
Das muss jedes Unternehmen für sich und seine Branche selbst beantworten. Auf Basis meiner Erfahrung in der digitalen Medienbranche kann ich das absolut bestätigen, denn das gesamte Marktumfeld ist permanent im Fluss.

Was erwarten Sie vom diesjährigen MVB Data Summit?
Es wird mein erster Data Summit, darum bin ich sehr gespannt, was mich erwartet. Ich freue mich auf interessante Impulse und spannende Kontakte.

Björn Wagner verantwortet seit 2012 den Aufbau der Teams "Growth & Engagement" sowie "Data & Testing" bei "Zeit Online".

MVB Data Summit
Die Jahreskonferenz für Datenmanager findet am 28. November im Frankfurter Haus des Buches statt. Konferenzsprecher sind: Björn M. Wagner ("Zeit Online"), Stefan B. Herbert (IBM), Henning Schönenberger, Benjamin Feuchter (beide Springer Nature), Marion Seelig (Ullstein), Detlef Bauer (Libri), Sandra Schüssel (VLB-TIX), Graham Bell (Editeur), Karin Schmidt-Friderichs (Hermann Schmidt Verlag), Tobias Streitferdt (Holtzbrinck Buchverlage) und Hermann Eckel (Tolino Media).

Glossar

"Freemium": ein Geschäftsmodell, das Basisprodukte kostenlos anbietet, für das Vollprodukt jedoch Geld verlangt.

"Customer Journey": der Zyklus, den ein Käufer durchläuft, bevor er eine Kaufentscheidung trifft.