Künstliche Intelligenz in Verlagen und Medienhäusern

Nützliche Fachidioten

28. März 2019
von Börsenblatt

Wie KI-Anwendungen Prozesse in Medienhäusern optimieren können, zeigten Alexander Woge und Sebastian Mayeres von knk bei einem Vortrag auf der Leipziger Buchmesse. Dabei stellten sie klar: Algorithmen sind Fachidioten und können nicht alles, schon gar nicht einen Verlag ersetzen.      

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein großes Thema, zunehmend auch in der Buch- und Medienbranche. Soeben wurden drei KI-Forscher, die auf dem Gebiet des Deep Machine Learning Pionierarbeit geleistet haben (und für Alphabet, Facebook und Microsoft arbeiten), mit den renommierten Turing-Awards ausgezeichnet. Alan Turing gilt als Begründer der KI-Forschung. Was Künstliche Intelligenz genau ist, lässt sich kaum beantworten, weil schon der Begriff der Intelligenz uneindeutig ist. Um sich nicht in Definitionsfragen zu verheddern, ist es daher besser, KI als Forschungsgebiet der Informatik zu bezeichnen, das selbstlernende Anwendungen entwickelt. Begriffe wie Machine Learning und neuronale Netze sind in diesem Zusammenhang gebräuchlich.

Auf der Leipziger Buchmesse gab es einige Veranstaltungen zum Thema, die meist nur mit dem Begriff KI spielten oder über ihn mit einer gewissen Larmoyanz diskutierten, - aber es gab mindestens eine Veranstaltung, die einen guten Überblick darüber gab, wie bereits heute KI-Anwendungen in Verlagen und Medienhäusern zum Einsatz kommen können. Dabei sollte man sich von vornherein darüber im Klaren sein, was diese Anwendungen bedeuten und was sie tatsächlich können. Es geht nicht darum, menschliche Intelligenz zu substituieren oder überflüssig zu machen, sondern kognitive und intelligente Prozesse menschlicher Akteure zu entlasten und zu unterstützen. KI-Agenten sind Fachidioten, die auf eine bestimmte Aktivität abgerichtet sind, und nicht Roboter, die alles können.

Alexander Woge, Head of CRM Solutions bei knk und sein Kollege Sebastian Mayeres, Vertriebsleiter bei knk, zeigten, an welchen KI-Anwendungen man beim Kieler Verlagssoftware-Anbieter derzeit arbeitet. Partner ist der Microsoft-Konzern, der auch die technologische Basis für die Software knk Business liefert. Eine inzwischen häufig genutzte KI-Anwendung ist das neuronale Netz, das Millionen von Beobachtungsdaten klassifiziert und dann bestimmten Mustern zuordnet. Durch ständiges Training erkennt der Algorithmus immer genauer, ob es sich beispielsweise bei einem Tier um eine Katze oder einen Hund handelt.

Beim Machine Learning unterscheidet man zwischen drei Formen, so Alexander Woge: dem Supervised Learning, das zum Beispiel eine Menge bekannter Objekte kategorisiert; dem Unsupervised Learning, in dem ein System selbsttätig in einer Gruppe von Objekten zwei Kategorien entdeckt (zum Beispiel das Clustern von Netflix-Filmen nach Demografie und Alter). Und dem Reinforcement Learning (bestärkendes Lernen), einer komplexeren Form des maschinellen Lernens. In diesem Fall lernt das System, wenn es für richtige Ergebnisse belohnt wird. Ein Beispiel: Wenn ein Netflix-User innerhalb von 30 Sekunden auf einen Film der Kategorie "Unsere Empfehlungen" klickt, wird der Agent belohnt.

KI-Anwendungsbeispiele für Medienhäuser

Sebastian Mayeres zeigte im Anschluss, für welche Prozesse in der Medienbranche KI-Anwendungen relevant sein können.

  • Beispiel Bilderkennung: Hier können zum Beispiel Bild- und Videoarchive automatisiert verschlagwortet werden.
  • Beispiel Sprach- und Texterkennung: Hier können automatisch Meldungen geschrieben werden (etwa ein Spielbericht vom Fußball) oder Artikel zusammengefasst werden. Bei der „Washington Post“ werden so bereits Vorspanne generiert.
  • Beispiel Wissensvermittlung: Hier können Inhalte personalisiert zugeschnitten werden oder etwa Fake News entlarvt werden.

Mit Hilfe einzelner KI-Bausteine kann die Prozesskette in einem Medienhaus optimiert werden – von der Planung über die Recherche und "Creation" (also die Medienproduktion) bis zur Monetarisierung.

  • Bei der Planung können KI-Tools etwa eine Trendanalyse oder auch die automatische Übersetzung fremdsprachiger Quellen beisteuern.
  • In der Recherche kann die Inhaltssuche mit automatisierten Metadaten unterstützt werden.
  • In der „Creation“-Phase können Roboter-Tools Texte erstellen.
  • Bei der Monetarisierung kann das Kundenverhalten analysiert werden.

Alexander Woge stellte im letzten Teil der Präsentation ein KI-Tool vor, das gerade in Zusammenarbeit mit einer großen Verlagsgruppe entwickelt wird, die auf ihrer Website einen hohen Traffic hat: knk Audience Building.
In einer Beispiel-Anwendung von knk wird auf der Seite des fiktiven "Libellen Verlags" (nicht zu verwechseln mit dem echten Libelle Verlag) eine Auswahl an Covern gezeigt. Wird eines aufgerufen, durchsucht ein Algorithmus die Metadaten und spielt neue, personalisierte Empfehlungen aus. Die Liste der angezeigten Titel wird neu sortiert und passt sich dem Kundeninteresse an.

Woge und Mayeres zeigten noch weitere Anwendungsfälle, die eines klar machen: Deep Machine Learning ist weiter auf dem Vormarsch und wird die Prozesse in der Industrie, aber auch in der Verlagsbranche in wenigen Jahren deutlich beschleunigen und verbessern.