VLB-TIX im Vertretergespräch

Vom Vorschauen wälzen und Prozesse umwälzen

3. Juli 2017
von Börsenblatt
Unter dem Motto »Wie tixt der Vertreter mit dem Buchhändler?« berichteten Ute Koenig, Vertreterin für die Bonnier-Verlage Ullstein und Piper und Christiane Schulz-Rother, Inhaberin der Tegeler Bücherstube und drei weiterer Buchhandlungen auf einer Veranstaltung in Berlin davon, wie sie mit VLB-TIX (zusammen) arbeiten.

Im Herbst 2015 wurde VLB-TIX auf der Frankfurter Buchmesse gelauncht, seit bereits vier Programmen steht die Datenbank also für alle Verlage und Buchhandlungen zur Verfügung. Wie unterschiedlich der Wissensstand ist, wurde bei einer Veranstaltung des LV Berlin-Brandenburg im Literaturhaus Berlin deutlich. Die großen Player auf beiden Seiten sind dabei, viele kleinere Verlage und vor allem Buchhandlungen müssen noch überzeugt werden.

Deutlich wurde im Gespräch zwischen Ute König und Christiane Schulz-Rother, wie sich Vorbereitungen für den Vertreterbesuch oder das auf der Börse stattfindende Gespräch zeitlich nach vorn verlagern. Das Sortiment kann in VLB-TIX die benötigten Titel sichten, seine Bestellwünsche eintragen und diese Daten an die Vertreter übermitteln. Wo Einigkeit über die Bestellmengen herrscht, ist damit alles schon geklärt. Beim Besuch in der Buchhandlung könnte mehr Zeit und Muße bleiben, um intensiver über jene Titel sprechen, bei denen die Meinung zu den Bestellmengen auseinander geht.

Vertreter können aber auch für Buchhandlungen individualisierte Vorschauen erstellen mit Hinweisen zu Verkaufszahlen der Vorgängertitel und Vorschlägen zu Bestellmengen. BuchhändlerInnen können diese übernehmen oder modifizieren und dann ihre Bestellungen aus VLB-TIX heraus zurück an die Vertreter oder direkt an ihr Warenwirtschaftssystem übergeben. Das dabei Abweichungen von den üblichen Verlagskonditionen wie erweiterte Zahlungsziele noch nicht direkt abgebildet werden können, wurde als ein Manko des Systems angesehen.

Technische Innovation will geübt sein

Welcher dieser beiden Wege letztendlich gegangen wird, wird noch sehr oft erprobt werden müssen. Überhaupt waren sich die beiden Vortragenden einig, dass die Arbeit mit VLB-TIX im Moment noch relativ zeitaufwändig ist. Zur notwendigen Vorbereitung im Vorfeld kommt die noch einzuübende Gewöhnung an die unterschiedlichen Darstellungsweisen der Titel in Listenform oder auf einer im System gestalteten Bühne. Die Navigation durch die Darstellung und die Abläufe des Bestellprozesses müssen noch erlernt, Routinen entwickelt werden. Auch Zeitverzögerungen beim Laden der Seiten wurden erwähnt. Diese haben aber meiner Vermutung nach mindestens ebenso viel mit Bandbreitenabdeckung und Internetgeschwindigkeiten zu tun, als mit der Performance der VLB-TIX-Datenbank. Ein Hinweis mehr darauf, dass bei technischen Innovationen auch die Politik gefragt ist. Man stelle sich strukturschwache Regionen Deutschlands vor, wo die Buchhandlung vor Ort als letztes gallisches Dorf der Kultur VLB-TIX nicht zu ihrer Befriedigung nutzen kann, weil die Bundesregierung sich beim Thema Breitbandausbau nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Zurück zum »tixen«. Wegen der ungewohnten technischen Abläufe und der noch nicht routinierten Arbeitsstrukturen wird der Vertreterbesuch in Zukunft zum Testgebiet der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen Sortiment und Verlagsvertreter/Verlag, also nicht weniger wichtig, sondern eher noch wichtiger für alle Beteiligten.

Datenpflege: Mehr Daten ist Silber, sorgfältig ausgewählte Daten sind Gold

Um Ihre Vertreter dabei zu unterstützen, wird es auf dem Feld der Datenpflege umso notwendiger für die Verlage, Ihre Titel mit sauberen und relevanten Daten anzureichern. Die Vorteile der THEMA-Klassifikation für die Einkäufer in den Sortimenten wurde hier hervorgehoben. Hervorragend klassifizierte Titel werden über die VLB-TIX-Suche gefunden, dies ist im besonderen Arbeitserleichterung für die verlagsübergreifende Recherche, etwa für die Bestückung von Thementischen. Ebenfalls für nötig befunden wurde in der Diskussion mit dem Publikum die schnell und leicht zu erfassende Darstellung der Marketingmaßnahmen bereits im obersten Teil der Titeldetailansicht. Bei laufendem Betrieb im Laden haben die Buchhändler wenig Zeit, lange zu scrollen und Texte zu lesen. Eine Mahnung an alle Verlagskollegen, die am Schreibtisch in Ruhe Vorschautexte schreiben und Vorschauseiten gestalten: Der Buchhändler verarbeitet diese Informationen in einer völlig anderen Arbeitsumgebung. Es scheint sich heraus zu kristallisieren, dass die Zusatzinformationen anders präsentiert und aufbereitet werden müssen, als das bei der gedruckten Vorschau bisher der Fall war.

Christiane Schulz-Rothers Fazit lautete: »Bei den zehn ausgewählten Vertretern, mit denen ich (bisher) mit VLB-TIX arbeite, kann ich die gedruckten Vorschauen eigentlich gleich wegpacken, die nutze ich nicht mehr.« Ihr Ziel sei klar: In drei Jahren will sie keine gedruckten Vorschauen mehr wälzen müssen. Die Diskussion hat gezeigt: ob sie dieses Ziel erreichen kann, hängt von allen Beteiligten in der Branche ab.