Consumer Electronics Show

Manch Neues unter der Sonne, aber wenig Überraschungen

23. July 2015
von Börsenblatt
Die Consumer Electronics Show in Las Vegas (10.–13. Januar) setzt alljährlich wichtige Trends für Unterhaltungselektronik. Thomas Minkus, der für die Frankfurter Buchmesse in New York die neuen elektronischen Märkte und die englischsprachigen Märkte betreut, hat die Messe in der Wüstenstadt für boersenblatt.net besucht. Sein Fazit: Die wichtigsten Neuentwicklungen werden nicht präsentiert.

An Las Vegas scheiden sich häufig die Geister. Die Wüstenstadt wird entweder geliebt oder gehasst, aber sie ist der perfekte Ort für die 2012 International C.E.S. (Consumer Electronics Show), das jährliche Treffen der internationalen Unterhaltungselektronikbranche. Reichlich Sonne und angenehme Temperaturen selbst im Januar sorgen für beste Stimmung. Ein Überangebot von Luxushotels, Casinos, Clubs, Shows und Restaurants bieten das ideale Ambiente für eine Wachstumsbranche, die sich gerne selbst feiert.

Was sieht man auf der C.E.S.?

Die C.E.S. wirkt wie eine Mischung aus CeBIT, Photokina und IFA zu besten Zeiten und richtet sich als klassische Ordermesse ausschließlich an Fachbesucher und Journalisten. Zu sehen sind rund 20.000 Produkte von 3000 Ausstellern. Die Ausstellungsfläche entspricht mit knapp 180.000 Quadratmetern in etwa der Größe der Frankfurter Buchmesse.

Platzhirsche sind die großen Elektronik-Anbieter wie Sony, Samsung, Panasonic oder LG, die auf riesigen Messeständen Hunderte von Produkten präsentieren. Ebenso vertreten sind Chip-Hersteller wie Intel, Marvell oder Qualcomm, Mobiltelefon-Unternehmen wie Nokia oder Blackberry, aber auch Kameraproduzenten wie Nikon, Canon oder Fuiji. Überraschend ist die im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegene Präsenz von Automobilkonzernen wie Ford, Mercedes, Audi oder Kia, die in Las Vegas neben neuen Fahrzeugmodellen insbesondere Telematik- und Infotainment-Systeme vorstellen.

Abwesend aber allgegenwärtig: Apple und Google

Auch ohne Messestände dominieren die beiden Technologieriesen Apple und Google diese C.E.S. Mit Einführung der beiden mobilen Betriebssysteme iOS und Android haben Apple und Google in den vergangenen Jahren Plattformen geschaffen, die heute von vielen tausend Unternehmen weltweit genutzt werden, um neue Produkte, Dienstleistungen und technologische Innovationen schnell und kostengünstig zu realisieren und weltweit zu vertreiben. Android dient heute nicht nur Handys und Tablet-Computern, sondern beispielsweise auch Fernsehern und Kameras als Betriebssystem. Das von Steve Jobs vor zwei Jahren proklamierte Post-PC-Zeitalter nimmt langsam Gestalt an, und in Las Vegas gab es dazu viel zu sehen.

Die großen Messetrends 2012

Fernseher

Fernseher waren das große Thema dieser Messe. Die neuen Geräte werden noch größer – 84 Zoll –  noch flacher – 4 Millimeter –  und verfügen über höhere Auflösung und bessere Bildqualität. Die neuen Smart TVs sind mit dem Internet vernetzt und verfügen über integrierte Apps wie Facebook, Twitter, Yahoo oder Netflix.

Verunsichert wird die TV-Branche allerdings durch anhaltende Gerüchte, dass Apple mit einem eigenen Fernsehgerät auf den Markt kommt und damit nach der Mobiltelefonie eine weitere Branche komplett durcheinander wirbeln könnte.

Smartphones
Googles mobiles Betriebssystem Android hat gegenwärtig einen Marktanteil von 47 Prozent, gefolgt von Apples iOS (29 Prozent), BlackBerry (17 Prozent) und Windows Phone (5 Prozent). Daher überrascht es auch nicht, dass fast alle auf der C.E.S. neu vorgestellten Handys mit Android arbeiten. Das meist beworbene Produkt dieser Messe, das Samsung Galaxy Note, greift ebenfalls auf Android zurück und wird mit einem integrierten elektronischen Stift ausgeliefert, der handschriftliche Notizen erlaubt. Das mit einem 5,3 Zoll ausgestattetem Bildschirm auffallend große Telefon liegt erstaunlich gefällig in der Hand. Gewöhnungsbedürftig bleibt es gleichwohl, mit dem Riesenhandy zu telefonieren.

Einen der ganz großen Erfolge dieser Messe konnten Nokia und Microsoft mit der Vorstellung des Smartphone Nokia Lumia 900 feiern. Nokia verwendet das neue Windows Phone 7-Betriebssystem von Microsoft. Das neue Telefon wurde noch während der Messe mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet und von Fachjournalisten hervorragend bewertet. Ein Nachteil ist, dass bislang nur sehr wenige Apps für Windows Phone 7 existieren. Das neue Gerät soll in den Vereinigten Staaten im März auf den Markt kommen.

Branchenriese Microsoft verabschiedete sich mit dieser Messe als Aussteller von der C.E.S., da der frühe Messetermin im Januar sich angeblich nicht mit den Produktentwicklungszyklen von Microsoft vertrage. Für diese Entscheidung mag aber auch der Wunsch von Messechef Gary Shapiro nach einem anderen Eröffnungsredner eine Rolle gespielt haben. In den letzten Jahren hatte stets ein Vertreter von Microsoft die Eröffnungs-Keynote gehalten. Gerüchten zufolge ist die traditionelle Microsoft-Ausstellungsfläche noch während der Messe komplett an andere Aussteller verkauft worden.

Tablet-Computer
Voll im Trend bleiben Tablet-Computer. Dies gilt für private Nutzung ebenso wie für Anwendungen in Schule, Studium und Beruf. Für 2012 werden weltweit mit 100 Millionen verkauften Tablets gerechnet. Apple liefert gegenwärtig über 60 Prozent aller neuen Tablets aus und bleibt damit Marktführer. Alle großen Anbieter nutzten die C.E.S., um neue, vornehmlich auf dem Betriebssystem Android basierte Tablets vorzustellen. Die beim iPad von Apple oft sehnlich vermissten Schnittstellen sind bei den Android-Tablets der neuen Generation oft Standard. Der Einstiegspreis für Tablet-Computer liegt heute bei rund 250 Dollar. Brancheninsider vermuten, dass auch Google noch in diesem Jahr mit einem eigenen Tablet auf den Markt kommen könnte. In Las Vegas war davon jedoch nichts zu sehen.

Ultrabooks
Bei den sogenannten Ultrabooks handelt es sich sich um sehr dünne und leichte Laptops. Dieses neue Marktsegment versucht dem populären Apple MacBook Air Marktanteile abzunehmen. Einstiegspreise der Apple-Konkurrenz liegen bei rund 800 Dollar. Zu den Anbietern gehören Lenovo, Dell, Samsung oder HP.

Gefühlter C.E.S. Megatrend
Auffallend stark vertreten waren Anbieter von iPhone- und iPad-Accessoires – auch "electronics fashion" genannt. Das hart umkämpfte Marktsegment bietet Etuis, Taschen, Skins und Schutzfolien, die insbesondere Apples iPhones und iPads, aber auch Smartphones und Tablets anderer Anbieter verschönern und schützen.

Fazit

Tablet-Computer konnten sich innerhalb von weniger als zwei Jahren als Massenprodukt im Markt durchsetzen; für die nächsten Jahre ist mit deutlichem Wachstum zu rechnen. Stark gesunkene Preise sowie vielfältige Einsatzmöglichkeiten tragen dazu bei, dass Tablets den E-Ink-Readern, die in Las Vegas nur wenig Beachtung fanden, langsam aber stetig den Rang ablaufen.

Seit sie "smart" geworden sind und nicht nur klassische Fernsehsignale wiedergeben, wandern Fernseher wieder stärker ins Blickfeld. Die neuen Geräte können es qualitativ leicht mit Computerbildschirmen aufnehmen. Mit dem Internet verbunden, dienen sie auch als großformatige Plattform für Apps, Spiele und Telekommunikationsdienste wie Skype.

Auch jenseits der Unterhaltungselektronik findet die C.E.S viel Beachtung. Nicht nur die Autobranche fühlt sich von der C.E.S. geradezu magisch angezogen, auch die Werbebranche und insbesondere die aus dem nur 400 Kilometer entfernten Hollywood angereisten Film- und Fernsehmanager nutzten die Gelegenheit zum Gedankenaustausch mit Hardware- und Softwareanbietern. Viel diskutiert wurde dabei über neue Interaktionsformen der im Wohnzimmer vorhandenen zwei oder drei Bildschirme: Fernseher, Smartphone und Tablet. Fernsehsendungen werden in Zukunft über entsprechende Apps den Zuschauer die Möglichkeit geben, am Tablet oder Smartphone in Echtzeit zu interagieren.

Die ganz großen Neuerungen werden nicht mehr in Las Vegas vorgestellt. Apple, Google, Amazon und nun wahrscheinlich auch Microsoft ziehen es vor, eigene Events zu inszenieren, und die wichtigen Neuheiten aus Japan werden zunächst in Tokio präsentiert. Dennoch kann sich die C.E.S als Trendbarometer und Geschäftsmesse für den amerikanischen Markt weiterhin behaupten.

Die bereits am Freitag zu Ende gegangene Messe verzeichnete mit über 150.000 Teilnehmern einen neuen Besucherrekord.

Thomas Minkus ist Vice President Emerging Media & English Language Markets bei der Frankfurter Buchmesse / German Book Office