Ein Facebook-Feuilleton

Hier bin ich Cover, hier darf ich sein!

3. April 2015
von Börsenblatt
Die mit über 1.400 Mitgliedern wohl größte, bekannteste und aktivste Facebook Gruppe unserer Branche ist  »Buchhandelstreff«. Thematisch spezialisierte Gruppen ermöglichen ihren Mitgliedern eine schnelle und informelle Kommunikation und Vernetzung zu jedem erdenkbaren Inhalt, beispielsweise dem Thema »Buchcover«.

Ein Cover ist das Gesicht eines jeden Buches. Es dient der Abgrenzung zu anderen Büchern und zugleich signalisiert es Verwandtschaften. Im Netz findet man viele gute Seiten, Blogs wie thebookdesignblog oder bookcoverarchive, um sich Anregungen und einen Überblick über aktuelle Trends im Grafik Design zu verschaffen. Als ich vor zwei Jahren die öffentliche Facebook Gruppe »You Should Always Judge A Book By Its Cover« gründete, war die Idee dahinter, eine Plattform für Diskussionen und Austausch rund um die Gestaltung von Buchcovern zu schaffen. Das klare Motto der Gruppe: Best Book Cover Art Design. Meiner Einladung folgten viele Grafiker, Gestalter, Journalisten, Buchhändler, Autoren und Verlagskollegen. Jeder postete gleich seine Lieblingscover oder Cover, die er für herausragend in der Gestaltung hält. Eigenwerbung bleibt meistens aus, ist aber prinzipiell gestattet.

Heute hat die Gruppe über 350 Mitglieder und erfreut sich großer Lebendigkeit. Täglich wird gepostet, geteilt, kommentiert und geliked – und hinter den Kulissen werden Kontakte vermittelt und Informationen getauscht. Mal bezieht man sich aufeinander, mal stellt jemand eine Frage, »Ist das Cover gut, passt es zum Inhalt?« oder ähnliches. Meistens postet oder teilt man jedoch ausgepackte Bücherkisten, stellt Trouvailles aus dem Netz ein oder Fotos von druckfrischen Büchern und lässt die anderen teilhaben an der Freude über gelungene Gestaltung. Die Chronik spiegelt inzwischen eine bunte Palette von alten und neuen Covern aus vielen Sprachräumen wieder, ein reicher Fundus an kreativen Lösungen dieses so heiß diskutierten Themas: das Cover!

In unserer kleinen Bücherwelt ist das Cover Heilige Kuh und Sündenbock zugleich, Streit- und Lustobjekt in einem. Ein Fetisch an dem gleich einem Horoskop das Schicksal eines Buches zu hängen scheint. Und die Coverrunden in den Verlagen sind so etwas wie die »Mutter aller Diskussionen«. Hier scheiden sich die Geister, hier engagiert man sich, hier redet jeder mit. Was man in der Programmrunde verschlafen hat, holt man doppelt in der Coverrunde nach: »Das Cover geht so gar nicht!«, »Ich weiß nicht, was das Cover mit dem Buch zu tun hat!«, »Wer soll das bitte kaufen?«, und so weiter und so weiter … Und dabei können schon mal Türen knallen oder müssen Marketingleute ihren Hut nehmen. Sprich, es geht um alles! Solche oft hitzigen und langwierigen Diskussionen bleiben in der Facebook Gruppe naturgemäß aus. Hier zählt in erster Linie der Austausch ohne Firmeninteressen, die Neuigkeit, die Neugier, die Anregung, der geteilte Augenblick. Und hier regiert auch kein vehementer Ehrgeiz, höchstens sympathische Selbstdarstellung. Und es steht ja auch erst mal nichts auf dem Spiel – vor allem nicht der kommerzielle Erfolg eines Titels.

Facebook ist ein affirmatives Medium. Die Kommunikation und Interaktion läuft über Zuspruch. Das ist das Erfolgsgeheimnis von Facebook. Gleichgesinnte gesellen sich zusammen, verbinden und verbünden sich. Und im Falle unserer kleinen Cover-Gemeinde ist das ein großes Glück. Denn hier dominiert die Lust an der Sache. Und hier kann man sich für die nächste Coverrunde im Verlag nicht nur mit Anregungen und Ideen wappnen. Sondern auch gleichsam seine gestalterische Seele auftanken mit dem wohligen Gefühl im Rücken: Hier bin ich Cover, hier darf ich sein! Und die nächste Coverrunde kommt bestimmt … Denn: Neue Cover braucht das Land!